LICHTENSTEIN-UNTERHAUSEN. Der Maler und Grafiker Eberhard Löbel wurde 1938 in Greifenhagen, südlich von Stettin (heute Polen), geboren. Aktuell zeigt der freischaffende Künstler, dessen Werke in den Museen in Leipzig, Frankfurt/Oder, Weimar und Halle und bedeutenden Kunstsammlungen zu sehen sind, in der Ausstellung »Bilder aus meinem Leben« eine Auswahl von 36 Werken in Öl und Acryl im Rathaus Unterhausen. Hier lebt Eberhard Löbel mit seiner Ehefrau Karin Niebergall, die zusammen mit ihrer Tochter Anja Just am Dienstag bei der Vernissage anwesend war.
Bürgermeister Peter Nußbaum bezeichnet Löbel als »Künstler mit hoher und unstreitiger Reputation«. Bei der 2017 in Potsdam von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffneten Ausstellung »Hinter der Maske – Künstler in der DDR« sei Löbel als ausstellender Maler ausdrücklich gewürdigt worden. Seine Themen, zum Beispiel zu den Auswirkungen des DDR-Regimes, spiegelten eine »Botschaft von beklemmender Aktualität«, betonte Nußbaum. Ihm sei es aber auch wichtig, der Kunst Raum zu geben und die Bilder im Rathaus jedem zugänglich zu machen.
Ihr Vater habe schon als Kind seine Leidenschaft für die Malerei entwickelt, berichtete Anja Just. Löbel studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig freie Grafik und Malerei bei Professor Heisig. 1982 bis 1991 habe er an der Hochschule selbst einen Lehrauftrag gehabt. Er war von 1966 bis 1990 Mitglied des Verbandes Bildender Künstler der DDR. Auch Michael Triegel, Maler des Porträts von Papst Benedikt XVI., zählte zu den Schülern seines Zeichenzirkels.
Im Zweiten Weltkrieg musste Löbels Familie auf die Insel Rügen flüchten. »Mit dem Boot auf der Ostsee – das war gefährlich«, so Karin Niebergall. Doch zum Meer habe ihr Mann eine enge Beziehung entwickelt. In seinen Bilder stellt er es in seiner wilden Schönheit dar, faszinierend und beängstigend zugleich. Die Menschen in Booten trotzen den Elementen. Die Ostsee trägt auch das »Narrenschiff«, inspiriert von einer mittelalterlichen Moralsatire. Ihr Mann, erläuterte die Ehefrau, sei ein kritischer, eigenständiger Denker, durchschaue Menschen, Gesellschaft und politische Verhältnisse bis auf den Grund und habe nie Scheu gehabt, seine Meinung zu vertreten. Dies sei unter dem DDR-Regime nicht unproblematisch gewesen.
»Die Festnahme« zeigt Löbel als Gefangenen. Menschen, mit Hüten und Pappnasen lächerlich gemacht und sich hinter Masken versteckend, haben ihn gepackt und zeigen verurteilend auf ihn. Im Bild »Die Strippenzieher« mit einem wütenden Hund im Vordergrund stecken ebenfalls Maskierte die Köpfe tuschelnd zusammen. Hinter Löbels Bildern, gemalt aus seinen Gedanken heraus und jedes für sich eine Geschichte erzählend, stecken Lebenserfahrung und eine individuelle Weltsicht.
Häufig sind auch antike Skulpturen dargestellt, ästhetisch und perfekt, selbst wenn sie nur noch rudimentär bestehen. »Prometheus I« setzt ein antikes Motiv um: Der Held auf einem Schimmel hat den Göttern das Feuer gestohlen und bringt es zu den Menschen. Lebenslange Pein erwartet ihn als Strafe. Nach eigenen Vorstellungen verbildlicht ist auch die mythologische Gorgo mit Schlangenhaaren: Ihr Blick lässt alles Leben versteinern. Sie selbst strahlt auch mit geschlossenen Augen Macht und völlige Ungerührtheit aus. In realistisch-gegenständlicher Malerei und reinen Farbflächen, oft an den Stil der Neuen Sachlichkeit angelehnt, sind die Bilder ebenso klar wie ihre Aussage.
Übermut, Hybris sind ebenfalls Themen des Künstlers. Doch immer fliegt da ein kleiner Ikarus. Als Warnung, dass man leicht abstürzen kann, wenn man der Sonne zu nahe kommt. Löbel hat eine ganz eigenständige Ikonografie entwickelt, eine Bildersprache, die sich erschließt, wenn man sich den Darstellungen öffnet.
Zu seinem umfassenden Oeuvre gehören auch Grafiken, Buchillustrationen und Wandbilder, doch werden in Unterhausen Gemälde gezeigt, die den Betrachter in ihrer Ästhetik, ihrem meisterhaften Umgang mit Form, Farbe und Komposition sowie ihrer oft drastischen Botschaft in ihren Bann ziehen.
Die Ausstellung im Rathaus in Unterhausen ist bis zum 21. Februar 2025 zu sehen. (GEA)