PFULLINGEN. Das wird womöglich ein heißer Herbst. Die Sitzung des Pfullinger Gemeinderats gab einen Vorgeschmack auf die anstehende Trassenentscheidung für die Regional-Stadtbahn (RSB) auf der Gemarkung der Echazstadt. Dabei, so sah's zumindest Bürgermeister Stefan Wörner, hatte der Geschäftsführer des Zweckverbands Regional-Stadtbahn Neckar-Alb, Dr. Tobias Bernecker, »eine gute Nachricht« im Gepäck. Beide im Vorfeld diskutierten Trassenvarianten sind technisch umsetzbar, unabhängig davon, welchen Verlauf der Gleise die Nachbarstadt Reutlingen in ihrem Bereich favorisiert.
Der Zweckverband und die beauftragten Büros für die Vorplanung der Regionalstadtbahn-Stadt sind derzeit auf Tour. Am Montag stellten sie die Ergebnisse ihrer Untersuchungen dem Ausschuss für technische Fragen und Umweltschutz des Kreistages (wir berichteten) sowie gestern im Bau-, Verkehrs- und Umweltausschuss des Reutlinger Gemeinderat und danach im Pfullinger Gemeinderat vor. Im Laufe des Aprils stehen die Gemeinderäte in Lichtenstein und Engstingen auf ihrer Liste. Das macht deutlich, der Zweckverband ist bemüht, die Bürgervertreter aus erster Hand zu informieren. Wie notwendig das ist, zeigten die vielen Nachfragen aus dem Pfullinger Gremium, nachdem Anne-Catrin Norkauer von der Ramboll Deutschland GmbH Näheres zur Streckenführung und den Knackpunkten erläutert hatte.
Nutzen-Kosten-Faktor wird ermittelt
»Für uns ist das ein großer Schritt«, erklärte Bernecker. Dem aber noch einige weitere folgen müssen, bis der Gemeinderat tatsächlich eine Trassenentscheidung fällen kann. Unter anderem die Frage danach, was die Regional-Stadtbahn bringt und inwieweit sich das Ganze rechnet. Die Ermittlung des Nutzen-Kostenfaktors ist eine Aufgabe in den kommen Monaten, ebenso welche Kosten auf die Kommunen tatsächlich zukommen. Aber auch die städtebaulichen Chancen und Risiken, die sich aus dem Trassenverlauf ergeben, sind ein Thema.
Darum ging's dem Gemeinderat aber vorrangig. Im Mittelpunkt stand dabei nicht nur für Berkay Temelli (SPD) die Trassenführung im Bereich Lindenplatz bei der Variante durch die Innenstadt. Diese ist für Norkauer vom Südbahnhof auf der Marktstraße bis zur Kreuzung mit der Kurze Straße relativ problemlos. Dort könnte die Stadtbahn auf einem zweigleisigen, separaten Bahnkörper fahren. Eng wird's danach. In Richtung Unterhausen würde die Bahn über die Zeppelinstraße geleitet, Richtung Reutlingen auf der Marktstraße verbleiben. Am Lindenplatz, so Temelli, sei's heute schon eng. Zukünftig werde es dann noch knapper. »Wo hält dann der Bus?«, fragte er. Die Hauptlinie der RSV würden mit Inbetriebnahme der RSB, zumindest in diesem Bereich, nicht mehr fahren, erklärte dazu Bürgermeister Wörner.
Warum zweigleisig?
Auch Thomas Mürdter (SPD) wollte wissen, wo die Fußgänger die Straßen queren, Zebrastreifen gebe es ja nicht und er fragte sich: »Wie sieht unsere Stadt nachher aus?« Dabei thematisierte er auch, ob die RSB tatsächlich sowohl durch die Innenstadt als auch auf dem alten Bahndamm tatsächlich zweigleisig geführt werden müsse. Sollte sie, so Bernecker. Das Betriebskonzept sieht vor, dass in Pfullingen alle Viertelstunde eine Stadtbahn an den fünf Haltestellen in Richtung Reutlinger Innenstadt fährt. In jeder zweiten Bahn können die Fahrgäste dann ohne umsteigen bis nach Tübingen fahren, in den anderen beiden ins Ermstal. Gleichwohl wird von den Planern überlegt, ob die Streckenführung auf der alten Bahntrasse ab dem Pfullinger Bahnhof in Richtung Lichtenstein eingleisig werden könnte.
