ENINGEN. Am Pfingstsamstag wurde die HAP-Grieshaber-Halle in Eningen fast in ihren Grundmauern erschüttert, so gewaltig tosend waren der Schlussapplaus und die lautstarken Zugabe-Rufe des Publikums. Der Musikverein Eningen hatte über die Pfingsttage seine Partnerkapelle aus dem Südtiroler Branzoll zu Gast, am Samstagabend gaben die beiden Kapellen ein grandioses und umjubeltes Doppelkonzert.
Wie es die Gäste zu Hause handhaben, marschierten sie musikalisch im Gleichschritt zur Halle. »Da kann jeder Blasmusiker hier noch was lernen, wie man richtig gut beim Spielen marschiert«, zollte Moderator Lukas Schult seine Anerkennung über diesen »Showeffekt«, der von den beeindruckten Zuschauern auch mit einem Riesenbeifall belohnt wurde. Seit 61 Jahren bestünde die Freundschaft, erzählte Vorsitzender Christoph Sautter, dass der gegenseitige Besuch zwar mal ein paar Jahre eine kleine Funkstille hatte, aber seit 2009 wieder regelmäßig durchgeführt würde. »Wir waren vor zwei Jahren bei euch, jetzt seid ihr wieder hier.« Dieses Mal hätten sie sich überlegt, warum immer nur eine Kapelle ein Konzert geben solle. »Lasst uns doch mal zeigen, was uns verbindet – nämlich die Musik und das in einem Doppelkonzert«, bekräftigte Sautter.
Obdach im Naturfreundehaus
»Bei uns in Branzoll isch’s immer so, dass die Gemeinde der größte Geldgeber ischt, damit der Verein bestehen kann«, feixte der südtiroler Obmann Josef Untersalmberger, als er Bürgermeister Eric Sindek begrüßte. Dann erzählte er, dass Musiker Alfred Gianotti auch schon vor 61 Jahren zum Austausch gekommen war und heute erneut dabei sei. »Wir wurden damals privat in einer Gärtnerei untergebracht«, erinnerte sich der heute 78-jährige Musiker, der seit 63 Jahren in Branzoll die Klarinette spielt. Dieses Mal wohnten alle gemeinsam im Naturfreundehaus. »Das ist auch nicht schlecht«, sagte der Senior lachend, der musizieren will, »so lang i no Luft hab«.
Als Gastgeschenk hatten die Südtiroler das »Hammerspiel« mitgebracht, einen Baumstamm, einen Hammer und Nägel, die die Verantwortlichen dann mit so wenig wie möglichen Schlägen in den Stamm hauen sollten. »Der Verlierer muss dann eine Runde, eine Lokalrunde, bezahlen«, witzelte Untersalmberger.
Alles, nur nicht langweilig
Dann gab es kein Halten mehr. Die 1887 gegründete Musikkapelle Branzoll unter Leitung von Andreas Andergassen eröffnete den musikalischen Reigen mit dem zackigen »Gargazon Marsch« und ließ die Polka »Die Blasmusik gibt uns Schwung« folgen. Sie habe überlegt, »wie bringe ich euch zum Schmunzeln und Staunen, ganz ohne Jahreszahlen, Komponistennamen und komplizierte Musiktitel«, scherzte Alexia Erschbaumer, die den ersten Konzertteil charmant und »mit ganz viel Herz, Schwung und musikalischer Freude« moderierte und dem Publikum riet: »Lehnt euch zurück, die Musikkapelle Branzoll nimmt euch mit auf eine musikalische Reise und alles, nur nicht langweilig.«
Der Filmmusik eines Abenteuerfilms ähnelnd zeigte sich das Konzertwerk »River of Life« und richtig feurig, einem Stierkampf gleich, kam »O Vitinho« daher. Weil die Zuhörer von der traditionellen Blasmusik der Gäste mehr als begeistert waren und mit donnerndem Applaus eine Zugabe forderten, spielten die noch den »Bozener Bergsteigermarsch« und sangen den Text voll Inbrunst mit.
Jetzt waren die Gastgeber gefragt. Die Gemeindekapelle hatte Bigband-Sound, poppige Titel, Oldies aus dem Dixieland oder Jazzstandards im Gepäck und sorgte damit für die ganze Bandbreite der Blasmusik. So etwa »Welcome to the jungle« der Popgruppe Guns n’Roses, den »Big Horn Blues« mit Saxofon-Solist Ralph Kapitel oder die »80er Kult(tour)« mit Hits wie »Skandal im Sperrbezirk«, »Ohne dich« oder »Sternenhimmel« von Hubert Kah. Beim »Watermelon man« von Herbie Hancock und den Solisten Norbert Lotterer und Wolfgang Rauch stimmte das Publikum mit ein, und »Headliner«, das Lukas Schult bravourös mit der Trompete spielte, kam bestens an.
Dann kündigte der Moderator das »Highlight des Abends« an, »das, auf das es ankommt, zusammenkommen, zusammen feiern und vor allem zusammen Musik machen«. Und so drängten sich fast 70 Musiker auf der Bühne, die als erstes den Soundtrack von »Captain Future« zum Besten gaben, bevor die große Gruppe den rassigen Marsch »Dem Land Tirol die Treue« mit Leidenschaft, Herzblut und sichtlichem und hörbarem Stolz spielte und gemeinsam mit dem Publikum sang. (GEA)


