ENINGEN. Aus allen Nähten platzte am Sonntag die Bücherei, als Professor Dr. Dr. Eugen Wendler sein Buch »Erich Laun. Mit dem Zeichenstift auf Motivsuche in Reutlingen und seinem Beritt« über den bekannten Eninger Künstler vorstellte. Mit meditativen Melodien schuf Jan Henning auf der Bassgitarre die musikalische Umrahmung.
Gemeinderat Albrecht Andres, Inhaber der Buchhandlung Litera, begrüßte die Gäste stellvertretend für Bürgermeister Eric Sindek. Professor Wendler, ehemaliger Reutlinger Hochschuldozent, sei vor allem durch seine umfangreichen Forschungsarbeiten und Veröffentlichungen zu Friedrich List bekannt geworden. Doch er widme sich immer wieder Herzensangelegenheiten wie dem Werk des Zeichners Paul Jauch und jetzt Erich Launs. Sehr erfolgreich sei vor Jahren bereits die »Lesezeichen«-Ausstellung über Laun in der Buchhandlung verlaufen. 2009 gab es auch eine Laun-Ausstellung im Paul-Jauch-Haus. 2017 ist Erich Laun verstorben.
Andres dankte Wendler für das »Geschenk des neuen Buches«, der Witwe des Künstlers, Hildegard Kübler-Laun, für die Begleitung, Fritz Keppler aus Pfullingen für das Layout, Büchereileiterin Karin Bähr und Kulturmanagerin Ramona Mathes, die die Drucklegung begleitet und den Event organisiert hatte.
Das Buch hätte schon 2023 vorgestellt werden sollen, doch da, so Wendler, habe er mit Corona zu kämpfen gehabt. Sehr erfreut sei er, dass so viele gekommen seien.
Laun, im Oktober 1936 unehelich in Bad Sachsa geboren, habe es anfangs nicht leicht gehabt. »Die Mutter brachte ihn in ein Kinderheim, von wo aus ihn Pflegeeltern nach Thüringen holten.« Die »Rabeneltern« hätten ihn ausgebeutet, Spielzeug habe es nicht gegeben. Das könne mit ein Grund dafür gewesen sein, dass Laun später gern kleine Figuren geschaffen habe.
Nach einer Lehre als Maschinenschlosser sei Laun schließlich in den Westen nach Eningen gelangt und habe geheiratet. Aus der Ehe, die später getrennt wurde, seien fünf Kinder hervorgegangen. Zunehmend habe Laun sich künstlerisch entfalten wollen. Er belegte Kurse, bei denen er auch seine spätere Frau Hildegard Kübler kennenlernte, die ihn sehr unterstützte. »Eningen war damals eine kleine Künstlerkolonie mit Heinrich Pfingsten oder Gudrun Krüger und dem herausragenden HAP Grieshaber«, betonte Wendler.
Ein Grund dafür sei sicher auch die zauberhafte Lage gewesen. Als leidenschaftlicher Wanderer durchstreifte Laun - den Wendler mit vielen Adjektiven wie »großmütig«, »zurückhaltend« oder »menschenfreundlich« beschrieb - die Region. Der altertümliche Begriff »Beritt« des Buchtitels, der sich darauf bezieht, wieweit jemand an einem Tag auf seinem Pferd gelangen könne, meine Eningen und sein Umland bis nach Tübingen, Rübgarten und Hohenzollern. Dort überall entstanden Launs Zeichnungen. Bekannt geworden sei er zudem durch seine fröhlich-schelmischen Zeichnungen von Nikoläusen und Osterhasen, die hundertfach als Postkarten verkauft wurden.
Als das Buch entstand, habe es kein Werkverzeichnis gegeben, kaum Aquarelle und auch nur wenige originale Zeichnungen. »Der Nachlass war nicht geordnet, es war nicht einfach«, so Wendler. Fritz Keppler habe es geschafft, die Kopien auf vergilbtem Papier zu neuem Leben zu erwecken. Die Zeichnungen mit Landschaften, aber auch mit historischen Gebäuden, Stadtansichten wie »Klein Venedig«, mit Ateliers seiner Künstlerkollegen wie Uli Huber, mit dem Heimatmuseum Betzingen, Schloss Lichtenstein, der Bursagasse in Tübingen oder Schloss Bebenhausen führten die Betrachter oft auf regelrecht auf eine Zeitreise.
Auch Hildegard Kübler-Laun freute sich über die große Resonanz und dankte allen, die zum Gelingen des Buches beigetragen hatten. (GEA)