LICHTENSTEIN. Dieses Jahr ist die Gemeinde glimpflich davongekommen. Das Unwetter im Juni, das unter anderem in Pfullingen, Reutlingen und Eningen für massive Überschwemmungen sorgte, streifte das Ende des Echaztals nur. Doch dort weiß man aus leidvoller Erfahrung nur zu gut, was ungezügelte Wassermassen anrichten können. Und für den Fall der Fälle will die Gemeinde gewappnet sein. Bauhofleiter Jörg Schwille und Feuerwehrkommandant Andreas Daum stellten am Donnerstagabend dem Gemeinderat den Hochwasseralarm- und Einsatzplan für Lichtenstein vor.
Die Gemeinde hatte 2019 eine Arbeitsgruppe Starkregen/Hochwasser ins Leben gerufen. Ihr gehören der Leiter des Bauamts Friedrich Buck, Bauhofleiter Schwille, Feuerwehrkommandant Daum sowie Hauptamtsleiterin Beatrice Herrmann als ständige Mitglieder an. Bürgermeister Peter Nußbaum wird in die Entscheidungsprozesse einbezogen. Diese Gruppe entwickelte den Plan mit Unterstützung der Firma Steinbrink Projekt- und Eventmanagement.
Gefährdung eingeschätzt
Grundlage dafür war, erstmal zu schauen, welche Gebiete in der Gemeinde betroffen sind. Dafür hat die Gruppe Karten, Berichte, Chroniken durchforstet sowie die aktuelle Hochwassergefahrenkarte des Landes mit einbezogen. Ziel war es, jede mögliche potenzielle Gefährdung zu erkennen.
In einem zweiten Schritt ging es darum, den Ablauf bei einer Alarmierung festzulegen. Das heißt letztlich: Welche Stäbe und Gremien treten wann und wo zusammen? Wer gehört ihnen an? Außerdem geht es darum, zu erfassen, welches Material im Ort vorhanden ist, das für den Schutz und die Versorgung der Bevölkerung benötigt wird. Dazu gehört auch der Kettenbagger des Bauunternehmers. »Im Katastrophenfall muss man da nicht lange überlegen, sondern hat eine Liste im Plan mit Telefonnummer und Anschrift«, um schnell handeln zu können.
Im dritten Schritt ging’s darum, Siedlungsgebiete zu definieren und festzustellen, ob sich dort hochwassergefährdete Objekte (zum Beispiel Trafostationen, Trinkwasserquellen oder das Rathaus) befinden, die geschützt werden müssen.
Zum Schluss wurde es ganz konkret: Für jedes Gebiet und jeden Alarmierungsgrad wurde ein Szenario entwickelt, was im Notfall zu tun ist. Die Aufgaben reichen dabei von der Überprüfung von Dohlen über das Freiräumen von Rechen bis zum Aufstellen von Spundwänden. Der Ablauf ist genau festgelegt. Sind die Aufgaben erledigt, werden sie abgehakt.
Sirenen oder NINA?
Eine wichtige Rolle bei der Alarmierung spielt »Fliwas 3« . So heißt das Computersystem, das sich die Städte und Gemeinden entlang der Echaz nach dem Hochwasser 2016 gemeinsam angeschafft haben. Damit sind bei einem Unwetter alle auf Augenhöhe: Sämtliche Hochwasserinformationen ploppen gleichzeitig auf den PCs, Tablets und Smartphones der Einsatzkräfte auf. Selbst vor Ort während des Einsatzes können die Rettungskräfte die aktuellen Informationen einsehen und koordiniert handeln.
Grundlage des Systems sind aktuelle Wettermeldungen und Pegelmesser. Fünf automatische hat die Gemeinde Lichtenstein installiert, schlagen sie an, wird die Bauhofleitung aktiv. Insgesamt sind vier Warnstufen festgelegt, die jeweils entsprechende Maßnahmen auslösen, vom Zusammentritt der Stäbe bis zu ersten praktischen Arbeiten. »Der Plan ist eine Hilfestellung«, betont Daum, der allen Akteuren ein koordiniertes und zielgerichtetes Handeln ermöglicht.
Ein Thema war am Donnerstagabend auch, wie die Bürger gewarnt werden können. Zwar hat Lichtenstein noch vier alte Sirenen, doch die sind momentan nicht einsatzfähig. Einfach schnell reaktivieren lassen sie sich nicht, denn sie müssen digital aufgerüstet werden, um an das Warnsystem »MOWAS« des Bundes angeschlossen zu werden. Nur dann gibt es Fördermittel vom Bund.
Kommandant Daum machte den Bürgern die NINA-Warnapp des Bundesamtes für Katastrophenschutz schmackhaft: »Das ist eine Taschensirene.« Sie könne auch mit lokalen Ereignissen gespeist werden. Gleichwohl sind die Sirenen noch nicht außen vor, erklärte der Bürgermeister, bevor der Gemeinderat den Plan zur Kenntnis nahm. Der wird im Übrigen regelmäßig aktualisiert.
Und auch Übungen sind geplant, wie Daum auf Nachfrage von Arnold Sender (OGL) erklärte. (GEA)