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Jazz-Härtetest live in der Pfullinger Neuen Mitte

Schlagzeuger Jan Hauf kehrte mit Quartett in seine Heimatstadt Pfullingen zurück. Seine Formation besteht aus Kommilitonen von der Mannheimer Musikakademie.

Das Jan Hauf Quartett plus Sängerin in der Pfullinger Neuen Mitte (von links): Philipp Schuhmacher, Maximilian Preis, Sina Ebner
Das Jan Hauf Quartett plus Sängerin in der Pfullinger Neuen Mitte (von links): Philipp Schuhmacher, Maximilian Preis, Sina Ebner, Jan Hauf und Jan Prax. Foto: Michael Sturm
Das Jan Hauf Quartett plus Sängerin in der Pfullinger Neuen Mitte (von links): Philipp Schuhmacher, Maximilian Preis, Sina Ebner, Jan Hauf und Jan Prax.
Foto: Michael Sturm

PFULLINGEN. Jan Haufs Konzert im vergangenen Jahr in der Pfullinger Neuen Mitte war bereits umjubelt. Am Freitag kehrte der 19 Jahre alte Schlagzeuger mit an zwei Positionen veränderter Besetzung zurück. Das Wetter hielt, die Band spielte hinreißend – das über 200 Köpfe starke Publikum war wieder verzückt. Maximilian Preis spielte den Kontrabass, zwei Wochen, ehe er für mehrere Monate nach Brasilien reist. Dort nimmt er an einem Austauschprogramm der Musikakademie Mannheim teil.

Den vom Tübinger Bechstein-Zentrum gestellten Flügel streichelte Philipp Schuhmacher mit Fingern. Das Bechstein-Zentrum hatte den An- und Abtransport organisiert - und Hauf etwas von der Leihsumme, die er nicht komplett zusammen bekommen hatte, erlassen. Schuhmacher dankte es spätestens mit seinem feurigen Solo in »Moments Notice«, dem Meisterwerk von John Coltrane. Ein Paradestück für Saxofonist Jan Prax, letztes Jahr bereits mit an Bord und seinerzeit mit dem Ausrufezeichen angereist, bereits mit der Band von Saxofon-Legende David Sanborn gespielt zu haben.

Jan Prax Quartett ließ sich Flügel auf die Bühne stellen

Prax gelang es virtuos und mühelos, die Tonkaskaden des großen Saxofon-Meisters zu duplizieren, dessen damalige Frische zu konservieren und in Pfullingen als das zu präsentieren, wofür die Musik von John Coltrane noch heute steht: Einen rasant fließenden Strom an Noten, eine Form von Jazz die mit dem Impressionismus in der bildenden Kunst zu vergleichen ist. Eine Musik die nie unmodern wirken kann. »Das war der Jazz-Härtetest für Pfullingen«, meinte Hauf hinterher zufrieden. Die meisten Zuhörer applaudierten artig, die Jazz-Kenner jubelten stürmisch.

Zurück zum Flügel. Über den Freitagmittag saß Hauf selbst ein paar Stunden daran. Es war ja Markttag, einer musste auf das Instrument, das bereits angeliefert worden war, aufpassen. Das Klavier gehört zu den Instrumenten, an denen Hauf in Mannheim unterrichtet wird. Dass er damit umgehen kann zeigte sich am Abend in seiner Eigenkomposition »For Lulu«: Schuhmacher begann mit der moll-lastigen Melodielinie des Intros, Bassist Maximilian Preis fügte suchend tiefe Töne hinzu.

Sängerin Selina Ebner stieß für drei Stücke hinzu

Es hätte eine süßliche Ballade werden können. Dies verhinderte ihr Komponist durch aufmerksames Akzentuieren an seinem Hauptinstrument. Hauf sorgte dafür, dass »For Lulu«, bei aller Zartheit, nie den Drive verlor. So hörte das Publikum ein Stück, aus dem sich zunehmend Optimismus, Aufbruch, Lebensfreude herausschälte. Pianoläufe endeten jubilierend auf hohen Tönen. Es war das bis dahin popähnlichste und das, im Jazz-Spektrum betrachtet, von »Moments Notice« am weitesten entfernte Stück des Abends.

Wie im vergangenen Jahr holte Jan Hauf Sängerin Selina Ebner für ein paar Stücke auf die Bühne. Im ersten Set vor der Pause war sie mit »If I should loose you« vertreten. Im zweiten Teil des Konzerts sang sie »Bye Bye Blackbird« und, davor, Gregory Porters wunderschöne Ballade »Water under Bridges«, zu gestrichenem Kontrabass und umschmeichelt von Prax’ Sopran-Saxofon.

Neben dem Latin-Jazz-Stück »Chega de Saudade« hörte das Publikum zwei weitere Stücke, die das Jan-Hauf-Quartett bereits letztes Jahr im Programm hatte. »Stable Mates« von Benny Golson war letztes Jahr Auftakt des Konzerts, dieses Jahr erstes Stück des zweiten Sets. Dazu »Country« von Keith Jarrett, »eines meiner absoluten Lieblingsstücke«, bekannte Hauf.

Ein Garbarek-Stück wenige Tage vor dem Garbarek-Konzert

Etwas atmosphärisch völlig anderes brachte Hauf in »Giulietta«, geschrieben von Altmeister Jan Garbarek, zur Neuen Mitte mit: Das kühler, aber lange nicht kalt wirkende Element des modernen skandinavischen Jazz. Wie es der Zufall will, tritt Garbarek am Donnerstag in Tübingen auf. Mal wieder. Jan Hauf wird ihn dort hören und vermutlich völlig begeistert sein. Am Freitag gelang seiner eigenen Formation eine überzeugende Verbeugung vor dem norwegischen Saxofonisten.

Weil Mischer Niels Ott für einen guten Ton sorgte, war die komplette Neue Mitte am Freitag, bis hinten über den Brunnen hinaus von feinstem Jazz und hinterher von rasendem Applaus erfüllt. Eine Neuauflage im kommenden Jahr wäre absolut wünschenswert. Sie soll es wohl auch geben. (GEA)