REUTLINGEN/PFULLINGEN. In der Nacht am 13. April 2025 soll auf dem Parkplatz beim Reutlinger Freibad einiges los gewesen sein, weswegen sich nun ein Pfullinger vor dem Reutlinger Amtsgericht verantworten muss: Der 27-jährige Angeklagte soll damals seine schwangere Frau auf dem Freibad-Parkplatz als »Hure und Schlampe« beleidigt, sie zudem brutal geschlagen, ihren Kopf auf die Motorhaube gehauen, ihr ins Gesicht und in den Bauch getreten. Außerdem soll er mit seinem Auto auf die am Boden liegende Frau zugefahren sein und versucht haben, sie zu überfahren. Sie aber habe sich hinter einem Baum verschanzt.
Irgendwie sei die Frau dann wieder ins Auto ihres Mannes gekommen und beide sollen weggefahren sein. Zahlreiche Prellungen im Gesicht und am Nasenbein habe die 27-Jährige davongetragen, wie Staatsanwalt Georg Werwein aus der Anklageschrift vor dem Amtsgericht verlas. Die Frau war zum Verhandlungstermin mit ihrem kleinen Baby in den Gerichtssaal gekommen – aussagen wollte sie aber nicht. Genauso wenig wie ihr Mann als Angeklagter machte auch sie »als Angehörige vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch«.
Gericht tappt im Dunkeln
Damit durften keine früheren Aussagen von ihr und auch keine Arztberichte aus dem Krankenhaus nach dieser Nacht in der Verhandlung verwendet werden. Richterin Celine Eich, Staatsanwalt Werwein und auch Pflichtverteidigerin Dr. Birgit Scheja mussten sich also rein auf die Aussagen der geladenen Zeuginnen und Zeugen verlassen. Letztere ließen das Gericht allerdings weitgehend im Dunkeln tappen – im wahrsten Sinne des Wortes.
Im Gerichtssaal
Richterin Celine Eich, Staatsanwalt Georg Werwein, Rechtsanwältin Dr. Birgit Scheja
Ein Anwohner-Ehepaar, das den Notruf gewählt hatte, sagte: »Wir haben eigentlich gar nichts gesehen, es war ja Nacht, zwischen uns und dem Parkplatz stehen Bäume – gehört, ja, gehört haben wir einiges.« Nämlich: Laute Schreie, »einen Riesenstreit und dass ein Handy ins Gebüsch geschmissen wurde«. Die Zeugin habe dann aber doch gesehen, dass ein Mann um eine Frau herum gerast, »gedriftet«, sei. Ihr Mann habe das jedoch nicht gesehen. »Nur gehört.«
Weiterer Verhandlungstermin
Ein Mann, der ebenfalls als Zeuge geladen war, komme am Verhandlungstag mit dem Flieger aus dem Urlaub zurück. Es wäre möglich, hatte er ausgerichtet, dass er sich verspätet. Was er dann auch tat. Am 13. April soll der Zeuge laut Polizeiangaben mit einem »Nachtsichtgerät, er ist wohl Jäger« Näheres beobachtet haben. Was, konnte der Zeuge am Freitag wegen Abwesenheit aber nicht erläutern – weswegen ein weiterer Verhandlungstermin angesetzt wurde.
In dieser Aprilnacht sei das streitende Paar auf und davon gefahren, die vermeintlich verletzte Frau hielt allerdings per Handy Kontakt mit ihrer Freundin. »Sie hat gesagt, ich soll die Polizei anrufen«, so die 23-jährige Freundin vor Gericht. Der Angeklagte habe seine Frau geschlagen, es sei wohl um Eifersucht gegangen, berichtete die Freundin. »Ihr Mann wollte von mir wissen, warum seine Frau auf ihrem Handy einige Männer-Telefonnummern gespeichert hat.« Die Freundin machte sich dann selbst auf den Weg.
Polizei folgt dem streitenden Paar
Auf dem Parkplatz am Markwasen traf die 23-Jährige auf eine Polizeistreife. Weil die junge Frau einen Live-Standort ihrer Freundin auf dem Handy hatte, folgten dann zwei Polizeiwagen dem Fahrzeug des streitenden Paares. In einer Haltebucht der B 28 wurde das Auto schließlich gestellt. »Er war kooperativ, hatte einen Atemalkohol von 1,1 Promille«, so einer der Polizeibeamten.
Und die Frau? »Sie wirkte sehr verängstigt, extrem eingeschüchtert, zittrig, geschockt und von der Situation überfordert«, so ein weiterer Polizist. Von sichtbaren Verletzungen im Gesicht berichteten beide Zeugen von der Polizei nichts. Rechtsanwältin Scheja zog daraus ein eindeutiges Fazit: »Was die Zeugen hier ausgesagt haben, reicht allenfalls zu einer Verurteilung wegen einfacher Körperverletzung.«
Sowohl die Richterin als auch der Staatsanwalt waren sich einig, sagten unisono: »Nein.« Der Zeuge mit dem Nachtsichtgerät solle auf jeden Fall noch gehört werden, es brauche einen Fortsetzungstermin. Nötigung könne noch in Betracht kommen, ebenso wie ein mögliches gefährliches Straßenverkehrsdelikt – wenn der Angeklagte tatsächlich auf seine Frau zugefahren wäre. Der Folgetermin ist am 6. November um 12 Uhr. (GEA)

