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Hitzige Debatte bei Pfullinger Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl

Vertreter der Jugendorganisation von vier Parteien und die Direktkandidatin der Linken diskutierten bei der Veranstaltung des Pfullinger Jugendgemeinderats über die anstehenden Wahlen. Sogar die Mikrofone mussten zwischenzeitlich ausgestellt werden.

Konstantin Vogel (JGR-Vorsitzender, von links), Finn Schäfer (Jusos), Patrick Tobies (Junge Union), Eleanor Weber (Grüne Jugend)
Konstantin Vogel (JGR-Vorsitzender, von links), Finn Schäfer (Jusos), Patrick Tobies (Junge Union), Eleanor Weber (Grüne Jugend), Len Brauneisen (Junge Liberale), Anne Zerr (Die Linke) und Paulina Sautter (JGR) teilten sich am Montagabend die Bühne. Foto: Emanuel Chatzis
Konstantin Vogel (JGR-Vorsitzender, von links), Finn Schäfer (Jusos), Patrick Tobies (Junge Union), Eleanor Weber (Grüne Jugend), Len Brauneisen (Junge Liberale), Anne Zerr (Die Linke) und Paulina Sautter (JGR) teilten sich am Montagabend die Bühne.
Foto: Emanuel Chatzis

PFULLINGEN. Jung- und Erstwähler greifen oft auf die sozialen Medien zurück, um sich für die kommende Bundestagswahl zu informieren. Um der Gefahr von Fake News vorzubeugen, organisierte der Pfullinger Jugendgemeinderat (JGR) am Montagabend eine Infoveranstaltung zur Wahl im Kulturhaus. Hier präsentierten die Vertreter der Parteien deren Wahlprogramm, bevor sie sich den Fragen der 30 Menschen aus dem Publikum stellten. Zu Gast waren Finn Schäfer (Jusos), Patrick Tobies (Junge Union), Eleanor Weber (Grüne Jugend), Len Brauneisen (Junge Liberale) und Anne Zerr (Die Linke). Letztere ist die Direktkandidatin der Linken in Reutlingen, während es sich bei den anderen um Vertreter der Jugendorganisationen handelt. »Das ist unglücklich gelaufen«, gab JGR-Vorsitzender Konstantin Vogel zu. »Wir haben von der Linksjugend heute keine Rückmeldung mehr erhalten«, weshalb Zerr kurzfristig einsprang.

Migrationspolitik sorgt für ersten Streitpunkt

Der Dynamik auf dem Podium schadete Zerrs Teilnahme jedenfalls nichts – immer wieder gerieten die Direktkandidatin und Patrick Tobies von JU aneinander. Bereits bei der ersten Frage aus dem Publikum, die sich auf das Bestehen der »Brandmauer« nach dem CDU-Gesetzentwurf zur Migrationspolitik in der vergangenen Woche richtete, kam es zu lauten Diskussionen. Während die Vertreter der Union und der Liberalen versicherten, dass weiterhin keine Zusammenarbeit mit der AfD stattfinden werde, sprach Anne Zerr von einer »Mehrheit, die aktiv von der CDU gesucht wurde«, woraufhin Tobies ihr »die Verbreitung von Lügen« vorwarf. Auch die Sprecher von Jusos und Grünen, Schäfer und Weber, positionierten sich klar gegen die Aussagen und Handlungen der Union.

Die Anfangsphase des Podiumsgesprächs drehte sich ausschließlich um das Thema Migration. Finn Schäfer warnte Zuhörer, die immer wieder Zahlen von ihrem Handy ablasen, davor, »mit Statistiken um sich zu werfen.« Weitaus glücklicher stimmte den Jusos-Vertreter eine spätere Frage zur Lockerung der Schuldenbremse: »Das ist eins meiner Lieblingsthemen, danke dafür«, sagte der 23-Jährige lachend und sprach sich für mehr Investitionen statt Sparmaßnahmen aus. Während Tobies und Brauneisen sich klar für den Erhalt der Schuldenbremse aussprachen, wurde Eleanor Weber von der Grünen Jugend in ihrer Gegenargumentation besonders deutlich: »Die Politik der Vergangenheit hat Zukunftsängste und eine Klimakrise für meine Generation zurückgelassen.« Der Staat sei »kaputtgespart« worden und müsse deshalb mehr investieren.

