Logo
Aktuell Nachruf

Engagierter Handwerker und Albvereinler: Der Pfullinger Günther Hecht ist gestorben

Ein Mensch mit vielen Begabungen: Der Pfullinger Günther Hecht arbeitet in seinem langen Leben für mehr als 50 Organisationen - ehrenamtlich.

Der Pfullinger Günther Hecht, Ehrenpräsident des Schwäbischen Albvereins und der Handwerkskammer Reutlingen ist gestorben.
Der Pfullinger Günther Hecht, Ehrenpräsident des Schwäbischen Albvereins und der Handwerkskammer Reutlingen ist gestorben. Foto: SUSANNE GNAMM
Der Pfullinger Günther Hecht, Ehrenpräsident des Schwäbischen Albvereins und der Handwerkskammer Reutlingen ist gestorben.
Foto: SUSANNE GNAMM

PFULLINGEN. »Er war ein außergewöhnlicher Mensch mit vielfältigen Begabungen - handwerklich, musikalisch und politisch«, sagt Pfullingens ehemaliger Bürgermeister Rudolf Heß über seinen Freund Günther Hecht. Der langjährige Präsident der Handwerkskammer Reutlingen und Vizepräsident des Schwäbischen Albvereins ist am Montag im Alter von 91 Jahren gestorben. In über fünfzig Organisationen hat er in seinem langen Leben Ämter begleitet und nebenbei ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut und geführt. Der passionierte Akkordeonspieler erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Unter anderem war er dreifacher Bundesverdienstkreuzträger, Träger der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, Ehrenvorsitzender des Schwäbischen Albvereins, Ehrenmitglied im Musikverein der Stadtkapelle Pfullingen und nicht zuletzt verlieh ihm seine Heimatstadt Pfullingen die Bürgermedaille.

Geboren wurde Günther Lothar Hecht am 21. Dezember 1933 in Reutlingen. Er stammte aus einer Handwerkerfamilie, deren Geschichte ab 1489 nachweisbar ist. Sein Vater und sein Großvater waren Bürstenmachermeister und Obermeister ihrer Innung. Günther Hecht machte sich nach seinem Abgang aus der Friedrich-List-Oberschule, seiner Lehre, der Erlangung des Elektroinstallateur-Meisterbriefs und einigen Jahren bei Industrieunternehmen selbstständig. Im Jahr 1962 gründete er das gleichnamige Elektrounternehmen, das zwischenzeitlich 50 Mitarbeiter beschäftigt. Er heiratete eine Pfullingerin, schloss sich dort Vereinen an und baute dort. Dem GEA sagte er einmal, seine privaten und geschäftlichen Investitionen in Pfullingen als gebürtiger Reutlinger hingen auch damit zusammen, »dass ich die Knöllchen in der Kanzleistraße in Reutlingen nicht mehr habe ertragen können«.

Selbstbewusster Handwerker

Neben seiner Arbeit engagierte sich Hecht stark in der Ausbildung junger Elektroinstallateure. Zahlreiche Lehrlinge durchliefen seine Werkstatt. Seine offene Art und sein Wille, sein Wissen weiterzugeben, machten ihn zu einer respektierten Persönlichkeit in der Handwerksbranche, für die er sich immer starkmachte. Selbstbewusstsein fordert er von seinen Handwerkskollegen ein, von der Politik Respekt für die Arbeit und den gesellschaftlichen Beitrag des Handwerks.

Als Präsident der für fünf Landkreise zuständigen Handwerkskammer Reutlingen (1984 bis 1999) trieb er mit Nachdruck den Weg dieser Körperschaft des öffentlichen Rechts zum modernen Dienstleister voran. Angesichts des technischen Fortschritts bekamen neben der Interessenvertretung Aus- und Weiterbildung sowie Beratung von Handwerkern einen hohen Stellenwert. Das Kammergebäude in Reutlingen und das Bildungs- und Technologiezentrum (heute Bildungsakademie) der Kammer in Tübingen-Derendingen wurden in Hechts Amtszeit in der 1990er-Jahren unter anderem wegen des großen Bedarfs an Schulungsräumen erweitert.

Weiterbildung ausgebaut

»Weiterbildung nicht nur auf technischem Gebiet als, wenn Sie wollen, dem eigentlichen handwerklichen Bereich, sondern auch in den Disziplinen Betriebs- und Unternehmensführung ist wichtiger denn je«, stellte Hecht fest. Die erfolgreiche Führung eines Unternehmens verlange auch von Handwerkern und ihren Führungskräften fundierte Kenntnisse in Betriebswirtschaft oder in rechtlichen Fragen und im Umgang mit neuen Medien, merkte er an. Dies führte zum Ausbau der Beratung durch die Kammer etwa zu Themen wie Patente, Multimedia, Umweltfragen und Rechtsproblemen.

