ENINGEN. Einfach machen und dran bleiben: Dieses Motto leitet Ferdinand Kissel (26) und David Bauer (25) seit sie vor fünf Jahren angefangen haben mit Microgreens zu experimentieren. Vor ein paar Monaten haben sie die ehemalige Gärtnerei Renz in Eningen bezogen und produzieren dort verschiedenste Sorten davon.
Die Pflanze, die David Bauer hochhält, ist klein, grün und sieht aus wie – »Kresse?« Der 25-Jährige lächelt: »Das ist Fenchel. Einfach mal probieren.« Kaum gekaut, schon erkannt: »Fenchel« meldet der Gaumen. Das Hirn bestätigt: »So intensiven Fenchelgeschmack hatten wir noch nie.« David Bauer und sein Kompagnon freuen sich über den staunenden Reporter.
Seit März betreiben sie einen Laden
Die beiden Jungunternehmer stehen vor ihren Gewächshaus-Regalen, wo es munter sprießt und gedeiht. Im vergangenen November haben sie die Räumlichkeiten bezogen, seit März betreiben sie den Laden und bieten Gemüse und nachhaltige Produkte für Genuss und Alltag aus der Region. Die Freunde haben sich der Aufzucht von Microgreens verschrieben, denen erstens intensiver Geschmack und zweitens viele gesunde Inhaltsstoffe nachgesagt werden. Sie nennen ihr Unternehmen »Sprouts«, die Übersetzung aus dem Englischen lautet »Sprossen«. Diese Bezeichnung möchten sie aber nicht so gern hören oder gar in der Zeitung lesen. Denn ihr Produkt sind junge Pflanzen, die nach dem Keimen weiterwachsen, bis die ersten Blätter erscheinen.
Zu den beliebtesten Sorten zählen rote Radieschen, Kresse, Fenchel oder Sonnenblumen. Die Aufzucht dauert nur ein paar Tage. Doch bis die Beiden dahin gekommen sind, ihre Produkte gewerbsmäßig zu nutzen, sind Jahre ins Land gezogen. Die Geschichte dazu ist ziemlich spannend. Schließlich sind beide in einem Alter, in dem sich viele nur mit Partymachen beschäftigen. Bauer und Kissel haben dafür aber keine Zeit.
Immer davon geträumt, ein Unternehmen zu gründen
Sie hätten immer davon geträumt, ein Unternehmen zu gründen. »Wir haben große Freude daran, Dinge in die Hand zu nehmen«, sagt Kissel. Und es dann konsequent durchzuziehen. Mit den Microgreens hat es geklappt, darauf bauen sie ihre Zukunft. »Wir haben viel experimentiert und einiges ist auch daneben gegangen,« erzählt Kissel, der wie sein Partner kein Gärtner ist. Er hat in Fotostudios gearbeitet, Bauer Schreiner gelernt. Was genau sie alles getrieben haben, wollen sie nicht sagen. Nur soviel: »Viele Sachen gehen nicht deshalb zu Ende, weil es schlechte Sachen sind, sondern weil man nicht dran bleibt«, so Kissel. An den Microgreens haben sie sich festgebissen.
Als sie während der Corona-Zeit ein paar Dokus darüber gesehen hatten, war es um sie geschehen. »Wir haben uns schon immer für Gesundheitsthemen, gesunde Ernährung, aber auch fürs Gärtnern interessiert.« Sie haben angebissen und in der WG damit angefangen. Die Erfolge stellten sich recht zügig ein, schließlich wächst das kleine Grün auch ziemlich schnell. Als Kinder einer Zeit, in der ohne Internet und Soziale Medien nichts geht, haben sie ihre Erfolge online vorgestellt und gleich einen Abnehmer gefunden.
Erste Bestellung kam von einem Gastronomen
Ein Gastronom hat sich dafür begeistert und gleich bestellt. Freunde, Familie und Bekannte mussten ebenfalls das kleine Wundergrün kosten. So entstand das Gewerbe, doch leben konnten sie davon noch lange nicht. Bis vor ein paar Wochen haben beide noch einen Brotjob ausgeübt. Der Verdienst floss fast ausschließlich in ihr Unternehmen. Der anfängliche Erfolg zwang sie dann, ihre Produktion umzuziehen. In Tübingen haben sie sich zunächst einen besseren Nährboden für den Verkauf erhofft.
Gefunden haben sie dort Räumlichkeiten im ersten Stock, sie durften den Aufzug nicht benutzen und mit dem Vermieter lief es auch nicht so glücklich. Also begaben sie sich vor rund zwei Jahren auf die Suche nach Alternativen. Dabei kamen sie auch zur Familie Renz. Nun also sind sie angekommen im »Paradies«, wie sie die Räumlichkeiten in Eningen liebevoll nennen. Denn die Möglichkeiten, die sie in den großzügigen Gewächshäusern sowie mit dem Laden haben, können sie bis dato als Zwei-Mann-Betrieb noch gar nicht nutzen. Aber dafür gibt es ja Träume und davon haben sie viele.
Einfach machen und dran bleiben
Dazu wollen sie aber nicht so viel sagen. Denn eines zählt bei beiden vor allem: einfach machen und dran bleiben und nicht so viel reden. Übrigens: Der Name »Sprouts«, der über dem Laden prangt, heißt ja übersetzt Sprossen oder Sprösslinge. Als solche sehen sie sich selbst auch. »Wir wachsen mit der Zeit da hinein. Doch die Verbindung zum Namen hat bis jetzt niemand verstanden«, sagt David Bauer und lacht. Vielleicht jetzt. (GEA)