PFULLINGEN. Auf dem Dorf gibt es mittlerweile fast genauso viele Kinder, die noch nie eine echte Kuh gesehen haben, wie in der Stadt – für Familie Fritz vom Pfullinger Finkhof ist das Grund genug, am Sonntag ihre Hoftore für interessierte Verbraucher zu öffnen und Einblick in die Produktionsabläufe in ihrem Milchviehbetrieb zu geben. Ganz nach dem Motto »Feiern – Erleben – Entdecken« laden der Finkhof, der Kreisbauernverband und der Landfrauenverband Reutlingen sowie das Kreislandwirtschaftsamt zur »Gläsernen Produktion« mit Erntedankfest ein.
Siegrun Fritz (deren Mutter eine geborene Fink war) und Thomas Fritz bewirtschaften den Finkhof gemeinsam mit ihrem Sohn Philip und einem festen Mitarbeiter. 130 Milchkühe mit Nachzucht gehören zum Betrieb, dazu eine Bullenmast an der zweiten Hofstelle. Die Kühe haben Weidegang, was das Tierwohl fördert und zur Pflege der Kulturlandschaft beiträgt. »Wir produzieren rund 3.000 Liter Milch am Tag«, erklärt Philip Fritz. Das ist möglich dank der beiden Melkroboter, welche die Kühe automatisch rund um die Uhr melken. Die Kühe kommen freiwillig zum Melken: »Das kann auch mal nachts um 4 Uhr sein.« Der komplette Stall samt Melkroboter »Lely Astronaut« kann am Sonntag besichtigt werden. Familie Fritz wird zudem bei Führungen über den Hof Rede und Antwort stehen.
KI hilft bei Ampfer-Bekämpfung
Auch die Molkerei Omira wird mit einem Stand vertreten sein, ebenso wie ein Elektriker, der die PV-Anlagen auf den Dächern des Hofs installiert hat, der Bauernverband sowie das Landwirtschaftsamt und das Steuerbüro. Der Maschinenring wird eine Maschine zur Ampfer-Bekämpfung auf Grünland vorstellen. »Mittels Künstlicher Intelligenz erkennt sie einzelne Pflanzen auf dem Grünland und bekämpft diese gezielt«, weiß Thomas Fritz. Der Pfullinger Brauchtumsverein wird zur Unterhaltung der Besucher Getreide auf historische Weise dreschen, mit einer alten riemenbetriebenen Dreschmaschine.
Los geht’s am Sonntag auf dem Finkhof, Langwaid 2, in Pfullingen um 10.30 Uhr mit einem Erntedankgottesdienst, geleitet von Stadtpfarrer Benjamin Lindner und musikalisch begleitet vom Pfullinger Posaunenchor. Denn neben der gläsernen Produktion steht auch das Erntedankfest im Mittelpunkt. Trotz aller Widrigkeiten, denen sich die Landwirtschaft immer wieder ausgesetzt sieht, ist es in den Augen von Gebhard Aierstock, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Reutlingen, richtig und wichtig, Erntedank zu feiern: »Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir immer alles haben und gut versorgt sind. Wir haben als Bauern ein erhebliches Risiko, denn wir säen, düngen, machen Pflanzenschutz und wissen oft nicht, was wir am Ende ernten oder was es kosten wird.«
Gerade die hiesige Raumschaft sei in diesem Jahr aufgrund des Regens ab Mitte Juli negativ betroffen gewesen. »Der Weizen war reif. Aber es hat drei Wochen geregnet, vieles ist ausgewachsen und war nicht mehr tauglich. Auch bei der Braugerste gab es erhebliche Probleme.« Insgesamt betrachtet sei die Ernte aber recht gut ausgefallen.
Regionale Kartoffeln statt Import
Besonders bei den Kartoffeln habe es bundesweit eine gute Ernte gegeben. »Das haben wir so noch nie gehabt. Viele Kartoffeln werden an Milchviehbetriebe zum Verfüttern geliefert oder für Biogasanlagen«, berichtet Aierstock. Auf der anderen Seite würden Kartoffeln zum Verzehr aus dem Ausland gekauft. Landwirt Thomas Fritz geht das gegen den Strich: »Wir fliegen Kartoffeln aus Israel ein. Ein paar Kilometer weiter weg verhungern die Leute – und wir kaufen denen die Kartoffeln weg!« Für ihn gehört zum Erntedank auch dazu, die Regionalität mitzubetrachten.
Nach dem Gottesdienst werden Pfullingens Bürgermeister Stefan Wörner, Landrat Dr. Ulrich Fiedler und der Kreisbauernverbandsvorsitzende Gebhard Aierstock Grußworte an die Anwesenden richten. Nach dem Mittagessen gibt es Kaffee und Kuchen. Lokale Erzeuger werden unter anderem Milchprodukte, Honig und Walnussöl anbieten.
Doch schon am Samstagabend lädt die Familie Fritz ab 19 Uhr zur Finkhof-Party ein mit Musik von DJ Oeler und einem Weizenbierstand – gemeinsam mit dem Maschinenring als Sponsor. Der Eintritt ist frei. (GEA)

