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Aktuell Wärmeplanung

Dreiviertel der Pfullinger Bürger müssen selber heizen

Die Stadt Pfullingen hat die Ergebnisse der kommunalen Wärmeplanung vorgestellt. Städtisches Nahwärmenetz kann nur einen kleinen Beitrag zu den Klimazielen beisteuern.

Die Verlegung von Fernwärmeleitungen ist aufwendig und teuer.
Die Verlegung von Fernwärmeleitungen ist aufwendig und teuer. Foto: S. Leitenberger/adobe stock
Die Verlegung von Fernwärmeleitungen ist aufwendig und teuer.
Foto: S. Leitenberger/adobe stock

PFULLINGEN. Rund 50 Pfullinger Bürger wollten wissen, was sich in der Stadt in Sachen kommunale Wärmeplanung tut. Die warnte Pfullingens Bürgermeister Stefan Wörner gleich zum Auftakt der Infoveranstaltung im Saal des Kulturhauses Klosterkirche vor zu großen Erwartungen. Den klimafreundlichen Umbau des Heizungssystems könne man nur gemeinsam mit den Bürgern und den Unternehmen stemmen. Johannes Jacobs vom Ingenieurbüro greenventory hat sich im vergangenen Jahr die Zahlen und Möglichkeiten für ein kommunales Wärmenetz in der Stadt angeschaut und das Ergebnis ist eindeutig: Das Gros der Pfullinger Bürger muss oder kann, je nachdem wie man es sieht, in Zukunft selbst für eine warme Stube sorgen. Gerade mal für 16 Prozent könnte es die Möglichkeit geben, Fernwärme von der Stadt zu beziehen.

Kurz bevor es Pflicht wurde, ist Pfullingen in die Wärmeplanung eingestiegen. Daran erinnerte Bürgermeister Wörner zu Beginn der Veranstaltung und freute sich über das große Interesse an der Zukunft des Heizens in der Stadt. Neben dem Vertreter von greenventory war auch Uli Hasert, Chef der Reutlinger Klimaschutzagentur, mit dabei. Die Daten aller Häuser der Stadt seien in die Wärmeplanung eingegangen. Diese sei, so Jacobs, ein strategisches Planungsinstrument für die Stadt, das keine rechtliche Außenwirkung habe. Das heißt, kein Bürger müsse Fernwärme abnehmen, aber könne auch nicht auf die Umsetzung eines darin aufgeführten Fernwärmenetzes bestehen. »Das ist eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Status Quo und der Zukunft der lokalen Wärmeversorgung«. Was die Bürger aber daraus ablesen können, ist, in welchen Gebieten die Fernwärmeversorgung wahrscheinlich ausgebaut wird und wo weiter eine Heizanlage im Haus die Lösung sein wird.

Viele alte Heizungen

In Pfullingen hat das Ingenieurbüro 5.786 Gebäude ausgemacht. 88 Prozent davon werden bewohnt und damit beheizt. Rund 45 Prozent der Heizungen in diesen Gebäuden sind älter als 20 Jahre. Das bedinge einen hohen Handlungsbedarf, da viele Anlagen aufgrund ihres Alters ausgetauscht werden müssten, so Jacobs. Den Wärmebedarf Pfullingens deckt zu 66 Prozent Erdgas und zu 21 Prozent Erdöl. Nur 12 Prozent liefern Biomasse, Heizstrom und Nahwärme. Laut den momentan geltenden Gesetzesvorgaben müsste von 2040 an jede Heizung treibhausgasneutral arbeiten. »Das ist nicht mehr so lange«, betonte Bürgermeister Wörner. Ob diese Vorgaben aber auch in Zukunft noch Bestand haben, ist nicht sicher, erklärte Jacobs, da die neue Bundesregierung bereits Änderungen angekündigt habe. »Ich kann nicht sagen, was auf uns zukommt.« Klar sei aber, die momentanen Ziele seien mit einer Wärmepumpe einfach zu erreichen. Und er machte deutlich, dass die Preise für Erdgas und Erdöl aufgrund der CO2-Besteuerung ab 2028 deutlich steigen werden. Eine treibhausgasneutrale Heizung sei damit das Mittel der Wahl.

Und das für viele Pfullinger. Denn Fernwärme ist teuer für die Kommune, zwischen 2.000 und 4.000 Euro kostet ein verlegter Meter. Das lohnt sich nur, wenn an der Leitung auch genügend Abnehmer hängen. Die Chancen dafür hat das Ingenieurbüro im Stadtzentrum ausgemacht. Für diese Gebiete soll eine Machbarkeitsstudie erarbeitet werden. Eine sogenannte Transformationsplanung soll ergeben, inwieweit das bestehende Wärmenetz entlang der Kaiserstraße dekarbonisiert werden und eventuell Richtung Arbach und dem Neubaugebiet Arbach Süd erweitert werden kann. Dabei soll auch geprüft werden, ob die Abwärme der Kläranlage als Energiequelle genutzt werden kann. Überlegt wird, ob im Zuge der Bauarbeiten für die Regional-Stadtbahn entlang der Trasse eine Wärmeleitung verlegt werden kann. Als mögliche Energiequelle wird auch die Geothermie untersucht. Letztlich bleibt es aber dabei, dass nur wenige Gebäude in Pfullingen für einen Abschluss an die Fernwärme infrage kommen.

Strom wird eine zentrale Rolle spielen

Deshalb liegt ein Schwerpunkt der Wärmeplanung auch auf der Einbindung etwa der Windkraft, aber auch auf die Information der vielen Hausbesitzer, die ihre Heizung austauschen müssen. Dazu bietet die Klimaagentur zwischen Oktober und März wochenweise Gespräche vor Ort an. Bis dahin, so Hasert, habe die Politik vielleicht auch geklärt, wie es weitergehe. Nicht nur für ihn, ist aber klar, dass Strom eine zentrale Rolle in Zukunft spielen wird. Und dieser müsse klimaneutral erzeugt werden. »Der größte Hebel liegt bei Ihnen«, erklärte er mit Blick auf das Publikum und forderte zum Ausbau der Photovoltaik auf. Gleichzeitig müssten die Gebäude saniert werden, um den Energiebedarf zu senken.

Für die Bürger blieben nach dem Vortrag viele Fragen offen, wie die zahlreichen Wortmeldungen belegten. Warum endet die Wärmeplanung an der Ortsgrenze?, war eine. Wie soll ich mich entscheiden, wenn ich demnächst meine Heizung austauschen muss, aber nicht weiß, ob das Fernwärmenetz kommt und wann?, eine andere. Welche Heizanlagen sollen die Fernwärmenetze in der Innenstadt speisen oder wie soll man den Strom in den Sommermonaten speichern? Vieles davon soll im Zuge einer Fortschreibung der Wärmeplanung beantwortet werden. Eins machte Bürgermeister Wörner am Ende der Veranstaltung nochmal deutlich, die Stadt sucht weiter den Dialog mit den Bürgern und versuche dort, wo es möglich sei, individuelle Lösungen zu finden. (GEA)