REUTLINGEN/ENINGEN. Wegen Brandstiftung steht ein 43-jähriger, mehrfach vorbestrafter Betzinger, gegen den zudem noch eine Bewährungsstrafe anhängig ist, derzeit vor dem Reutlinger Schöffengericht. Er soll in der Nacht vom 14. auf den 15. Dezember 2023 die beiden Autos einer Familie in der Eninger Ortsmitte in Brand gesteckt haben, weil die Frau ihn in einer Diskothek abblitzen ließ und ihn beleidigte. Als die Polizei bei dem Angeklagten eine Hausdurchsuchung veranlasste, fand sie zudem eine nicht unerhebliche Menge Pyrotechnik der Kategorie F4, die in Deutschland nur an Personen mit einer entsprechenden Erlaubnis abgegeben werden darf. Eine solche besitzt der Angeklagte aber nicht.
Das Amtsgericht unter Vorsitz von Richter Eberhard Hausch versuchte, mittels der Aussage etlicher Zeugen, Licht in das verworrene Beziehungsgeflecht des Angeklagten und seiner Kumpel sowie der Geschädigten zu bringen. Denn der Angeklagte selbst stritt mittels einer Erklärung, die er durch seinen Anwalt Achim Unden verlesen ließ, jegliche Beteiligung oder Urheberschaft an der Tat ab. Die Geschädigten selbst gaben sich in ihren Aussagen recht zurückhaltend: Ja, es habe eine Woche vor der Tat in einer Diskothek Streit gegeben, so die Eningerin, aber nach einer Entschuldigung ihrerseits sei die Sache erledigt gewesen. Den Angeklagten habe sie zudem nie direkt beschuldigt, hinter der Tat zu stecken.
Früheres freundschaftliches Verhältnis
Ihr Mann, der wohl früher ein freundschaftliches Verhältnis zum Angeklagten hatte, gab sich ebenfalls eher bedeckt. Nur auf drängende Nachfragen von Staatsanwalt Burkhard Werner, bei der Polizeivernehmung habe er doch ausgesagt, der Angeklagte habe Handlanger, um solche Dinge zu erledigen, räumte der Mann ein, es gebe eine entsprechende Gruppe um den Angeklagten. Die Frage des Staatsanwalts, ob er Angst vor dem Beschuldigten hätte, beantwortete er nicht.
Ein Chatverlauf des Angeklagten mit seinem Bruder brachte die Polizei damals auf die Spur des Betzingers. In dem Nachrichtenaustausch war es darum gegangen, wie man eben jene Frau aus Eningen für die Beleidigung abstrafen könne. Dabei ging es auch darum, Autos abzubrennen. Im Chat stand damnach wohl: »Es wird demnächst was passieren.«
Erheblicher Zweifel an Wahrheitsgehalt
Zwei Freunde des Angeklagten bezeugten jedoch vor Gericht, der Angeklagte sei genau am Tatabend bis in die Nacht hinein mit ihnen zusammen in einer Billardbar gewesen und könne also die Brandstiftung in Eningen gar nicht begangen haben. Aussagen, an deren Wahrheitsgehalt die Staatsanwaltschaft doch erheblichen Zweifel hatte. Staatsanwalt Werner wunderte sich, weshalb sich beide Zeugen genau an jenen Dezemberabend im Jahr 2023 erinnern. »Wenn es sich herausstellt, dass Sie hier lügen, sind Sie der Nächste, der auf der Anklagebank sitzt«, so Werner zu einem der Zeugen.
Im Gerichtssaal
Richter: Eberhard Hausch; Schöffen: Annette Jung, Florian Schultheiß; Staatsanwalt: Burkhard Werner; Verteidiger: Achim Unden
Wenig Erhellendes brachte der ermittelnde Beamte der Kriminalpolizei Reutlingen zutage. Vielmehr fragten sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, weshalb denn weder die Videos aus der Billardbar, die die Anwesenheit des Angeklagten am Tatabend beweisen sollen, noch die Google-Maps-Zeitachse auf dem beschlagnahmten Handy des Angeklagten ausgewertet worden waren. In Bezug auf die Videos besteht, so ließ Richter Hausch durchblicken, wohl wenig Hoffnung, dass diese nach so langer Zeit noch verfügbar sind. Trotzdem müsse man es versuchen. Und die Zeitachse, die den Aufenthaltsort des Handybesitzers bei entsprechender Aktivierung aufzeichnet, soll ebenfalls noch geprüft werden. Allerdings auch, ob es möglich ist, diese zu manipulieren. Der Prozess wird fortgesetzt. (GEA)