KREIS REUTLINGEN. Ein Mann aus einer Gemeinde im Kreis Reutlingen musste sich wegen des unerlaubten Waffenbesitzes und der illegalen Munitionsproduktion vor dem Gericht verantworten. »Der Angeklagte ist ein exzellenter Sportschütze, der sogar noch was von Technik versteht«, führte Tobias Freudenberg in seinem Plädoyer im Amtsgericht Reutlingen aus. Verglichen hatte der Staatsanwalt dabei das intensive Hobby des 45-jährigen Angeklagten mit »einem Klavierspieler, der das Piano auch noch stimmen kann«. Der Angeklagte habe sich dabei aber nicht wie ein Großdealer verhalten, der seine Drogen verkaufen wollte, sagte Freudenberg.
Im Gerichtssaal
Richter: Eberhard Hausch. Staatsanwalt: Tobias Freudenberg. Verteidiger: Rechtsanwältin Saskia Meier-Schlüren und Rechtsanwalt Steffen Kazmaier.
Klar sei für den Staatsanwalt gleichzeitig aber auch: »Er hat Fehler gemacht.« Als »schlampig« bezeichnete er das Verhalten und die Lagerung von Waffen in der Wohnung des Angeklagten. Bei einer Durchsuchung durch die Polizei seien mehrere Waffen im Wohnzimmer ungesichert herumgelegen, zusammen mit Munition. Im Keller fand sich zudem eine »Wiederladewerkbank«, mit der aus diversen Zutaten Munition hergestellt werden kann. Es stellte sich heraus, dass der 45-Jährige aus dem Kreis Reutlingen einen gewerbsmäßigen Handel betrieben haben soll.
Aufgeflogen, weil Paket geplatzt
Aufgeflogen war die Sache, als im September 2022 ein Paket des Angeklagten mit knapp fünf Kilogramm Gewicht bei einem Paketdienst geplatzt war. Darin befand sich Munition, die Polizei wurde verständigt, ein weiteres Paket mit 19 Kilo Munition wurde gefunden – »da ist zunächst mal nicht nachvollziehbar, dass mit 17.000 Euro in bar in seiner Wohnung zusammen mit Waffen und Munition kein Handel getrieben wurde«, betonte Rechtsanwältin Saskia Meier-Schlüren.
Zu dem Geld, alles in 50-Euro-Scheinen, hatte der Angeklagte am ersten Verhandlungstag gesagt, dass er 50-Euro-Scheine sammle. Danach behauptete er, dass er das Geld nicht auf seinem Konto lagern wollte – weil er Steuerschulden habe und das Geld vor dem Finanzamt sichern wollte. »Die komischsten Erklärungen entsprechen manchmal der Wahrheit«, sagte die Anwältin dazu.
Viele Waffen auf Besitzkarte verzeichnet
Bei dem vermeintlichen Handel mit Munition habe es sich um »Freundschaftsdienste gehandelt, ohne Gewinnerzielungsabsicht«, versicherte Meier-Schlüren. Erschwerend kam aber hinzu, dass der »Waffennarr« eine große Vielzahl an Schusswaffen sein Eigen nannte. Die große Mehrheit davon waren auf Waffenbesitzkarten verzeichnet, manche aber eben auch nicht, wie die Polizei herausfand.
28 Kurz- und Langwaffen habe ein Sachverständiger untersucht, den Gesamtwert bezifferte er auf knapp 50.000 Euro. Zu der unsachgemäßen Lagerung der Waffen sagte der Angeklagte, dass er die offen herumliegenden Gewehre nach dem Gebrauch beim Schützenverein hatte säubern wollen. Außerdem lebe er allein, niemand komme in seine Wohnung und er habe eine Alarmanlage installiert.
Waffen zurück an Angeklagten?
Richter Eberhard Hausch stellte die Frage in den Raum, was denn wäre, wenn der Angeklagte ein Waffenfetischist sei, der »Waffen als erotische Vorlage« benötige und ohne sie nicht leben könne? Auf diese Idee habe man kommen können, nachdem bei dem Angeklagten Selfies beim Onanieren mit Waffen gefunden wurden. »Immerhin hat er die vergangenen zwei Jahre keine Waffen gekauft«, sagte Rechtsanwalt Steffen Kazmaier. Die Schusswaffen sollten im Übrigen an seinen Mandanten zurückgegeben werden, damit er sie zu Geld machen könne. Das mit der Rückgabe sah das Gericht aber ganz anders: »Dinge, mit denen jemand Straftaten begeht, an den Angeklagten zurückzugeben« – das gehe laut Hausch überhaupt nicht.
Ansonsten habe der Angeklagte es verdient, eine Bewährungsstrafe von 10 Monaten als Quittung zu erhalten – vor allem für den Handel mit Munition. Auf Bewährung, oder nicht? Keine leichte Frage, die Sozialprognose sei bei dem Mann nicht gut, so der Richter. Sozial isoliert, mit einem ausgeprägten Hang zu Waffen, dazu eine ganze Menge Schulden, keine feste Arbeitsstelle – all das spreche nicht gerade für den Angeklagten. Dennoch drückte das Gericht beide Augen zu, verhängte »nur« eine Geldstrafe von 5.000 Euro - Staatsanwalt Tobias Freudenberg hatte 10.000 Euro gefordert. Obendrein muss der Angeklagten eine Beratungsstelle wegen seiner sexuellen Vorlieben aufsuchen. »Außerdem wird Ihnen untersagt, weiter mit Waffen und Sprengstoff Umgang zu haben«, sagte Hausch. Sollte der Mann nicht die Finger davon lassen, »dann fahren Sie ein«, so die unmissverständliche Androhung des Richters. (GEA)