PFULLINGEN. Was muss man tun, um in einem vollen Arzt-Wartezimmer von allen schnellstens vorgelassen zu werden? Die Antwort darauf gab Ernst Mantel mit seiner Story von Horror-Enkel »Handabatsch«-Anthony, der zusammen mit seinem Opa eine ganze Praxis mühelos in den Wahnsinn treibt. Nicht nur bei dieser Nummer krümmten sich die Gäste im vollbesetzten Kulturhaus regelrecht vor Lachen. IKuh-Vorsitzende Christine Stuhlinger begrüßte das Publikum anlässlich des 30-jährigen Bestehens der am 30. Januar 1995 gegründeten Kulturinitiative. Gleich nach der Premiere seines Programms wenige Tage zuvor war Ernst Mantel in Pfullingen zu Gast. Bestens unterstützt wurde er von Markus Braun (Kontrabass und Gesang) und Florian Neukamm (Gitarre, Gesang).
Ernst Mantel, bekennendes »schwäbisch-weltoffenes Landei«, brauchte nur Sekunden, um das Publikum im Täschle zu haben. Da reichte schon sein verschmitztes Grinsen. Bei aller unglaublichen Wortakrobatik - wie bei einer Reisestory mit gefühlten 1.000 schwäbischen »sch«-Lauten, vom Zug-Bischtro bis zum Aoschta-Tal - bleibt der Barde entspannt, zelebriert das Schwäbische und hat auch selbst richtig Spaß dabei. Vermutlich ist das das Geheimnis, warum sich gute Laune und Humor sofort auf die Gäste übertragen und alle mitreißen. Muschtergültig!
Herrlich komisch auch die missverstandene schwäbische »Phonetik«, die aus »Frisch ans Werk« durch dialektische Verschleifung die Aufforderung »Frischn Zwerg« werden lässt, strikt verweigert mit »Warum soll i jetzt an Zwerga fressa?« Immerhin hat Mantel im Selbstfindungsprozess erkannt, worin er »wirklich richtig gut« ist, nämlich im Essen. Vor allem, wenn ein leibhaftiger Schwarzwurstring mit Zwiebele vor ihm liegt. Doch natürlich ist der Schwabe auch sparsam. Gespart wird an ällem: am Essen, am Rotwein, am Trinkgeld. Und auch am Blasorchester, das auf der Bühne durch Selberpfeifen ersetzt wird. Markus Braun und Florian Neukamm erwiesen sich als virtuose Musiker, die den Geist Ernst Mantels verinnerlicht haben.
Schlaglicht um Schlaglicht wurde auf die schwäbische Seele geworfen. Da ging es im Song »Ach du Schande – Verwandte« um die Angehörigen, denen man noch nicht einmal im Antarktis-Urlaub entkommt, da vor allem Reutlinger überall seien. Herzerfrischend war auch das herzlich überflüssige, aber ausgiebige Gespräch über das Wetter, die Frisur oder die Nachbarn. Oder der »Krankheitenwettbewerb«: Wen hat es am schlimmsten getroffen? Das Publikum amüsierte sich köstlich über Mantels »erstaunliches Halbwissen« über die »minimalintravasive Knopfleistenchirurgie«. Es gab sogar Zwischenbeifall für die enorme Gedächtnisleistung, einen Text von beachtlicher Länge mit unzähligen »Fachbegriffen« locker wiederzugeben.
»So viel han i scho lang nemme g'lachet«, meinte eine Zuschauerin, als Mantel als »Der Checker« in die Rolle eines Managers aus dem Stuttgarter Speckgürtel schlüpfte, der das Schwäbische mit Anglizismen verband: »Ein absolutes No-Go für Sprachpuristen, aber half so wild.« Alles roger und gechillt in der Challenge, wenn einem auch der Bernie roundabout älle zwei Wocha voll auf den Buzzer geht.
Da bleibt nur eine gesunde »Selbstbeweihräucherung«, ausgedrückt im mitreißenden »Mir hoißet älle Hägele ond fahrn a Jahreswägele«. Spätzle, Brezel, Mauldäscha – »Mir Schwoba send oifach Pfondskerle!« Und keinesfalls seien Schwaben, wie es in einer von zwei Zugaben hieß, humorlose Moschtkepf. »Mir machet Party, bisses das Dach lupft!« Langer Beifall, Bravorufe, Pfiffe – das Publikum feierte das Trio ohne Ende. (GEA)