PFULLINGEN. Der große Andrang blieb aus. Rund 50 Bürger, darunter auch einige aus Reutlingen und Gomaringen, nutzten die Chance mehr zu erfahren über das Windkraftprojekt am Käpfle, das besonders in Bronnweiler Wellen schlägt. Insgesamt fünf Windkraftanlagen will dort die Schöller SI aufstellen, die von den beteiligten Kommunen als Projektierer ausgewählt worden war. Zwei davon sollen sich hinter dem Komposthof nördlich der Gönninger Straße auf Pfullinger Gemarkung drehen. Weit weg also von der Wohnbebauung. Wahrscheinlich ein Grund dafür, dass die Stuhlreihen in den Pfullinger Hallen eher dünn besetzt waren.
Gar nicht dünn besetzt waren dagegen die Reihen der Kommunen und des Projektierers. Neben Pfullingens Bürgermeister Stefan Wörner und seinem Gomaringer Kollegen Steffen Heß begrüßte auch Reutlingens Baubürgermeisterin Angela Weiskopf die Bürger beim Infoabend. Vorneweg ging Dr. Peter Seiffert vom Regionalverband Neckar-Alb ausführlich auf die Suche und Ausweisung der Windkraftvorangsflächen ein. Rund 274 Hektar groß ist die Fläche, die der Regionalverband am Käpfle ausgemacht hat. Rund 120 Hektar davon liegen auf Reutlinger, 92 auf Gomaringer und 62 Hektar auf Pfullinger Gemarkung. Falk Schünemann von der Beratungsfirma endura kommunal, sie begleitet Kommunen und Stadtwerke bei nachhaltigen Energie- und Mobilitätsprojekten, erläuterte wie und warum sich die drei Kommunen auf die Schöller SI Erneuerbare Energie als Projektierer für die Windkraftanlagen geeinigt haben. Ein wesentlicher Grund dafür war, so Schünemann, dass das Reutlinger Unternehmen die Belange der Bürger am besten im Blick gehabt habe.
Strom für 35.000 Menschen
Geschäftsführer Willi Schöller ging dann auch ausführlich auf die Firmenphilosophie ein. »Wir glauben an das, was wir tun«, betonte er. Deshalb sei das Unternehmen auch über die ganze Laufzeit an seinen Vorhaben beteiligt: »Glaubwürdigkeit ist uns wichtig.« Fünf Anlagen plant die Schöller SI am Käpfle. Gebaut werden diese von einem deutschen Unternehmen (Enercon), das schon seit vierzig Jahren am Markt ist, erklärte Mirjam Schöller. Die Anlagen haben eine Leistung von sieben Megawatt bei einer Nabenhöhe von 174,5 Metern. Mit Rotor ist die Anlage 262 Meter hoch. Das Fundament hat einen Durchmesser von 28,5 Metern. Die fünf Windräder sollen Strom für 35.000 Menschen erzeugen. Ihre geschätzte Lebensdauer liegt zwischen 25 und 30 Jahren.
Mirjam Schöller versuchte gleich in ihrem Vortag mögliche Einwände auszuräumen. Sie erklärte, dass schon bei der Planung des Vorhabens die Schonung des Waldes berücksichtigt werde, in dem die bestehende Infrastruktur genutzt werde. Jede Anlage benötige für den Aufbau rund 1,5 Hektar Fläche. Davon werde ein Hektar, sobald das Windrad stehe, wieder rekultiviert. Die geltenden Schallgrenzen würden eingehalten. Bei einer Überschreitung die Anlage stillgelegt. Ausgerüstet seien diese mit einem System zur Vogelerkennung. Fliegt der Milan an, würden die Windräder abgeschaltet. Und auch an den Rückbau sei gedacht. Dieser sei gesichert, versicherte die Geschäftsführerin. Ebenso die Gewerbesteuereinnahmen für die Kommunen. 90 Prozent davon würden an die Kommunen abgeführt, auf dessen Gebiet die Windräder stehen. Außerdem fliesen etwa 25.000 Euro pro Anlage aus dem Stromertrag jedes Jahr an die jeweilige Kommune. Apropos Geld, schon ab einem Betrag von 100 Euro könnten sich die Bürger am Bau beteiligen, darauf hatte schon Willi Schöller verwiesen und dafür reichlich Beifall erhalten.
Positive Resonanz
Mit viel Information im Gepäck konnten die Pfullinger dann ihre Fragen an den verschiedenen Ständen in der Halle stellen. Da ging's um die Zufahrtswege zu den Baustellen, um den Schutz des Milans oder eben die Beteiligungsmodelle. Insgesamt, so Mirjam Schöller, sei die Resonanz positiv. Das bestätigte auch der Blick auf die Pinnwand mit den Rückmeldungen. Es gab nur eine: »Sehr positiv, weiter so«, war da zu lesen.
Doch dass es durchaus auch Menschen gibt, die sich überhaupt nicht mit den Windrädern anfreunden können, machte die gemeinsame Schlussrunde deutlich. Eine Besucherin verstand nicht, warum der Gutachter, der die Windhöffigkeit beurteilt, vom Unternehmen bezahlt wird. Da käme ja raus, was bestellt worden sei. Mal abgesehen, dass es sich dabei um einen staatlich geprüften Gutachter handle, machte Willi Schöller deutlich, dass sich das Unternehmen ja ins eigene Fleisch schneiden würde, wenn dessen Zahlen nicht stimmten. Darauf hätten naturgemäß auch die finanzierenden Banken ein wachsames Auge. »Die Zahlen müssen belastbar sein.« Er machte auch deutlich, dass der Bau der Windräder letztlich davon abhänge: »Ich kann heute noch nicht sagen, ob sie sicher gebaut werden.« Voraussetzung sei, dass sich das Ganze rechne. Er betonte auf Nachfrage auch, dass es für den Bau der Anlagen keine Fördergelder gebe. Diskutiert wurde auch die Belastung durch den Abrieb der Beschichtung der Rotorflügel. »Die ist da«, räumte Schöller ein. Allerdings gebe es diese auch durch Autos und andere Alltagsgüter. Insofern sei diese vernachlässigbar.
Klar sei, dass die Stadt ihren Strombedarf, der in den kommenden Jahren wachse, nicht decken könne, betonte Bürgermeister Wörner am Ende der Veranstaltung: »Ich sehe es als unseren Beitrag, den wir gesellschaftlich leisten müssen.« Er sieht auch Chancen für die Stadt. Er werde dem Gemeinderat vorschlagen, dass sich die Stadt an den Anlagen beteilige. Auch mit Blick darauf, dass die Kommune Geld brauche, um die umfangreiche Infrastruktur zu erhalten. Und außerdem langfristig mit dem Gasverkauf voraussichtlich kein Geschäft mehr gemacht werden könne. Letztlich, das sagte Wörner auch noch, ist ihm ein Betonfundament samt Windrad lieber als ein Endlager für radioaktiven Müll in der Region. (GEA)