ENINGEN. Rund 300 Millionen Ratten leben in Deutschland, schätzen Schädlingsbekämpfer. Auf einen Einwohner kommen demnach etwa drei Ratten. »Und die Population der Nagetiere nimmt bundesweit zu«, sagt Jens Herold, Leiter des Eninger Bauhofes. Auch in der Achalmgemeinde gibt es immer mehr davon. Ihre Zahl würde zwar nicht »exorbitant« steigen und sei vergleichbar mit der anderer Kommunen, doch trotzdem müsse etwas dagegen unternommen werden. Jüngst hat der Betriebsausschuss der Gemeinde daher entschieden, neue Köderboxen anzuschaffen, um so die Population einzudämmen.
»Wir bestellen jetzt 20 neue Köderboxen, die uns bei der Rattenbekämpfung unterstützen sollen«, sagt Herold. Mit diesen könne aber nur auf das aktuelle Problem reagiert werden. »Viel wichtiger ist die Prävention.« Ein Punkt, bei dem die Bürger aktiv werden müsse: Es sind vor allem achtlos weggeworfener Müll, Essensreste, die nicht richtig entsorgt und beispielsweise die Toilette hinuntergespült werden oder falsch gelagerter Müll, die die Lebensbedingungen der Ratten verbessern und so deren Ausbreitung begünstigen. »Dabei ist es wirklich nicht schwierig, seinen Müll ordnungsgemäß zu entsorgen.«
Krankheiten auf Menschen übertragen
So niedlich die Nagetiere auf den einen auch wirken mögen, sie sind nicht ungefährlich: Ratten können Krankheiten auf Menschen übertragen. Weil der Schutz der menschlichen Gesundheit einen »vernünftigen Grund im Sinne des §1 Tierschutzgesetz« darstelle, sei die Bekämpfung der Ratten daher zulässig, heißt es in der entsprechenden Drucksache der Gemeinde. Bislang wurden die Tiere in Eningen mit giftigen Rodentiziden-Ködern bekämpft, die in die Kanalisationsschächte eingehängt wurden. Dieses Vorgehen hatte jedoch einige Nachteile.
»Das größte Problem war, dass die Köder mit dem Wasser in Berührung gekommen sind«, erklärt Herold. Bei starkem Regen beispielsweise wären diese immer wieder weggespült worden. »Das Gift belastet das Abwasser und somit auch unsere Kläranlage, die mehr Energie verbrauchen, um das Wasser sauber zu bekommen.« Schon das Umweltbundesamt (UBA) stellte in den Jahren 2015 und 2018/19 bundesweit vermehrt Rückstände von Rodentiziden-Wirkstoffen in Klärwerken und Flüssen fest. 2020 kam dann eine UBA-Forschung zu dem Schluss, dass vor allem Rattenköder daran schuld seien. »Darauf müssen und wollen wir reagieren.«
Gift bleibt in der Box
Ein weiterer Nachteil der bisher verwendeten Köder war, dass diese schnell schimmelten. »Außerdem kam noch hinzu, dass wir nicht wirklich kontrollieren konnten, ob wir mit unserer Bekämpfung Erfolg hatten«, sagt Herold. Aus diesem Grund hatte sich der Bauhof nach Alternativen umgeschaut und diese auch gefunden. Die neuen Köder bestehen aus Boxen, in die die Köder gelegt werden können. »Das hat den Vorteil, dass kein Wasser eindringen kann.« Das Gift bleibt verschlossen und kommt nicht mit dem Wasser in Berührung. »Die Ratten können trotzdem über eine Klappe in die Box und auch wieder aus ihr heraus laufen«, ergänzt Herold.
Insgesamt 20 Köderboxen werden nun bestellt und in einem Radius von 200 Meter in der Kanalisation angebracht. Zusätzlich ist in den Behältern eine Technologie verbaut, die aufzeichnet, wie oft sich die Klappe der Box geöffnet und wieder geschlossen hat. »Wir können dann mit einem technischen Gerät an die Box herantreten, die beiden koppeln sich und wir sehen genau, ob und wie oft eine Ratte in dem Köder war«, ergänzt Herold. Auch die Themen Schimmel und Abwasser-Verschmutzung sind damit vom Tisch.
Alles passiert oberirdisch
Das neue Vorgehen hat einen weiteren Vorteil: Alles kann oberirdisch erledigt werden. Wenn eine Box nicht geöffnet wurde, könne der Bauhof-Mitarbeiter einfach weiterlaufen und müsse nicht extra in den Kanalisationsschacht schauen oder gar hineinklettern, um den Köder zu kontrollieren. »Das ist arbeitstechnisch viel ungefährlicher und eine große Erleichterung«, sagt Herold. Auch das Auffüllen der Köder könne so sicherer ablaufen. »Ganz zu schweigen von der Zeitersparnis, die wir haben.« Außerdem könne durch die Technik eine Bekämpfungsstrategie entwickelt werden, indem zur Populations-Kontrolle ausschließlich »giftfreie Köder ausgebracht und die Fraßköder mit Gift nur ganz gezielt eingesetzt werden«, heißt es in der Drucksache.
Dass Gift verwendet wird, sei normal. »Das wird bundesweit eingesetzt, da sind wir keine Ausnahme«, sagt Herold. Die allgemeine Expertenmeinung sei, dass man Ratten nur so effektiv bekämpfen könne. Viel wichtiger sei die schon von Herold angesprochene »einfache Prävention«, an der alle teilnehmen »sollten und auch müssen«.
Rund 60.000 Euro Gesamtkosten
Erfahrungswerte über die neuen Köderboxen, die die Gemeinde - inklusive der Installation und der Digitalisierung - rund 60.000 Euro kosten, kommen aus der Stadt Bonn. »Die haben im vergangenen Jahr genau solche Köderboxen eingesetzt und scheinen sehr zufrieden mit den Ergebnissen«, sagt Herold. Die Stadtverwaltung Bonn habe nur noch einen Mitarbeiter für den Ködertausch gebraucht, durch die digitale Überwachungsfunktion hätte sie ein strategisches Vorgehen gegen die Ratten entwickeln und rund 90 Prozent weniger Gift einsetzen können. Das erhofft sich der Eninger Bauhofleiter auch. »90 Prozent weniger Giftreste im Abwasser, das möchte ich auch für die Gemeinde.« (GEA)