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Kulturhaus Klosterkirche in Pfullingen zeigt Leben des Widerstandskämpfers Georg Elser

Im Kulturhaus Klosterkirche Pfullingen zeichnete eine Gruppe aus Königsbronn das Schicksal des Widerstandskämpfers Georg Elser nach.

Vor dem Porträtfoto des durch Folter schwer gezeichneten Georg Elser rekonstruierten Engelbert Frey (links) und Klaus-Peter Preu
Vor dem Porträtfoto des durch Folter schwer gezeichneten Georg Elser rekonstruierten Engelbert Frey (links) und Klaus-Peter Preußger das Schicksal des Widerstandskämpfers. Foto: Gabriele Böhm
Vor dem Porträtfoto des durch Folter schwer gezeichneten Georg Elser rekonstruierten Engelbert Frey (links) und Klaus-Peter Preußger das Schicksal des Widerstandskämpfers.
Foto: Gabriele Böhm

PFULLINGEN. »Was machsch, Schorsch?« Das Lied, in erster Linie gemeint als Frage des Widerstandskämpfers Georg Elser an sich selbst, zog sich am Freitag als Roter Faden durch die ikuh-Veranstaltung im voll besetzten Kulturhaus Klosterkirche. Elser, der am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller ein Sprengstoffattentat auf Adolf Hitler und die nationalsozialistische Führungsspitze verübte, wurde vor 80 Jahren im KZ-Dachau hingerichtet. Klaus-Peter Preußger, Engelbert Frey und Joachim Ziller von der Georg-Elser-Gedenkstätte seiner Heimatstadt Königsbronn trugen eine Collage aus dem damaligen Verhörprotokoll und Widerstandsliedern vor. Frey übernahm auch den Gesangspart bei der begleitenden Band freywolf mit Martin Sandel (Saxophon) und Hartmut Schmitt-Wolf (Gitarre).

Lange Zeit war sich die Öffentlichkeit nicht im Klaren, wes Geistes Kind Georg Elser war. »Bei uns an der Schule wurde nie über ihn gesprochen«, sagte Gaby Frey-Bantle, Schwester von Sänger Engelbert Frey, die auch das Publikum im Namen von ikuh begrüßt hatte. Erst das 1964 entdeckte Berliner Verhörprotokoll vom November 1939 setzte Person und Verdienst Georg Elsers in das richtige Licht. Heute sind zahlreiche Straßen (unter anderem auch in Reutlingen), öffentliche Gebäude und auch jene Schule in Königsbronn nach ihm benannt.

Der Rechtsstaat in kürzester Zeit durch die Diktatur ersetzt.

Noch bevor die Performance startete, liefen auf der Bühnenleinwand die Entwicklungen nach der nationalsozialistischen Machtergreifung im Januar 1933. In kürzester Zeit wurde der demokratische Rechtsstaat systematisch ausgeschaltet und durch eine Diktatur ersetzt. Bereits ab März 1933 wurden die ersten Konzentrationslager eingerichtet. Elser, 1903 als uneheliches Kind in Hermaringen geboren und durch die Heirat seiner Mutter nach Königsbronn gelangt, nahm die Entwicklungen deutlich war.

Der gelernte Tischler zog 1925 nach Konstanz, später nach Meersburg und 1932 wieder zurück nach Königsbronn, um seine Familie zu unterstützen. Ab 1936 arbeitete er in der Heidenheimer Firma Waldenmaier in der Materialeingangskontrolle. Privat sei er ein begabter Musiker gewesen, Autodidakt, und liebte besonders das Wiener Schrammelmusikstück »Ich trag im Herzen drin«. Er spielte es noch nach seiner Inhaftierung im KZ Dachau. Auch am Freitag wurde es vorgetragen, brach jedoch jedes Mal in bedrückenden Dissonanzen ab. Elser habe früh die Gefahr des Nationalsozialismus bemerkt und unter anderem den Hitlergruß verweigert.

Lebensbedingungen der Arbeiter verschlechtert

»Was passt Ihnen nicht am Großdeutschen Reich?«, fragte 1939 der Kriminalkommissar der Gestapo laut Verhörprotokoll. Elser, der zwar Mitglied im Roten Frontkämpferbund war - dem paramilitärischen Kampfverband der KPD - jedoch nie öffentlich agierte, entgegnete, die Lebensbedingungen der Arbeiter hätten sich verschlechtert und man sei durch die HJ nicht mehr »Herr der eigenen Kinder«. Nach der Sudetenkrise 1938 vermute er, Deutschland wolle sich weitere Länder aneignen. Daher habe er beschlossen, bei der NSDAP-Versammlung im Münchner Bürgerkeller die Führung Hitler, Göring und Goebbels zu beseitigen, in der Hoffnung, danach kämen gemäßigtere Politiker.

Hier gab es auf der Bühne einen Einblick in das Schicksal des jüdischen Ehepaars Ernst und Agathe Saulmann, das in Pfullingen auf dem Erlenhof lebte, und dem nach der Verfolgung durch die Nazi-Schergen »nichts blieb«, so Preußger. »S´brent, briederlekh, s´brent«, erklang dazu eines der bekanntesten Lieder des jüdischen Widerstands.

Attentat minutiös vorbereitet

Georg Elser hatte das Attentat minutiös vorbereitet, sich Sprengstoff und Zeitzünder besorgt, in nächtelanger Arbeit die Säule neben dem Rednerpult präpariert und seine Flucht in die Schweiz vorbereitet. Doch es kam anders als geplant. Zwar explodierte die Bombe, doch Hitler verließ das Gebäude 13 Minuten zu früh. Elser selbst wurde an der Schweizer Grenze verhaftet, die er illegal zu passieren versuchte. Bei ihm wurde belastendes Material gefunden. Mehrere Jahre verbrachte er in Einzelhaft, bevor er 1945 ohne Prozess im KZ Dachau erschossen wurde.

In der Aufführung erklang noch einmal das Lied »Was machsch, Schorsch?«, dieses Mal jedoch als Aufforderung an jeden Einzelnen, Stellung zu beziehen. Am Schluss begann der Beifall erst verhalten - das Publikum musste sich erst wieder fangen - dann aber minutenlang.