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Eningen hat ein neues Kleinod: Der Lindenplatz erstrahlt in neuem Glanz

Der neu gestaltete Lindenplatz in Eningen wurde mit Jauch-Sichten, Skulptur und historischen Tafeln eingeweiht.

Gruppenbild mit Reiher im Hintergrund, von links: Franz Georg Gaibler (Heimat- und Geschichtsverein), Wolf-Dieter Baumann (Jauch
Gruppenbild mit Reiher im Hintergrund, von links: Franz Georg Gaibler (Heimat- und Geschichtsverein), Wolf-Dieter Baumann (Jauch-Freundeskreis), Kunsterklärerin Andrea Bachmann und Bürgermeister Eric Sindek. Foto: Ruof
Gruppenbild mit Reiher im Hintergrund, von links: Franz Georg Gaibler (Heimat- und Geschichtsverein), Wolf-Dieter Baumann (Jauch-Freundeskreis), Kunsterklärerin Andrea Bachmann und Bürgermeister Eric Sindek.
Foto: Ruof

ENINGEN. Es war ein lohnender Spaziergang für viele Eninger, die sich oben am Lindenplatz trafen – nicht nur wegen des herrlichen Herbstwetters und den in allen Farben leuchtenden Bäumen: Sauber vom Herbstlaub frei geblasen präsentierte sich Eningens Kleinod in prächtiger Dreifaltigkeit. Direkt hinter dem schon mindestens 200 Jahre alten Brünnele thront die jüngst aufgestellte Skulptur des Fischreihers von Eduard Raach-Döttinger, weitere »Jauch-Sichten« des gleichnamigen Freundeskreises sind dazugekommen und die neuen historisch-ausgelegten Tafeln des Heimat- und Geschichtsverein verbinden Kultur, Geschichte und Natur an diesem besonderen Eninger Platz.

Bürgermeister Eric Sindek nahm Bezug auf Deutschlands Dichterfürsten Goethe, der die Dorflinde in »Hermann und Dorothea« nicht nur als Gerichtsbaum, Tanzbaum oder soziales Zentrum bezeichnete. »Wir haben in Eningen zwar keine Dorflinde, aber einen Lindenplatz am Waldesrand.« Ein Glücksfall war laut Sindek, dass im vergangenen Jahr Döttingers Fischreiher zum Verkauf stand: »Für günstiges Geld mussten wir zuschlagen.« Weitere Jauch-Sichten seien dazu gekommen, außerdem würden durch den Heimat- und Geschichtsverein sukzessive im Ort, die teilweise zerstörten oder zerfallenen Hinweistafeln zur Geschichte Eningens erneuert und was liege näher, als eine weitere am Lindenplatz aufzustellen.

Boden pflastern, Bank aufstellen

Der Zustand des Lindenplatzes selbst, so der Bürgermeister, sei den Bürgern und auch ihm schon lang ein Dorn im Auge gewesen – Pfützen, Matsch, ein oft verstopfter Gully: »Kein Ort, der zum Verweilen einlud.« Und so entstand die Idee, die Mauereinfassung zu erhöhen, den Boden zu pflastern, eine Bank aufzustellen. Gesagt, getan. »Der Bauhof hat hier in voller Eigenleistung einen absoluten Mehrwert für die Bevölkerung geschaffen – ein Kleinod mit Anziehungskraft«, lobte Sindek.

Dass manche Dinge längere Zeit bis zur Umsetzung benötigen, ließ der Bürgermeister nicht unerwähnt. Bereits vor über 70 Jahren existierten Pläne, den Brunnen umzubauen. Paul Jauch selbst hatte einen Entwurf gezeichnet. Franz Georg Gaibler, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins, sprach von einem optimalen Zustand des Lindenplatzes der ehemaligen Gänsweide, darunter ein ehemaliger Vulkanschlot. Den Namen Lindenplatz für diesen Ort gebe es schon über hundert Jahre.

Künstlerische Verbindung

Die künstlerische Verbindung zwischen dem Zeichner Paul Jauch und dem Skulpteur Eduard Raach-Döttinger stellte die Tübinger Stadtführerin und Kunsterklärerin Andrea Bachmann her. »Der Lindenplatz war ein Lieblingsplatz von Paul Jauch. Er habe ihn noch gezeichnet, als er eine Gänsewiese war. Ihm waren Atmosphäre und Stimmung wichtiger als genaue Details, er war deshalb mit großer künstlerischer Freiheit unterwegs und passte das Motiv seinen atmosphärischen Absichten an. Es ging dem Eninger Zeichner vor allem darum, das Licht und den Wind im Laub sichtbar zu machen, die Ornamente aus Licht und Schatten zu studieren, die Bewegung der Blätter und die kugelig-kippelige Form der Bäume zu erfassen«, erläuterte Bachmann.

Er zitierte Wilhelm Müllers Volkslied »Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum«. »Hier sind es sogar viele Linden, ein ganzer Platz, der neu gestaltet wurde, mit einem Brunnen, wie es sich gehört. An diesem Brunnen ist jetzt der Fischreiher zu Hause, den der Eninger Bildhauer Eduard Raach-Döttinger 1984 geschaffen hat. Elegant steht er da, den Hals anmutig geneigt, sodass der Kopf mit dem langen Schnabel und der Flügel eine fließende Linie bilden. Rasch-Döttinger gestaltet mit einfachen, klaren, reduzierten Formen Bewegung, sucht im Stein das Lebendige, das Wesen des Tieres, ohne es zu individualisieren«, betonte die Kunsterklärerin.

Gegenwärtig gültige Bildsprache

Wer durch Eningen spaziere, das, halb geplant, halb zufällig, ein regelrechter Raach-Döttinger-Skulpturenpark geworden sei, kann laut Bachmann die Suche des Bildhauers nach einer modernen, gegenwärtig gültigen Bildsprache, die trotzdem immer der Gegenständlichkeit verpflichtet bleibt, Skulptur für Skulptur nachvollziehen. Beiden Künstlern ist gemeinsam, dass sie in ihrer Kunst bei aller Gegenständlichkeit und Verständlichkeit nie nur die Wirklichkeit abbilden wollten, sondern dass ihre Werke immer die Essenz, das »Innere«, wie Jauch immer wieder schreibt, das »Wesen« der Dinge ausdrücken sollten.

Die beiden Künstler verbindet ihren Worten zufolge weit mehr als nur der gemeinsame Wohnort, was auf den ersten Blick vielleicht erstaunen möge: der zurückhaltende Paul Jauch mit seinen zarten Bleistiftzeichnungen, der offene, unternehmungslustige Eduard Raach-Döttinger, der es mit großen, schweren Steinen aufnimmt. Beide seien sie jedoch von Haus aus Handwerker gewesen.

Gemeinsam war beiden zudem die Liebe zu Eningen. Für sie war Eningen das schönste Dorf der Welt, und die Achalm der schönste Berg auf Gottes Erde. Beide konnten stundenlang auf dem gemeinsamen Hausberg unterwegs sein, der ihnen Heimat, Inspirationsquelle und Motiv zugleich war. Den Abschluss dieser feierlichen Einweihung bildete das Duo Franzi Stöger und Joel Büttner, die die gesamte Veranstaltung musikalisch umrahmten. (GEA)