PFULLINGEN. Viel ist nicht mehr übrig vom stadtbildprägenden Peoplemover. Am Dienstag wurde die einst deutschlandweit einzigartige Hilfe zur Straßenüberquerung in der Pfullinger Marktstraße fast vollständig abgebaut. Nur der Turm, in dem die Fahrgastkabine bei ihrer letzten Fahrt vor rund 16 Jahren stehen geblieben war, steht noch teilweise. Die Abbauarbeiten mit einem großen Kran und viel Funkenflug boten einigen Schaulustigen ein spektakuläres Schauspiel.
Als einer der Ersten war Manfred Schairer schon kurz nach halb neun vor Ort. »So ein historisches Ereignis kann man sich nicht entgehen lassen«, sagte der Rentner aus Pfullingen – auch wenn er selbst nie mit dem Peoplemover gefahren ist. Für ihn ist klar: »So ein altes Klumpp, das schon so lange außer Betrieb ist, gehört einfach weg.« Seit 2009 stand die Anlage still.
Dass der Peoplemover nie wieder in Betrieb genommen wurde, verwundert viele Anwohner – auch Andreas Schulze. Er war bereits 2001 dabei, als das futuristische anmutende Verkehrsmittel aufgebaut wurde, und wollte sich nun dessen Ende nicht entgehen lassen. »Ich bin immer damit zum Einkaufen gefahren«, erzählt der Pfullinger, der in unmittelbarer Nähe aufgewachsen ist. Bis zu 500 Fahrgäste sollen damals täglich mit dem »Nomlupfer« die Marktstraße überquert haben. »Viele sind froh, dass er wegkommt«, sagt Schulze. »Ich hätte es lieber gesehen, wenn man ihn wieder hergerichtet hätte. Er gehörte einfach hier dazu. Es tut ein bisschen weh, dass er jetzt weg ist.«
Ähnlich denkt Elvira Schaufler, die den Peoplemover ebenfalls häufig nutzte. »Es war ein einmaliges Erlebnis«, erinnert sie sich. »Ich finde es schade. Man hat ihn damals für teures Geld angeschafft.« Rund zwei Millionen D-Mark kostete das Projekt – und auch der Abbau werde »nicht ganz günstig sein«, mutmaßt Schaufler. Lieber hätte sie gesehen, dass man das in Deutschland einst einzigartige Transportmittel erhalten hätte.
Emil Schmid verabschiedet sich von seinem Werk
Zur Verabschiedung kam auch Emil Schmid, der Ideengeber des Peoplemovers. Mit seinem Maschinenbauunternehmen in Sonnenbühl hatte er das Projekt damals umgesetzt. »Ich verspüre natürlich eine gewisse Wehmut«, sagt der 86-Jährige, während er zusieht, wie seine Konstruktion mit schwerem Gerät und teils roher Gewalt zerlegt wird. Große Sentimentalität spüre er beim Abschied aber nicht mehr: »Nachdem der Peoplemover so lange stillstand und nicht mehr gepflegt wurde, muss ich sagen: Der kann weg.«
Schmid erinnert sich noch gut daran, wie er und sein Team die Anlage »in nur vier Stunden aufgebaut« hatten. Der Abbau, den der Pfullinger Bauhof gemeinsam mit dem örtlichen Abbruchunternehmen von Martin Geprägs durchführt, dauert deutlich länger.
Um kurz nach acht Uhr begannen die Vorarbeiten. Zuerst entfernten Arbeiter Teile der Kunststoffverkleidung, um die schweren Ketten eines 80-Tonnen-Autokrans um die Stahlträger der Brücke zu legen. Dann wurden die Enden der Brücke mit Schneidbrennern von den Türmen getrennt – begleitet von einem Regen aus Funken. Eine hartnäckige Aluminium-Führungsschiene musste zersägt werden. Beim ersten Versuch gelang die Trennung nicht, zu viel Spannung lag auf dem Metall, erklärt Geprägs. Erst nachdem zusätzliche Zentimeter Stahl entfernt waren, schwebte die Brücke langsam am Kran herunter auf die Straße.
Teile des Peoplemovers sollen ausgestellt werden
Danach wurden die Türme vom Fundament getrennt, mit dem Kran zu Boden gebracht. Das gesamte Konstrukt wurde von einem Bagger zerkleinert, die Einzelteile wanderten in Container und schließlich zum Schrottplatz. Am Abend war nur noch der Stumpf eines Turms und die Fahrgastkabine übrig. Noch bis Freitag bleibt die Marktstraße für Restarbeiten gesperrt.
»Es ist ein trauriger Tag für Pfullingen, weil jetzt ein Stück Geschichte verschwindet«, sagt Dieter Metzger vom Brauchtumsverein. »Aber die Geschichte soll weitergehen.« Die Gondel und ein Teil eines Turms sollen Platz in einer Ausstellungshalle finden, die der Verein errichten will – als Erinnerung an eine einst einzigartige Art, die Straße zu überqueren. (GEA)

