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Pfullinger Kirchenglocken sollen im Notfall warnen

Pfullingens Feuerwehrkommandant Dietmar Rall spricht darüber, warum im Katastrophenfall demnächst in der Echazstadt alle Kirchenglocken dreißig Minuten Sturm läuten könnten.

Der Turm der Martinskirche in Pfullingen.
Der Turm der Martinskirche in Pfullingen. Foto: Berya Yildiz Inci
Der Turm der Martinskirche in Pfullingen.
Foto: Berya Yildiz Inci

PFULLINGEN. »Da wird schon nichts passieren.« Diesen Satz hört Pfullingens Feuerwehrkommandant Dietmar Rall nicht gerne. »Was kann denn passieren?« Das ist für den erfahrenen Feuerwehrmann die richtige Frage, die sich vor allem die Bürger stellen sollten, die für den Ernstfall gewappnet sein wollen. Und das sollten sie. Daran lässt Rall keinen Zweifel. Auch mit Blick auf die älter werdende Gesellschaft. Denn es sei immer besser, wenn man sich selbst retten könne und sich nicht darauf verlassen müsse, dass andere kommen, um einem zu helfen.

Die Pfullinger Feuerwehr macht einen guten Job. Jüngstes Beispiel ist der Tiefgaragenbrand in der Hermannstraße. Schon nach kurzer Zeit waren die Pfullinger Helfer Herr der Lage. So wie bei den vergangenen Brandeinsätzen auch. »Uns ist es immer gelungen, den Brand so zu halten, wie wir ihn angetroffen haben«, erklärt der Kommandant. Das heißt: Ein Ausbreiten der Flammen, ein Übergreifen auf andere Gebäudeteile konnte die Feuerwehr verhindern. Oberstes Ziel für die Retter ist es dabei stets, die Menschen in Sicherheit zu bringen. Und die können ihrerseits viel dazu beitragen, den Ernstfall »zumindest körperlich unversehrt zu überstehen«.

Platz für die Einsatzwagen

Das fängt für Rall schon damit an, dass die Rettungswege nicht zugestellt sind, die Einsatzwagen ungehindert anfahren können. Dazu gehört, dass in den Straßen genügend Platz ist, damit die Feuerwehr durchkommt: 3,05 Meter der Fahrbahn müssen neben den parkenden Autos frei sein. »Ich fahre doch weg, wenn ihr kommt«, hört Rall oft, wenn die Feuerwehr diese Regel bei den Anliegern anmahnt. Dass das Zeit koste, die der Mensch in der brennenden Wohnung aber nicht habe, werde dabei nicht bedacht.

Gerade ältere Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, sollten schon in ihrer Wohnung darauf achten, dass der Weg zur Tür nicht mit Stolperfallen gepflastert ist. Ebenso der Hausgang: Schubkästen, Fahrräder, Kinderwagen haben dort nichts zu suchen. Wichtig sei es auch, die Brandlasten in den Häusern so gering wie möglich zu halten, erklärt Rall. Bevor man etwas auf der Bühne verstaut, sollte man genau überlegen, ob man die Dinge wirklich noch braucht oder letztlich dort nur endlagert. Die Elektrogeräte im Haus in Ordnung zu halten und Handys nicht unbeaufsichtigt zu laden, gehört für den Feuerwehrkommandant ebenfalls zu den Vorsichtsmaßnahmen. Rauchmelder - »am besten in so gut wie jedem Raum« - sind für Rall ein Muss.

Brandschutz rettet Leben

In den vergangenen Jahren hat die Kritik an den Brandschutzvorschriften, etwa bei Neubauten, zugenommen. »Uns ist es klar, dass Pfullingen Wohnraum braucht«, sagt Rall. Deshalb suche die Feuerwehr immer gemeinsam mit den Bauherren nach praktikablen Lösungen - etwa beim zweiten Rettungsweg. Letztlich dienten die Vorschriften aber dem Ziel, dass die Menschen sich selbst oder mit Unterstützung der Nachbarn retten können, sie sich in einem - etwa durch Brandschutztüren - zumindest zeitweise geschützten Bereich aufhalten können, die Feuerwehr wirksam eingreifen kann. Oder einfacher gesagt: »Die retten Leben«, wie Rall es unmissverständlich ausdrückt.

