ENINGEN. »Ich würde nie einen Fuß in eine Kirche setzen. Aber ein Kirchenzelt – das gefällt mir!« Solche und ähnliche Sätze bekommen Martin Weber und Michael Möck häufiger zu hören. Das Duo stellte auf einem Informationsabend im Eninger Gemeindehaus das Projekt der Zeltkirche vor. Pfarrer Johannes Eißler begrüßte rund 30 Gäste, darunter viele Vertreterinnen und Vertreter christlicher Gemeinden. Sie machten sich im Anschluss an die Projektvorstellung Gedanken darüber, ob ein »Kirchenzeltfestival« in der Art eines »Kleinen Kirchentags« auch etwas für Eningen sein könnte.
Martin Weber aus Kirchberg an der Murr, ehemals Gemeindepfarrer, hat heute eine Sonderpfarrstelle beim Zentrum für Gemeindeentwicklung und missionale Kirche (GEM). Dazu gehört die »Zeltkirche«, bei der in teilnehmenden Kirchengemeinden für zwei Wochen ein Zelt aufgestellt wird, das 600 Personen fasst und zu dem auch weitere Einrichtungen wie eine kleine Kapelle, ein Büchertisch oder Sportgeräte wie etwa ein Menschenkicker gehören. »Nach dem Motto 'Ein Highlight jagt das nächste' können im Zelt Gottesdienste, Andachten, Kinderbibeltage, Jugendtreffs, Frauen- und Männertage, aber auch ein gemeinsames Weißwurstfrühstück oder eine Weinprobe stattfinden«, erläuterte Weber.
Örtliche Vereine mitmachen
Wichtig sei, dass die örtlichen Vereine, Musiker, Schulen, Feuerwehr oder DRK mitmachten, Aktionen veranstalteten und die Gelegenheit nutzten, sich und ihre Aktivitäten zu präsentieren. »Die Zeltkirche soll für zwei Wochen zum Ortstreffpunkt werden.« Basis sei Gastfreundschaft, die sich unter anderem darin zeige, dass gratis Essen angeboten werden soll. »Gemeinsame Mahlzeiten verbinden«, weiß Weber. Viele Gäste kämen zunächst aus Neugier, seien dann aber begeistert, Kirche einmal auf eine völlig neue Art zu erleben. »Die Atmosphäre ist eine andere als bei konventionellen Gottesdiensten. Viele empfinden ein Zelt als weniger streng und leichter zugänglich.«
In Reutlingen, Öschingen, Würtingen, Hülben oder Kohlstetten war bereits eine Zeltkirche aufgebaut, mit rund 8.000 bis 9.000 Besuchern. »Wir feiern zwei Wochen ein großes Fest und laden ein zu Gemeinschaft, aber auch zum Glauben.« Dadurch könnten nicht nur im Ort neue Kontakte wachsen, auch innerhalb der Kirchengemeinden könne man sich besser kennenlernen. »Wer Christ ist, hat Glaubenserlebnisse. Die Zeltkirche möchte geistliche Prozesse anregen und für Menschen eine geistige Heimat schaffen.« Es sei eine ökumenische Veranstaltung. Man wolle kein »Strohfeuer« entzünden, sondern langfristige Entwicklungen und Verbindungen anstoßen. Unter anderem könne ein solches Fest auch Impulse für fusionierende Kirchengemeinden geben.
Zahlreiche Mitstreiter benötigt
Michael Möck aus Hülben, ehemaliger Jugendreferent und Diakon der Evangelischen Landeskirche Württemberg, ist als »Zeltmeister« für das Equipment zuständig. Um so ein Fest auf die Beine zu stellen, brauche man eine Vorlaufzeit von einem bis anderthalb Jahren und rund 100 bis 150 Mitstreiter mit einem Kernteam von zehn bis 15 Personen. Hinsichtlich des Standorts hatte Pfarrer Eißler, der 2005 bis 2013 selbst mit der Zeltkirche unterwegs war, schon bei der Kommune vorgefühlt. »Der Platz unterhalb der HAP-Grieshaber-Halle würde zur Verfügung stehen.« Vorstellbar sei die Zeltkirche in den Sommermonaten 2027.
In der anschließenden Fragerunde war die Resonanz durchweg positiv, jedoch wurde gesagt, es müssten eben viele mitziehen. Spenden, Zuschüsse und Sponsoring müssten eruiert werden, denn die zwei Wochen schlügen, so Weber, mit rund 50.000 Euro oder mehr zu Buche. »Jedoch ergibt sich für fast alle Kirchengemeinden am Ende ein Plus.« Die Gäste versprachen sich von der Zeltkirche neue oder intensivierte Kontakte und beispielsweise Impulse für die Jugendarbeit. »Warum sollen wir's nicht probieren?«, resümierte eine Dame. Jetzt soll über das Vorhaben in einzelnen Gremien weiter beraten werden. (GEA)