PFULLINGEN. Gefährlich ist es, im Klostergarten zu spielen. Wer es dennoch tut und auch noch den Bösewicht Veit im Klosterkeller verhöhnt, kann sein blaues Wunder erleben. Die Pfullinger Sage vom »Holzspalter« ist jetzt als spannendes Märchen verfilmt worden. Am Mittwoch, 30. Juli, um 17 Uhr wird das Ergebnis in der Volkshochschule, Raum 3, gezeigt.
Esther-Annie Dietz, die unter anderem mit Drehbuch und Verfilmung von Wilhelm Hauffs Märchen »Das kalte Herz« Erfahrungen sammelte, griff jetzt die Sage vom »Holzspalter« auf. Es habe einen Riesenspaß gemacht, die Geschichte in ein Drehbuch zu übertragen, aber es mussten Rollen für 20 Kinder und eine Erwachsene geschaffen werden. Viel Fantasie war dazu nötig und auch der eine oder andere Kunstgriff.

Das Filmprojekt startete im Rahmen des »talentcampus«, einem Ferienprogramm für die kulturelle Bildung. In ein- oder mehrwöchigen Projekten befassen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit unterschiedlichsten kulturellen Richtungen und werden selbst künstlerisch aktiv.
»Die Pfullinger Sagen sind für Verfilmungen ein dankbares Thema«, sagt Dietz. »Es ist einzigartig in Schwaben, dass ein Ort derartig viele eigene Sagen hat.« Und die Urschel, die sich um Arme und Benachteiligte kümmere, sei sehr integrativ und interessant für Kinder und Geflüchtete.
Die kleinen Schauspielerinnen und Schauspieler, die im »Holzspalter« mitwirkten, kannte sie bereits von vorangegangenen Projekten. Weitere Darsteller kamen aus der Nachbarschaft, der WHR oder aus der eigenen Familie: Auch die drei Kinder der Autorin und ihres Mannes Philipp, der als zweite Betreuungsperson agierte, waren wieder mit dabei.
Der Sage nach lebt der Holzspalter seit Urzeiten im Klosterkeller, aber wie ist er eigentlich dorthin gekommen? Das erzählt der Film. Esther-Annie Dietz verknüpfte den Holzspalter mit der historischen Figur des Münzfälschers vom Kappelhof in Pfullingen. Dieser, genannt Veit, hält zwei Mädchen gefangen, die ihm beim Münzfälschen helfen müssen. Hier bringt die Regisseurin die Urschel, Pfullingens guten Geist, ins Spiel. Im Film verhilft sie den Mädchen zur Flucht und zur gewünschten Aufnahme ins Kloster, wo sie endlich lesen und schreiben lernen dürfen. Der wütende Veit möchte sie natürlich zurückholen, steigt ins Kloster ein und will nebenbei auch noch den Klosterschatz rauben. Wieder schreitet die Urschel ein. Sie verflucht Veit, der bis in alle Ewigkeit im Klosterkeller Holz hacken muss.
Veit wirft mit Lehmklumpen
Wer aufmerksam ist, kann es im Klostergarten hören. Allerdings ist es nicht ratsam, sich über Veit lustig zu machen, denn dann wirft er mit Lehmklumpen - und trifft auch. Im Film trifft eines dieser »Geschosse« die im Klosterhof spielenden Kinder und versetzt sie zurück in eine ferne Vergangenheit, wo sie die Ereignisse um Veit und die Nonnen direkt miterleben können.
Viele Kostüme waren nötig, die die Autorin selbst schneiderte. »Sie müssen maßgefertigt sein und sollten auch in etwa der mittelalterlichen Zeit entsprechen«, berichtet sie. Denn so ganz nebenbei erfahren die Kinder durch die Dreharbeiten für den Film auch etwas über den damaligen Alltag. Sie schöpften Papier, sponnen Wolle mit der Handspindel, prägten »Münzen«, schrieben mit Feder und Tinte und bewiesen sich sogar in einem kleinen Ritterturnier.
Die Suche nach einem passenden Wegekreuz
Das nötige Equipment, wie Kamera und Scheinwerfer, kamen vom Kreismedienzentrum in Reutlingen. Gedreht wurde im Klostergarten, in der Martinskirche, im Schlössle – und an einem Wegekreuz in Großengstingen. »Ich hatte das Kreuz für eine wichtige Szene ins Drehbuch geschrieben, aber dann fanden wir einfach keins hier in der Umgebung«, so Esther-Annie Dietz. Die Gemeindeverwaltung Engstingen habe geholfen und ein geeignetes Wegekreuz ausfindig gemacht.
Für die Dreharbeiten gab es ein schmales Zeitfenster von acht Tagen in den Pfingstferien. Proben mussten daher bis auf einen kurzen Testlauf ausfallen. »Die Kinder bekamen ihre Rollen etwa einen Monat vorher, lernten ihren Text auswendig und dann ging's los«, berichtet Esther-Annie Dietz. »Wenn eine Szene nicht gleich auf Anhieb klappte, haben wir sie eben wiederholt.« Und mit der Erfahrung aus den beiden vorangegangenen Filmprojekten werde man immer schneller.
Wird die Sage vom »Weißen Weihnachtsschwein« verfilmt?
Nun wünschten sich viele, dass auch die Sage vom »Weißen Weihnachtsschwein« verfilmt werde. Es rennt an Heiligabend durch den Ort und verfolgt die Unlauteren. »Im Moment überlegen wir, in welcher Form das Schwein dargestellt werden soll. Man kann wohl kaum ein echtes Tier nehmen.« Nicht zuletzt wegen der vielen Auflagen des Veterinäramts. Das Amt und auch Tierschutzvereine müssten ihr Okay geben, bevor ein Tier zum Darsteller werden könne. Beim »Holzspalter« tritt eine Schlange auf, die genehmigt wurde, wenn nur ihr Besitzer, aber nicht eines der Kinder, sie auf dem Arm hielt. Und ein rennendes Mäuslein stammt ebenfalls aus einer Haustierhaltung und wurde auch in den eigenen vier Wänden gefilmt. »Die beiden Szenen haben wir dann geschickt in die Handlung hineingeschnitten«, erklärt Esther-Annie Dietz und lacht. Sie freut sich schon auf das nächste Projekt. (GEA)


