LICHTENSTEIN-UNTERHAUSEN. »Es ist meine zweite Heimat«, sagt Wolfgang Henzler über Nepal, das Land am Himalaya zwischen Indien und Tibet. Seit 32 Jahren ist der 72-Jährige in Nepal unterwegs und gründete mit Freunden vor 25 Jahren in Lichtenstein die Hilfsorganisation Mountain Spirit zur Unterstützung der Menschen im Land. Rund 250 Mitglieder hat die rein spendenfinanzierte Initiative aktuell. Was Henzler immer wieder beeindruckt, ist die Freundlichkeit und Gelassenheit im »Lächelnden Land«, auch wenn vieles improvisiert werden muss.
Henzler, gelernter Fernmeldetechniker, hängte mit 55 Jahren seinen Job an den Nagel und wurde Reiseleiter in Nepal, Tibet, China, Kirgistan, Usbekistan und Tansania. »Schon mit 18 Jahren bin ich viel gereist«, berichtet er. Früh hatte ihm sein Vater Bücher über ferne Länder geschenkt und ihn fürs Reisen interessiert. »Auch mit meiner Frau bin ich viel im Wohnmobil unterwegs. Wir waren auch begeisterte Bergsteiger.«
Über 70 Mal in Nepal
Nepal habe er entdeckt, als ihn ein Freund zu einer Tour auf den Everest überredete. »Das krempelte mein Leben um«, sagt Henzler. Inzwischen ist er über 70 Mal in Nepal gewesen. »Dort gibt es über 120 verschiedene Volksgruppen. Ihre Bezeichnung Sherpa, Lama, Gurung oder Limbu bildet den jeweiligen Nachnamen.« Die Stämme sehen sich als ein gemeinsames Volk, haben jedoch trotzdem oft ihre eigene Kultur und Sprache beibehalten. »Man denkt oft an ein kleines Land, aber es ist in Wirklichkeit größer als die Schweiz und Österreich zusammen.« Die Mehrheit gehört dem Hinduismus und Buddhismus an, der Staat ist aktuell demokratisch aufgebaut.
Es gibt viele verheerende Naturkatastrophen, Erdbeben und den jährlichen Monsun mit schweren Erdrutschen und Überschwemmungen, erzählt Henzler. Es gibt viele Tote und die mühsam aufgebauten Infrastrukturen wie Straßen, Dörfer, Schulen und Krankenstationen werden wieder zerstört. Oft werden Kinder zu Waisen. Die Menschen stehen dann vor dem Nichts und hoffen auf Unterstützung.
Türöffner für fremde Kultur
Regelrecht zum Türöffner für die fremde Kultur wurde Henzlers Freund Ngima Dawa Sherpa, der umgekehrt auch oft in Unterhausen im Urlaub war, überall bekannt, und der perfekt Schwäbisch sprach. »Er wurde mein Bruder. Seine Familie war auch meine Familie«, erinnert sich Henzler. Ngima war 1996 Mitbegründer von Mountain Spirit in Nepal. In Deutschland wurde die Hilfsorganisation1999 ins Leben gerufen. Leider sei der Freund 2014 verstorben, doch Mountain Spirit Deutschland habe zu diesem Zeitpunkt bereits Fuß gefasst.
»Wir kooperieren mit verschiedenen Partnervereinen. Seit 2015 arbeiten wir mit unserem Partner Mountain Spirit Foundation mit großem Engagement in den unterschiedlichsten Bereichen der Projektarbeit in Nepal«, erläutert Henzler. Alle Ideen würden zusammen mit der Bevölkerung entwickelt und umgesetzt. »Unser Prinzip ist `Hilfe zur Selbsthilfe´und vor allem auch Nachhaltigkeit.« Dank der Mitglieder, Unterstützer und Sponsoren konnte unter anderem für über 600 Kinder eine bessere Schulausbildung gesichert werden.
Kein Rentensystem in Nepal
Da es in Nepal kein Rentensystem gibt und die Kinder später ihre Eltern versorgen müssten, täten diese sehr viel für eine gute Bildung. »Doch die staatlichen Schulen sind sehr einfach. Wer es sich leisten kann, wählt die Privatschule.« Der Lichtensteiner Verein habe mittlerweile Kontakt zu 42 Schulen, darunter auch Klosterschulen. In manchen entlegenen Regionen sei allerdings noch der Analphabetismus verbreitet. Um zu helfen, wurden aus Deutschland unter anderem Laptops mit kindgerechten Lernprogrammen an Schulen übergeben. Genauso wichtig seien aber auch die 5.000 gespendeten Funktionsjacken gegen die Kälte auf dem Schulweg.
Insbesondere setzt sich Mountain Spirit für die Schulbildung von Mädchen ein. Phuti Sherpa ermöglichte dies, auch zu studieren. »Sie arbeitet heute als Projektkoordinatorin für die Organisation und leistet hervorragende, vertrauensvolle Arbeit.« Mountain Spirit Deutschland investiert aber auch in Gesundheit, Soziales, Prävention und Umwelt. Problematisch sei vor allem, dass es zwar sehr viele bestens ausgebildete junge Leute gebe, jedoch die Arbeitsplätze im Land kaum Möglichkeiten böten.
PV-Anlage aufgebaut
Indessen schreitet in Nepal die Technisierung und Digitalisierung immer weiter voran. »Wir haben schon im Jahr 2007 gespendete Photovoltaikanlagen aufgebaut«, sagt Henzler. »Nepal hat einen Quantensprung vollzogen.« TV, Internet und Handy setzten sich auch auf dem Land immer weiter durch. Auch der Ausbau der medizinischen Versorgung entwickele sich stetig, zum Teil durch staatliche und ausländische Unterstützung. In den abgelegenen Regionen sei man aber noch weit von unserem Standard entfernt. Dazu gehöre auch der Straßenbau, denn noch würde so mancher von Angehörigen über Stock und Stein zur nächsten Krankenstation getragen.
Deutlich sei, dass das Land vorankommen wolle und man sich hier einbringen könne. »Dabei kann man sich ruhig die Gelassenheit der Nepalesen zum Vorbild nehmen«, betont Henzler. »Alles, was wir sonst mit Hauruck angehen, wird dort vor allem mit positiven Gedanken begleitet. Und das klappt immer genauso gut.« Aktuell war Wolfgang Henzler vier Wochen unterwegs, um verschiedene Projekte erfolgreich voranzubringen. (GEA)