LICHTENSTEIN. Spätestens seit dem Wochenende ist klar: Lichtenstein spielt ganz vorne mit, wenn es um Kunst und Kultur geht. Unter dem Namen »KuKuLi – Kunst und Kultur in Lichtenstein« hatte ein ganz besonderes Format Premiere. Zwei Tage lang präsentierten sich 21 Künstlerinnen und Künstler aus Lichtenstein in Honau und zeigten, dass die Gemeinde und ihre Kunstschaffenden Besonderes zu bieten haben. Aber es war nicht irgendein Kunstmarkt. Denn die Präsentationen fanden in Werkstätten, Tuffsteinkellern, Gärten, in der Kirche, im Seniorenzentrum – eben an einmaligen Orten in Honau statt. Die kleine Lichtensteiner Teilgemeinde kehrte damit sozusagen zu ihren Wurzeln zurück. Denn bereits Anfang des vergangenen Jahrhunderts, zwischen 1901 und 1903, waren die Lichtensteinspiele, die ersten Freiluftaufführungen ihrer Art, ein wahrer Magnet für Tausende Besucher. Kunst im Tuffsteinkeller zog dann ein Jahrhundert später, zwischen 2010 und 2022, zahlreiche Besucher in den Ort. Und jetzt also »KuKuLi« mit ebenfalls großem Besucherandrang am Samstag und Sonntag.
Ein wahrer Marathon liegt hinter dem Organisationsteam, zu dem auch Peter Häußler, Sabine Heid und Birgit Hartstein gehören, die am Wochenende ihre Kunst in einer alten Schreinerwerkstatt präsentierten. Holzobjekte, Acryl-Collagen und Arbeiten mit PET-Flaschen Seite an Seite in einer Werkstatt, die zum Ausstellungsraum umfunktioniert wurde. Eine Idee, die stellvertretend für die besondere Atmosphäre stand, die sich über ganz Honau zog. Dazu gehört auch, dass sozusagen ganz Lichtenstein in die Organisation von »KuKuLi« involviert war, angefangen von der Gemeinde, von der die Initiative ausging, über die Künstler bis zu Vereinen, Feuerwehr und Kindergärten. »Uns war es ein Anliegen, dass die ganze Bevölkerung mitmacht«, sagen Häußler, Heid und Hartstein unisono. Dies sei gelungen. Allein die Kindergartenkinder bemalten 600 bunte Holzfische als Wegweiser, sodass jeder Besucher sich in Honau zurechtfand und gleich wusste, wo es etwas zu entdecken gibt. Mitmachen als Aussteller durften alle Kunstschaffenden, die entweder in Lichtenstein wohnen oder ihr Atelier dort haben.
Großformat im Kirchgarten
Eine Life-Performance konnten die Besucher gleich am Samstagnachmittag im Kirchgarten erleben. Der Maler Thomas Mautner-Hipp hatte nicht nur seine großformatigen Werke dort aufgehängt und enthüllte diese unter den Live-Klängen des Cellisten Fried Dähn, begleitet von zahlreichen Besuchern. Sondern er setzte, wie er betonte, Akzente, indem er angefangene Werke vollendete und ein neues Werk begann. Im gesamten Kirchgarten hatte der Künstler Leinwände und Farben ausgelegt. »Meine Inspiration ist es, Leichtigkeit reinzubringen.«
In einem historischen Tuffsteinkeller zeigte Renate Quast ihre abstrakte Installation zum Thema Feuer, Renate Vetter präsentierte Wasserinstallationen. Schmuck, Scherenschnitte, Holzkunst, Malerei, Zeichnungen und Modelle und vieles mehr zeigte die Vielfalt, die den Künstleralltag in Lichtenstein prägt. Ein altes Handwerk präsentierte Fabiana Ribeiro-Henzler in der Galluskirche: Buchbindearbeiten aus ihrem Atelier in Unterhausen. »Diese Buchbindetechnik stammt aus dem 15. Jahrhundert. Ich versuche, Kunst mit dieser Technik zu verbinden.« Es gebe steigendes Interesse an diesem alten Handwerk, sagt sie. Die Künstlerin färbt zudem die Einbände von Hand, eine alte japanische Technik, wie sie erklärt. In historischem Gemäuer zeigte Annette Kazmeier ihre Fotografie. Die Honauerin hat zusammen mit ihrem Mann das Olgaschlössle, das ehemalige Kassenhaus der Lichtensteinfestspiele, in direkter Nachbarschaft zur Olgahöhle umgebaut. Und so konnten die Besucher nicht nur ihre Kunst bestaunen, sondern durften auch das pittoreske und geschichtsträchtige Haus besichtigen.
Kunst nicht nur betrachten, sondern erleben.
Eine wahre Kunstmeile durchzog das kleine Honau, und der eine oder andere Besucher entdeckte bei dieser Gelegenheit natürlich auch den Ort abseits der Durchgangsstraße. Denn Honau hat besondere Winkel, Plätze und Gassen zu bieten, die durch »KuKuLi« so richtig zur Geltung kamen. Kein Wunder also, dass der Wunsch der Organisatoren, dass Kunst nicht nur betrachtet, sondern erlebt werden soll, für die zahlreichen Besucher in Erfüllung ging. Überrascht sein dürfte auch so mancher Besucher, wie viele Kunstschaffende es in Lichtenstein gibt.
Auch mit dem Rahmenprogramm hatten sich die Organisatoren überaus Mühe gegeben und zahlreiche unterschiedliche Musiker, Chöre, Tänzer auf die Bühne am alten Schulhaus geholt. An beiden Tagen gab es etliche Darbietungen von Show Dance über Hip-Hop bis zu Gesang und Chorauftritten, alles live, versteht sich. Der Schachverein hatte Spielstationen aufgebaut und lud zur Partie ein. Viele Kinder und Jugendliche interessierten sich für das Spiel und ließen sich von den Spielern erklären, wie es funktioniert und worauf man achten muss. Am Sonntag bereicherte ein Floh- und Antikmarkt das Kunst- und Kulturfest. Und auch die kulinarischen Angebote waren fein ausgewählt, sodass an jedem Stand eine andere Speise geboten war.
Bereits im Vorfeld hatten die Organisatoren übrigens auch überregional von ihrem Konzept überzeugen können. Die Europäische Union förderte »Kunst und Kultur Lichtenstein« über das Programm »Leader Mittlere Alb«. Das Organisationsteam und allen voran auch die Lichtensteiner Verwaltungsspitze können mit der Premiere von »KuKuLi« und der positiven Resonanz zufrieden sein. Kunst und Kultur in dieser Form haben sicherlich eine Zukunft in der Gemeinde. Und die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler können sich über ein Forum freuen, das sie, ihre Kunst und ihre Ateliers einem größeren Kreis bekannt macht. (GEA)