Pfullingens Feuerwehrkommandant Dietmar Rall in der Fahrzeughalle.
Pfullingens Feuerwehrkommandant Dietmar Rall in der Fahrzeughalle. Foto: Sautter
Pfullingens Feuerwehrkommandant Dietmar Rall in der Fahrzeughalle.
Foto: Sautter

Gleichwohl bemerkt Rall, dass in den vergangenen Jahren die Akzeptanz für die Feuerwehr gestiegen ist. Das liege auch an den zahlreichen Unwetterereignissen. Viele Menschen in der Stadt brauchten dabei die Hilfe des Teams von Rall. Das schlägt sich in den Sozialen Medien nieder. So hat die Pfullinger Feuerwehr inzwischen über 6.000 Follower auf Instagram: Für Rall ein wichtiger Kanal für die Öffentlichkeitsarbeit und um Tipps an die Frau und den Mann zu bringen.

Digitale Steuergeräte für Glocken

Apropos informieren. Der erste bundesweite Warntag 2020 hatte es deutlich gemacht: Vielen Kommunen fehlen geeignete Instrumente, um ihre Bürger im Katastrophenfall zu warnen. In der Zwischenzeit hat die Feuerwehr drei mobile Sirenen angeschafft und tüftelt mit der Stadt an einem weiteren Plan, die Bürger im Notfall aus den Betten zu holen. Der ist zugegebenermaßen nicht neu. In absehbarer Zukunft kann die Feuerwehr die Glocken aller Kirchen in der Stadt läuten lassen. Sturmläuten nannte man das früher. Sobald die digitalen Steuergeräte geliefert und installiert sind, sollen die Glocken im Katastrophenfall 30 Minuten lang läuten und so die Bürger auffordern, sich über Radio oder das Handy weiter zu informieren.

Das ist nur ein Ergebnis der Arbeit des Stabs für außergewöhnliche Ereignisse der Stadt, dem im Zuge der häufiger wiederkehrenden Unwetterereignisse, aber auch der zunehmenden Spannungen in Europa eine immer größere Bedeutung zukommt. »Es läuft viel in Sachen Katastrophenschutz in Pfullingen«, erklärt Rall. Unter anderen hat die Feuerwehr einen Notfalltreffpunkt in der Schloss-Schule eingerichtet, um Menschen bei einem länger anhaltenden Stromausfall etwa die Möglichkeit zu bieten, das Handy aufzuladen oder sich aufzuwärmen. Als Wärmequelle dient die nahe Holzhackschnitzelheizanlage. Auch ein kleines Katastrophenlager hat die Feuerwehr eingerichtet, um im Notfall rund 100 Menschen innerhalb von zwei bis drei Stunden in der Schönberghalle unterzubringen.

Immer vor der Lage

»Wir wollen vor der Lage sein«, sagt Rall. Seit 47 Jahren ist der 62-Jährige bei der Feuerwehr. Seit rund zehn Jahren ist der hauptamtliche Kommandant verantwortlich für rund 150 Feuerwehrmitglieder, davon sind 94 im aktiven Dienst, und für 16 Fahrzeuge. Die Pfullinger können sich sicher fühlen, sagt Rall, weil die Verwaltung und die Stadt vorbereitet sind. (GEA)

Schnelles Handeln ist bei Brandeinsätzen gefragt.
Schnelles Handeln ist bei Brandeinsätzen gefragt. Foto: Feuerwehr
Schnelles Handeln ist bei Brandeinsätzen gefragt.
Foto: Feuerwehr