ENINGEN. Mit einem wundervollen Konzert beschloss das Publikum in der restlos gefüllten Andreaskirche am Sonntagabend die Woche. Zu Gast waren die Stuttgarter Hymnus-Chorknaben unter der Leitung von Rainer Johannes Homburg, die mit ihrem Programm »Der Glaube singt. Musikalische Geisteslinien« an das Jubiläum 500 Jahre evangelische Kirchenmusik erinnerten. 1524 war das erste evangelische Gesangbuch auf Deutsch erschienen. Nach Eningen wird das Konzert auch in den Reformationsstädten Torgau und Wittenberg zu hören sein. Pfarrer Johannes Eißler begrüßte die Gäste und den rund 40-köpfigen Chor und spendete später den Schlusssegen.
»Wir stehen in einer langen Tradition und sind über die Lieder verbunden mit unseren Altvorderen«, erklärte Homburg. Diesen Linien wolle man nachspüren. Mit dem glanzvollen »Creation« des zeitgenössischen Komponisten Willy Richter stellten die Sänger den Schöpfungstag der Erde an den Beginn. Vom Chor und der Empore aus sangen sie in das Kirchenschiff hinein von der göttlichen Schöpferkraft, meditativ-sanft und majestätisch, mit atemberaubenden Stimmen und großem Einfühlungsvermögen.
Hier wie auch bei den modernen Werken »So ihr bleiben werdet an meiner Rede« von Wolfgang Stockmeier, dem Mantra-ähnlich wiederholten »Alleluia« (Frederik Sixten) und dem von Chorleiter Homburg selbstverfassten »Liebet eure Feinde« erklang der Gesang durch den Einsatz von sich reibenden Tönen sphärisch und transzendent und betonte so die Bedeutung der Inhalte. Dies ist nur möglich durch die exakte Intonation und Aussprache, wie ihn die Chorknaben boten. Das Publikum lauschte regungslos. Bewundernswert, wie sich auch die Allerjüngsten engagiert und konzentriert den tiefgängigen Texten widmeten. »Ach wie flüchtig, ach, wie nichtig ist der Menschen Leben«, hieß es beispielsweise in der Choralmotette von Johann Bach, Onkel von Johann Sebastian. Dass der Chor auch Gospels im Repertoire hat, zeigte er mit »The Battle of Jericho« in einem modernen Arrangement.
Mit der sensiblen Orgelbegleitung von Kirchenmusikstudent Moritz Jäger, der bereits mit 16 Jahren seine erste Organistenstelle bekleidete, sang auch die Gemeinde die berühmten Reformationslieder »Nun freut euch, lieben Christen g'mein«, »Aus tiefer Not schrei ich zu dir« (Martin Luther) und »Es ist das Heil uns kommen her« (Paul Speratus) mit. Aufgrund der zentralen Bedeutung von Luthers Erkenntnis, allein durch die Gnade Gottes das Heil zu erlangen, wurde das Stück als Komposition von Brahms nochmals wiederholt. Auch Johann Walter komponierte in diesem Sinne. Von ihm war »Allein auf Gottes Wort« zu hören. Reformationslieder, von jedermann gesungen, sollten die neue Lehre unters Volk bringen, so Homburg.
Mit großer Leichtigkeit interpretierte Jäger die »Ciacona ex e« von Dietrich Buxtehude und meisterte mühelos deren rasche Läufe. Wie ein sorgloses Dahinschreiten erklang das »Scherzo« von Samuel-Alexandre Rousseau (1853-1904). Das Programm endete mit »Verleih uns Frieden genädiglich« von Heinrich Schütz, aber ohne Zugabe ließ das begeistert applaudierende Publikum den Chor nicht gehen. Mit dem schönen »Bleib bei uns, denn es will Abend werden« verabschiedeten die Sänger die Gäste nach Hause. (GEA)