Roland Haaß, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Reutlingen von 1987 bis 2007, beschrieb Hecht nun im Gespräch mit dem GEA als »sehr vielseitig engagierten und interessierten Menschen, der sich auf allen Ebenen stark ins Zeug gelegt hat«. Hecht habe viele gute Verbindungen zu Stadtverwaltung, Landratsämtern, Politikern und auch zur Industrie- und Handelskammer Reutlingen aufgebaut und gepflegt, »von denen auch ich profitiert habe«, erinnert sich Haaß.

Finanzen geordnet

Zu Beginn von Hechts Präsidentschaft seien die Kammerfinanzen nach den vorangegangenen Neubauten »äußerst angespannt« gewesen: »Das hat er schnell in Ordnung gebracht.« Hecht sei »sehr international orientiert« gewesen, ruft Haaß seinerzeitige Partnerschaftsprojekte der Reutlinger Kammer mit Kammern in Frankreich, Ungarn und Italien in Erinnerung, aber auch Entwicklungshilfe mit Teilnehmern an Lehrgängen aus afrikanischen Staaten. Nach der Wende hätten sich Hecht und die Reutlinger Kammer für die Hilfe von Existenzgründern in Sachsen eingesetzt.

Bis zuletzt war Günther Hecht stark am Geschehen der Kammer interessiert. So verfolgte der Ehrenpräsident noch im November als Zuschauer die konstituierende Sitzung der neuen Vollversammlung auf der Achalm. Dabei wurde mit dem Freudenstädter Friseurmeister Alexander Wälde sein Nach-Nach-Nachfolger als Präsident gewählt.

Engagiert für die Heimat

»Was wäre der Schwäbische Albverein in unserem Raum ohne Ihre Arbeit?«, fragte Heß rhetorisch bei der Verleihung der Bürgermedaille der Stadt im Jahr 2002. 1951 gründete er das Akkordeonorchester, organisierte den Deutschen Wandertag 1977 oder das Europäische Wandertreffen 1984 in Reutlingen. Das Württembergische Trachtenmuseum in Pfullingen geht auf seine Initiative zurück. Als Vorsitzender des Lichtensteingaus hatte er die Wanderheime im Blick. Die Sanierung der Türme von Schönbergturm bis zum Augstberg fielen in seine Amtszeit. »Ich bin einer, der Zeit für die Heimat übrig hat«, sagte Hecht einmal über sich in einem GEA-Artikel. Dabei war es sich immer bewusst, dass er andere braucht: »Keiner schafft es alleine.« Alleine hätten es auch Helmut Bachschuster und Matthias Knodel nicht hinbekommen, dem Schönbergturm, der Unterhose, ein gleichnamiges Beinkleid zu verpassen. Die aufsehenerregende Aktion der beiden Künstler wurde nur möglich, weil Hecht in den eigenen Reihen dafür warb.

Hecht war ein guter Netzwerker, würde man heute sagen. Er pflegte seine Beziehungen in die Wirtschaft und in die Politik. Bestes Beispiel dafür: Über lange Jahre ging er mit Pfullingens Bürgermeister Rudolf Heß, dem damaligen Kreissparkassenchef Dr. Uwe Jens Jaspers, Landrat Dr. Edgar Wais, dem Präsident der IHK Eberhard Benz sowie Otwin Brucker (Pliezhäuser Bürgermeister und Präsident des Gemeindetags) wandern - in die Dolomiten. Hecht wählte die Route. »Das war immer richtig interessant«, erzählt Heß. Hechts Wanderfreunde haben ihm dann auch zu seinem 90. Geburtstag einen gemeinsamen Nachmittag geschenkt. Nicht nur sie werden ihn vermissen. »Wir haben einen geschätzten Wanderfreund verloren, der dem Schwäbischen Albverein mit seinem unermüdlichen Einsatz und Wirken unendlich viel Engagement schenkte«, schreibt der Verein in seinem Nachruf. »Wir verabschieden uns in aufrichtiger Trauer von einem engagierten Leben und Wirken im Ehrenamt und einem erfolgreichen Handwerks-Unternehmer«, heißt es im Nachruf der Stadt. Günther Hecht wird am Dienstag, 28. Januar, um 13 Uhr auf dem Pfullinger Friedhof beigesetzt. (GEA)