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Aktuell Albaufstieg

Ziel bleibt: Transparenz schaffen

LICHTENSTEIN. Ungeheuerliches geschah vor genau einem Jahr im sonst so friedlichen Lichtenstein: Rund 350 Bewohner des vom Straßenverkehr so geplagten Ortes griffen zu Plakat und Flugblatt und zogen im Feierabendverkehr auf die Straße, um ihrem Unmut über die Lage Ausdruck zu geben. »Weg mit dem Planungsverbot für den Albaufstieg« hieß die Parole und die Politiker - von Lichtenstein bis nach Berlin - wurden zum Handeln aufgefordert.

Lichtenstein vor einem Jahr: Rund 350 Bürger wollen, dass sich endlich was tut in Sachen Albaufstieg.  ARCHIVFOTO: TRINKHAUS
Lichtenstein vor einem Jahr: Rund 350 Bürger wollen, dass sich endlich was tut in Sachen Albaufstieg. ARCHIVFOTO: TRINKHAUS
Lichtenstein vor einem Jahr: Rund 350 Bürger wollen, dass sich endlich was tut in Sachen Albaufstieg. ARCHIVFOTO: TRINKHAUS
Nun, ein Jahr danach, sehen die Organisatoren dieses Protests - Gerd Recht und Hans Gerstenmaier - die Notwendigkeit, noch einmal Stellung zu nehmen und vor allem auch einen Blick in die Zukunft zu werfen. Denn sie sind inzwischen oft gefragt worden, was alles gebracht habe und was sich nun weiter tue.

Beide gehören zwar der sogenannten Achtundsechziger-Generation. Das Protestieren aber - vor allem das Organisieren einer Demonstration - haben sie jetzt zum ersten Mal angepackt.

Mit allen zusammenarbeiten

Grund für die Aktion vor einem Jahr war für Gerstenmaier, dass er den Eindruck hatte - es tut sich nichts. Schon eine Zeit lang hatte er sich da selbst informiert und war bei Behörden vorstellig geworden, fand auch heraus, dass die Bürger in Lichtenstein nicht mehr informiert waren, was überhaupt Stand der Sache ist.

Ein weiterer Anstoß war dann auch der Spatenstich für den Achalmtunnel gewesen und die Befürchtungen, was da eines Tages auf den Ort zukommen werde. Der gebürtige Honauer, der die Veränderung der Verkehrsbelastung der Steige als Anwohner selbst miterlebt - vom Pferdefuhrwerk einst zur Lkw-Schlange heute - wollte damit vor allem informieren und den Lichtensteinern »mehr Transparenz über die Entscheidungsvorgänge verschaffen«.

Sein Mitstreiter Gerd Recht - man habe sich gefunden und ergänze sich wunderbar, sagen die beiden - gab dann den Anstoß für die Demonstration selbst: Der gebürtige Hamburger lebt seit 2007 im Ort und fand »nach Gesprächen beim Einkauf in der örtlichen Metzgerei« die Zeit für gekommen, mal zu versuchen, ob auf diese Weise nicht etwas Bewegung in die Sache zu bringen ist.

Beide betonen, dass sie »nicht für irgendwelche Varianten« stehen. Ihr Ziel ist und bleibt, »möglichst mit allen Beteiligten«, also Bürger und Bürgermeister, Gemeinderat, Regierungspräsidium (RP) sowie den Landes- und Bundespolitikern, »gut und konstruktiv zusammenzuarbeiten« und Licht ins so dunkle Feld der Entscheidungsfindung für einen Albaufstieg zu bringen. »Zunächst einmal war es uns da gelungen, die Bürger wieder für den Albaufstieg zu interessieren und zu mobilisieren. Der Albaufstieg war ja über Jahre kein Thema mehr in der Gemeinde.«

»Des Weiteren haben unsere Unterschriftenaktion und die Demonstration sicherlich auch dazu beigetragen, dass auf einem Treffen mit der damaligen Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) beschlossen wurde, dass das Regierungspräsidium mit der Neubewertung der verschiedenen Trassen eines Albaufstiegs wieder beauftragt wurde. Die Ministerin hat uns in einem Brief dann auch bestätigt, dass sich das Land für eine Aufnahme in den vordringlichen Bedarf des nächsten Bundesverkehrswegeplans einsetzen wird«, so Recht.

