PFULLINGEN. Im vergangenen Herbst hatte sich ein GEA-Leser mit einer Beschwerde über das Läuten der Martinskirche auf dem Pfullinger Marktplatz in der Redaktion gemeldet: Sie seien zu laut und würden ihm nachts den Schlaf rauben. Er hatte damals auch an die evangelische Kirchengemeinde geschrieben und wurde von ihr daraufhin zu einem Gespräch eingeladen. Danach entschied sich die Kirchengemeinde dazu, ein neues Lärmgutachten anfertigen zu lassen, sagte damals Pfarrer Benjamin Lindner auf GEA-Nachfrage. Dessen Ergebnisse liegen nun vor und bestätigen: Die Kirchenglocken der Martinskirche sind nachts zu laut.
»Die Glocken überschreiten klar den gesetzlichen Grenzwert, der für die Nacht gilt«, erklärt Pfarrer Lindner. Jetzt sollen die Kirchenglocken ab 22 Uhr still sein und erst wieder zum Morgenläuten um 7 Uhr in Betrieb genommen werden. Das hat der Kirchengemeinderat mehrheitlich entschieden. »In der Zwischenzeit sind die Glocken komplett still.« Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, einen Nachtmotor für jede einzelne Glocke einzubauen, der diese dann leiser macht. »Da sind wir aber wieder von abgekommen, weil so ein Motor um die 10.000 Euro kostet.« Bei vier Glocken wäre das eine enorme Summe. Selbst, wenn nur zwei einen bekommen würden.
Im vergangenen Gutachten alle Richtwerte eingehalten
Der gesetzliche Lärm-Grenzwert liegt bei einer Kirchenglocke in der Nacht bei 65 Dezibel für das Stundenläuten, erklärt Pfarrer Lindner. »Der Wert gilt für das Kerngebiet, im Wohngebiet ist dieser natürlich geringer.« Im Gutachten von 2002 seien noch alle Richtwerte eingehalten worden. »Eigentlich sind die Gutachten lange gültig, aber wir wissen selbst nicht, ob sich mit der Zeit doch etwas an der Lautstärke ändern kann«, hatte Lindner im GEA-Gespräch im vergangenen Oktober gesagt.
Damals wie auch heute findet die Pfullinger Kirchengemeinde keine genaue Erklärung dafür, warum der Wert nun deutlich überschritten wurde. Hat es etwas mit dem renovierten Kirchturm zu tun? Mit den fehlenden Bäumen auf dem Marktplatz? Solche und ähnliche Überlegungen stünden im Raum.
Sturmläuten im Katastrophenfall funktioniert trotzdem
Und wie funktioniert das dann mit dem geplanten Sturmläuten in der Nacht? Geschieht in Pfullingen eine Katastrophe, läuten alle Kirchenglocken für 30 Minuten Sturm, um die Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen. Wenn jetzt aber in der Martinskirche nachts die Glocken ausgeschaltet sind, klappt das dann? »Das ist kein Problem«, sagt Pfarrer Lindner. »Die Glocken werden in dem Fall von der Feuerwehr gesteuert, da haben wir nichts mit zu tun.« (GEA)