Einigkeit beim Thema Digitalisierung

Zukunftsängste äußerten auch etliche Publikumsgäste, etwa ein junger Mann, der von der »Angst, im Alter in Armut leben zu müssen« sprach und sich nach den Rentenplänen der Parteien erkundigte. Junge-Liberale-Vertreter Brauneisen forderte »eine kapitalgedeckte Rente nach schwedischem Vorbild«, wozu Schäfer und Zerr ihre Zweifel aufgrund des hohen Risikos äußerten. Stattdessen »sollten alle, auch Beamte und Selbstständige, in die Rentenkasse einzahlen«, argumentierte die Direktkandidatin der Linken.

Einzig zum Thema Digitalisierung fanden die fünf Personen auf der Bühne einen Konsens. Die Digitalisierung soll weiter vorangetrieben und in Schulen ausgebaut werden, waren sich alle einig. Anders bei der Debatte zur Senkung des Wahlalters. »Ich bin 17 und darf dieses Jahr nicht wählen«, sagte Eleanor Weber, »und ich muss trotzdem mit den Konsequenzen leben. Das ist unfair.« Patrick Tobies verteidigte dagegen das Wahlalter von 18 Jahren und argumentierte, dass in dem Fall auch die Volljährigkeit gesenkt werden müsste. »Wer eigenständige Entscheidungen trifft, die Konsequenzen haben, muss auch volljährig sein«, erklärte der 24-Jährige. Auch die Vertreter der Jusos und der Linken sprachen sich für eine Wahlerlaubnis ab 16 Jahren aus.

Lautstarke Diskussionen zum Ukraine Krieg

Den größten Streit des Abends löste eine Frage zur Lieferung von Taurus-Raketen in die Ukraine aus. Patrick Tobies begrüßte diese Waffenlieferungen, um »die Demokratie weiter zu verteidigen«, und äußerte Unverständnis für »Scholz’ ständige Angst vor dem Atomkrieg«. Dagegen meinte Anne Zerr, dass man den russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin »an den Verhandlungstisch zwingen muss.« Tobies nannte daraufhin Die Linke eine »russlandnahe Partei«, worauf Zerr ihn der Lüge bezichtigte. Nachdem der JU-Sprecher Zerr fragte, ob die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei, und die Kandidatin der Linken mit »zum größten Teil, ja« antwortete, artete die Diskussion so stark aus, dass sich die Mitglieder des JGR dazu entschieden, die Mikrofone abzuschalten.

Für einen ruhigen Abschluss der Fragerunde sorgte dann die Bitte an alle Sprecher, in 30 Sekunden zu äußern, was genau die Parteien für junge Menschen planen. Hier kündigten alle auf der Bühne ein verbessertes Bafög an. Außerdem sprachen Finn Schäfer und Len Braueisen von mehr Investitionen in die Bildungsstätten, Patrick Tobies von finanzieller Unterstützung beim Führerschein und Anne Zerr von bezahlbarem ÖPNV. Eleanor Weber schloss ihre Antwort mit »dem wichtigsten Thema: Klimaschutz, Klimaschutz, Klimaschutz«, ab.

Das junge Publikum schien nach den Antworten jedenfalls überzeugt: Bei einer abschließenden Umfrage gaben nur zwei Teilnehmer an, bei der Wahl unschlüssig zu sein. Vor Beginn der Podiumsdiskussion waren es noch zehn. »Damit haben wir unser Ziel erreicht«, sagt JGR-Vorsitzender Konstantin Vogel. (GEA)