BI unterstützt den Bürgermeister

Bürgermeister Peter Nußbaum habe angekündigt, dass in einem Informations-Abend die Lichtensteiner über die Kriterien, die einer Neubewertung des Aufstiegs zugrunde liegen, informiert werden, und, so Gerstenmaier, »die Bürgerinitiative (BI) hat den Vorschlag des Bürgermeisters voll unterstützt.«

Allerdings sehe es so aus, als ob das Regierungspräsidium jetzt terminliche Schwierigkeiten habe. »Wir bedauern das sehr. Alternativ ist jetzt eine Veröffentlichung der Kriterien und Erläuterungen dazu in einer der nächsten Gesamtausgaben des Gemeindeblatts vorgesehen, auf jeden Fall aber vor der Präsentation der aktualisierten Trassenbewertungen durchs RP, die nach den Sommerferien stattfinden soll.« Der neue Stuttgarter Verkehrsminister Winfried Hermann habe in einem Interview mit dem Reutlinger General-Anzeiger gesagt, der Albaufstieg sei noch nicht einmal »im weiteren Bedarf des Bundesverkehrswegeplans« aufgeführt: »Diese Behauptung ist schlichtweg falsch«, so Gerd Recht.

»Projekt hochstufen«

»Unter der laufenden Nummer 268 B 312 Verlegung bei Lichtenstein (Albaufstieg) BVWP Nr. BW 6236 ist der Albaufstieg im weiteren Bedarf im jetzt gültigen Bundesverkehrswegeplan ausgewiesen«. Allerdings sei es nun nötig, dass dieses Projekt im nächsten Plan in den vordringlichen Bedarf hochgestuft werde.

Wenige Tage nach der Wahl habe Hermann bei einem Besuch in Lichtenstein den Bundesverkehrswegeplan mit einem »Märchenbuch« verglichen, in dem zu viele Projekte aufgeführt seien: »Das mag sein«, meint Gerstenmaier, »allerdings halten wir den Albaufstieg für ein äußerst dringendes Projekt« - nicht nur wegen der immer weiter zunehmenden Lärmbelästigung für die Anlieger, sondern auch überregional.

»Die B 312 ist im Landesentwicklungsplan als Hauptverkehrsachse zwischen der Region Stuttgart und dem Bodensee ausgewiesen. Der Schwerlastverkehr, der bis zum Jahr 2025 sowieso um über 50 Prozent zunehmen wird, belastet den Ort nach Fertigstellung des Achalmtunnels besonders: Lichtenstein wird der Flaschenhals dieses Verkehrsstroms sein, Staus werden damit immer länger und unerträglicher.« Und Recht findet: »Wenn der Minister mit seiner Bemerkung 'Märchenbuch' dem Bundesverkehrswegeplan die notwendige Wichtigkeit abschreibt, könnte es ihm ja nicht schwerfallen, uns bei den Bemühungen, den Albaufstieg im nächsten Plan in den vordringlichen Bedarf hochzustufen, zu unterstützen. Denn im Moment ist das die Grundvoraussetzung dafür, dass der Albaufstieg überhaupt eine Chance hat, gebaut zu werden.«

Der Minister habe ja bei seinem Besuch hier die Anregung gegeben, Blumenkübel auf die Bundesstraße zu stellen, damit der Verkehr sich andere Wege sucht: »Ich bin sicher«, meint Gerstenmaier, »die Bürger, die uns bei unseren Aktionen so großartig unterstützt haben, werden sich noch andere Möglichkeiten ausdenken.« Insgesamt halten aber beide BI-Initiatoren das nicht für eine sinnvolle Lösung: »So wird das Problem nur verlagert und andere leiden darunter.«

Sehr genau gelesen hat Gerstenmaier auch den Koalitionsvertrag der neuen Stuttgarter Regierung. Die dort zu findende Formulierung für Straßenbauprojekte, »Straßenneubauten nur noch in begründeten Einzelfällen zu realisieren«, sieht er letztlich positiv für die Lichtensteiner: »Wenn unsere Gründe nicht gelten, welche dann?«

Wichtig ist den beiden auch: »Wir werden weiter für diese Sache kämpfen und uns auch nicht von schlechten Nachrichten entmutigen lassen«. Und natürlich hoffen sie ebenso, dass die Lichtensteiner ihre Aktionen weiter unterstützen und sich damit für ihre eigenen Interessen einsetzen. (GEA)