Traude Koch (GAL) regte Überlegungen an, den Autoverkehr in der Innenstadt zukünftig anders zu führen, um den Bereich am Lindenplatz zu entlasten. »Die Idee hatten wir auch«, erklärte dazu Norkauer, schob aber gleich nach »aber wo?« Das Angebot müsste ja von den Autofahrern auch angenommen werden. Auch Ute Jestädt (UWV) blickt mit einer gewissen Skepsis auf die Innenstadttrasse. Schließlich sei das ja die Ausweichstrecke bei Tunnelsperrungen. Außerdem machte sie sich Sorgen angesichts der möglichen langen Dauer der Bauarbeiten für die Innenstadttrasse. Und sie mahnte: »Da müsse man schon aufpassen, wenn da in der Stunde acht Züge durchbrettern.« So schlimm sei es dann doch nicht, verdeutlichte Bernecker, der auch mit Blick auf die Frage nach der Querung der Gleise mit einer Rechnung antwortete. Die acht Züge bräuchten insgesamt vier Minuten, um eine Stelle zu passieren. Das heiße im Umkehrschluss: In jeder Stunde sei die Strecke 56 Minuten frei.
Diskussion um Zahl der Haltestellen
Bürgermeister Wörner will auf keinen Fall, dass die RSB durch die Stadt brettert. Das war unter anderem auf die Frage von UWV-Rat Stephan Wörner gemünzt, der, wie andere auch, anregte, weniger Haltestellen in Pfullingen einzuplanen. Statt fünf könnten es seiner Meinung nach auch vier oder sogar nur drei sein. Der Bürgermeister will aber auf keine Haltestelle verzichten, um die Stadtbahn auch für die Pfullinger Bürger attraktiv zu machen und nicht nur für die Pendler.
Eine ganz andere Frage hatte noch Walter Fromm bewegt - nämlich die nach dem Untergrund in der Innenstadt. Denn in dem verlaufen zahlreiche Versorgungsleitungen. »Können die dort bleiben«, wollte der SPD-Rat wissen. Eine Frage, die wie einige andere auch, Norkauer, zum gegenwärtigen Stand noch nicht beantworten konnte. Darauf hatte schon Martin Fink (UWV) aufmerksam gemacht, sein Ansinnen, die Diskussion zu verkürzen, mit dem Hinweis, das werde im weiteren Verlauf des Verfahrenes beantwortet, scheiterte aber. Bürgermeister Wörner wollte die Diskussion laufen lassen.
Radweg wird bleiben
Antworten gab's für die Radfahrer. Denn für den Radweg auf der alten Bahntrasse, werde es auf jeden Fall eine Lösung geben, versicherte Norkauer. Der werde im Verlauf untergebracht. Und die Grundstücksbesitzer entlang der Trasse müssen nicht damit rechnen, dass ihr Besitz angeknabbert wird. Es wird keinen Eingriff in private Flächen geben, versicherte sie. Und nicht zuletzt könnten die Lindenbäume in der Eisenbahnstraße erhalten werden. Und über eine Park-and-Ride-Fläche am Ortsausgang zu Lichtenstein wollen die Planer auch noch nachdenken, wie sie auf eine entsprechende Anregung erklärten.
Mit Blick auf die Trassenfindung ist für Bürgermeister Wörner klar, »das ist keine einfache Fragestellung«. Die RSB sei aber eine Riesenchance, die Stadt weiterzuentwickeln. Man dürfe jetzt nicht so tun, als ob die Straßen im Moment völlig leer wären, und die Stadt mit der RSB zum Erliegen komme. Viele Gemeinden wären seiner Meinung nach froh, wenn sie Teil der Regional-Stadtbahn wären. »Die Chance ist größer als die Last«, erklärte der bekennende Autofahrer. Angesichts eines Viertel-Stunden-Takts komme es aber auch für ihn dann in Betracht, den ÖPNV zu nutzen. (GEA)