»Es wird etwas ganz Besonderes sein, sich in dem Wagen bewirten zu lassen«Die Männer um Dieter Metzger scheuen den großen Aufwand nicht, denn es gilt, ein Jubiläum zu feiern: der 100. Geburtstag der Reutlinger-Pfullinger Straßenbahn – von den 20 Jahren Arbeit am einstigen Triebwagen der Vereinsmitglieder ganz zu schweigen. »Für den Beiwagen haben wir 'nur' rund vier oder fünf Monate gebraucht«, führt der Vereinschef aus.
Der Wagen Nr. 40 stehe im Übrigen eh' noch recht gut da, vor allem im Innern. Eine Gaststätte in Esslingen, das »Vier-Peh«, hatte das Gefährt ja einst von der Reutlinger Straßenbahn gekauft, es einige Jahre als Café genutzt »und wir haben den Wagen dann denen abgekauft«. Die Dachpappe auf dem Gefährt stammt noch vom Café-Betrieb, die Lämpchen auf den Tischen ebenfalls. 22 Sitzplätze finden sich dort drin, natürlich aus Holz – wie es damals üblich war. Die vermeintlich guten alten Zeiten konnten also auch ganz schön hart sein.
Vor allem für das heutige verwöhnte Sitzfleisch. Aber: »Es wird auf dem Pfullinger Marktplatz etwas ganz Besonderes sein, sich in dem Wagen bewirten zu lassen«, ist sich Metzger sicher. Sogar geschlossene Veranstaltungen seien möglich. Fünf Wochen lang wird das ab kommenden Freitag, 15. Juni, ab 19.30 Uhr geschehen, die Auftaktveranstaltung zum 100-Jahr-Jubiläum gestaltet der Musikverein Stadtkapelle mit seinem Sommerkonzert zusammen mit dem Brauchtumsverein auf dem Marktplatz.
Eine Vielzahl an Aktionen rund um den Straßenbahnwagen ist geplant, von einer Modeschau über Märchenstunde, einem Bericht von Stadtarchivar Stefan Spiller über »Der lange Weg zur Pfullinger Straßenbahn« bis hin zu Fotos von und mit Steffen Burgemeister über das Gleisgefährt. Obendrein erzählt Bernhard Madel über seine ureigenen Erfahrungen. »Er war damals Student, arbeitete aber nebenher als Schaffner in der Straßenbahn«, berichtet Dieter Metzger. »Man muss sich ja nur vorstellen, dass es in den ersten 50 Jahren keine Heizung in der Bahn gab, da sind die Schaffner bei minus 30 Grad schon auch mal festgefroren.«
»Unser großes Ziel ist, Triebwagen Nr. 29 und Beiwagen Nr. 40 wieder in Betrieb zu nehmen«Straßenbahngeschichten gibt es zudem von Wolf-Rüdiger Gassmann und Raimund Vollmer am 12. August. Ein Flyer zum Gesamtprogramm im Jubiläumsjahr ist gerade noch in der Mache, also quasi ganz kurz vor der Fertigstellung. »Höhepunkt ist das Wochenende 30. und 31. Juli mit dem Straßenbahnfest, der Stadtkapelle, dem Duo Sonnenklar am Samstagabend und Frühschoppen, Oldtimer-Ausstellung und Musik am Sonntag«, so Metzger.
Und es ist kein Geheimnis, was der Vereinschef zum Schluss verrät: »Unser ganz großes Ziel ist, den Triebwagen Nr. 29 zusammen mit dem Beiwagen Nr. 40 wieder in Betrieb zu nehmen.« Vielleicht im Zusammenhang mit der Regionalstadtbahn? »Das wäre toll«, sagt Dieter Metzger. Und blickt sehnsüchtig in die Ferne. (GEA)