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Mit der »Muschel« hat Eningen ein weiteres Werk des Bildhauers Eduard Raach-Döttinger

Am Freitag wurde die Plastik »Muschel« auf dem E-Punkt vor dem Rathaus eingeweiht. Ulrike und Jochen Franz, Kinder der verstorbenen Künstlerin Hilde Franz, überlassen sie Eningen als Dauerleihgabe.

MarEl Schaefer und Jochen Franz tauschten sich im öffentlichen Dialog über die »Muschel« aus, die für zehn Monate auf dem E-Punk
MarEl Schaefer und Jochen Franz tauschten sich im öffentlichen Dialog über die »Muschel« aus, die für zehn Monate auf dem E-Punkt steht. Ulrike Franz war bei dem Termin leider verhindert. Foto: Gabriele Böhm
MarEl Schaefer und Jochen Franz tauschten sich im öffentlichen Dialog über die »Muschel« aus, die für zehn Monate auf dem E-Punkt steht. Ulrike Franz war bei dem Termin leider verhindert.
Foto: Gabriele Böhm

ENINGEN. Eningen ist um eine Eduard Raach-Döttinger-Skulptur reicher. Ulrike und Jochen Franz übergaben der Kommune als Dauerleihgabe aus dem Nachlass ihrer Mutter, der Künstlerin Hilde Franz aus Sondelfingen, die »Muschel« von 1974. Die Plastik ist für die kommenden zehn Monate auf dem E-Punkt zu bewundern.

Die Vernissage fand am Freitagabend mit großer Resonanz statt. Bürgermeister Eric Sindek begrüßte die Gäste, darunter zahlreiche Mitglieder des Fördervereins Eninger Kunstwege. Er dankte Maria Sting, die anlässlich des Verkaufs des Franz-Anwesens auf die Skulptur aufmerksam gemacht hatte. »Glücklicherweise waren auch Ulrike und Jochen Franz der Meinung, die Plastik sollte wieder nach Eningen zurück.« Hier reihe sie sich jetzt in die Raach-Döttinger-Werke wie den Bärenbrunnen, den Mädchenakt im Pfarrgarten oder den Eninger Krämer ein.

Aufgerauter Pfeiler, glatte Muschel

Die Skulptur »Muschel« aus Marmor thront auf einem Pfeiler, dessen Oberfläche der Künstler mit dem Meißel aufraute. Dies korrespondiert mit seiner Vorliebe für den spröden Muschelkalk der Alb. Dagegen ist die Muschel selbst glatter gearbeitet und leicht genarbt, ebenso wie ihre Basis, auf dem der Künstler seine Initialen »ERD« hinterlassen hat.

Das Kulturamt, sagte Sindek, habe nun zehn Monate Zeit, sich zu überlegen, wo die Skulptur endgültig aufgestellt werden solle. Aufgrund des eher kleinen Formats komme wohl am ehesten ein Innenraum in Betracht. Bekannt sei die Vorliebe des Künstlers für reduzierte archaische Formen. »Dabei weigerte er sich, seine Kunstwerke zu erklären. Der Betrachter soll sie sich selbst erschließen.« Es bleibe also jedem selbst überlassen, ob er eine Muschel, eine entspannte Dame oder Details der weiblichen Anatomie sehen wolle. Sindek dankte der Familie Franz für die Überlassung der Skulptur.

Symbolkräftiges Motiv

Die Muschel, erläuterte die zweite Vorsitzende der Eninger Kunstwege MarEl Schaefer, sei immer ein beliebtes Motiv der Kunst gewesen. In der antiken Mythologie entsprang die römische Liebesgöttin Venus einer Muschel, die allgemein als Glücksbringer und Symbol für Stärke, Leben und Schutz angesehen wurde. Auch der Jakobsweg verwende die Muschel als Zeichen.

Jochen Franz erzählte von seiner Kinderzeit, als er zusammen mit seiner Mutter Hilde Franz, die in den 1970er-Jahren mit Raach-Döttinger das »Maler-Kollegium Reutlingen« gegründet habe, das Atelier des Eninger Künstlers besuchte. »Die Steine, die vielen Werkzeuge, das hat mich sehr beeindruckt.« Sehr gefreut habe man sich, als Hilde Franz die »Muschel« bekam. Im Atelier, Ort vieler kultureller Veranstaltungen, sei die Skulptur ein zentraler Bestandteil gewesen. »Beide Künstler waren sehr aktiv«, so Schaefer. »Sie beobachteten genau und stellten das Wesenhafte der Natur dar.« So habe man beispielsweise den Eindruck, in das flauschige Fell des Bären auf der Brunnenbekrönung regelrecht hineingreifen zu können. Schaefer dankte auch dem Bauhof, der die Muschel auf dem E-Punkt aufgestellt habe. Demnächst sollen im »Gesundhaus« Bilder von Hilde Franz und Kleinplastiken von Raach-Döttinger gezeigt werden.

Eduard Raach-Döttinger (1919-1991), so heißt es im Flyer »KunstRäume Open-Air«, stammte aus einer Familie von Steinmetzen und studierte an der Akademie der bildenden Künste in Stuttgart. Sein dortiger Lehrer Otto Baum galt zusammen mit Willi Baumeister als einer der fortschrittlichsten Vertreter der modernen Kunst. Raach-Döttinger, der 1954 nach Eningen zog, wo er bis zu seinem Tod als freischaffender Künstler arbeitete, hatte sein Atelier in der Robert-Koch-Straße 6 in Eningen. Zu seinem Werk gehören 40 Ehrenmale für Gefallene, 24 Brunnen sowie zahlreiche Freiplastiken im öffentlichen Raum. (GEA)