PFULLINGEN. Plötzlich ist man wieder 20. Und singt das »Yeah« als Refrain von Elton Johns »I´m still standing« und »Time after time« von Cindy Lauper. Das Duo »Hearts and bones«, Biggi Binder (Gesang) und Barbara Gräsle (Gitarre), beamte mit »Songs of a century« das Publikum im einmal mehr restlos ausverkauften Pfullinger Kulturhaus in von Nostalgie überlagerte Zeiten zurück. Die Gäste sangen mit, klatschten, und forderten am Ende Zugaben.
Der Tango-Rumba-Hit »A night like this«, das gefühlvolle »You´ve got a friend«, »Completely wrapped up in you« im Countrysound, »Freedom is just another word« von Janis Joplin oder das rebellische »Je veux« von Zaz – abwechselnd konnte sich das Publikum wohlig zurücklehnen oder enthusiastisch mitmischen. Biggi Binder variierte ihre Stimmfarbe in von warm bis rauchig, griff zu Trommel, Akkordeon, Schellenkranz oder Tin Whistle und strahlte in ihrer Begeisterung für die Musik, die handgemacht und ohne viel technisches Equipment auf der Bühne zelebriert wurde.
Über die Ironie des Lebens
Barbara Gräsle begleitete Biggi virtuos auf einer von vier Gitarren, sang die zweite Stimme und veranstaltete gelegentlich ein humorvolles Quiz. »Wie heißt der Song zum Text 'Nichtraucherschild, und du hast Zigarettenpause'«, fragte sie. Sofort schallte es aus dem Publikum »Ironic!« Hatte doch Alanis Morrisette in den 90ern die Ironie des Lebens beschrieben, das das Richtige zum falschen Zeitpunkt liefert.
»Hearts and bones« benannten sich nach der Ballade von Paul Simon, das er über seine Beziehung mit Carrie Fisher schrieb: Ein Paar ist mit »Herz und Seele« verbunden. Auch das Duo auf der Pfullinger Bühne harmonierte bestens und präsentierte einen Hit nach dem anderen. »Maneater« (Daryl Hall, John Oates) erklang, »Love of my live« von Queen, »Rolling on the River« von Tina Turner. Auf Spanisch sang Biggi »Con los annos« von Gloria Estefan, eine einfühlsame Ballade über eine Bitte um Verzeihung, und auf Gälisch ein Irish Traditional, in dem ein junger Mann um seine Liebste wirbt. »Ich hoffe, dass niemand im Saal Gälisch kann«, lachte sie.
Zerbrechlichkeit des Menschen
Doch auch Tiefsinniges und Nachdenkliches hatte das Duo im Programm. So hatte Sting mit »Fragile« ein hammerhartes Lied gegen den Krieg geschrieben und betont darin die Zerbrechlichkeit des Menschen. »Blackbird« widmete Paul McCartney 1968 den Schwarzen in der Bürgerrechtsbewegung der Südstaaten. Die auch als Malerin begabte Musikerin Joni Mitchell (heute 81) beschrieb in »Both sides now« die Seiten des Lebens. In den Songs steckt viel Lebenserfahrung und mit viel Einfühlungsvermögen gaben die beiden Frauen sie auch wieder. Sehr gut, dass der Inhalt jeweils kurz auf Deutsch zusammengefasst wurde.
Beim Ohrwurm »Hijo de la luna« von Loona, vorgetragen auf Spanisch, dürfte das Mitsingen wohl den meisten etwas schwerer gefallen sein, doch mitsummen konnte jeder. Der Hit basiert auf einer mystischen, abgefahrenen Fabel über den »Sohn des Mondes«. Zum Schluss präsentierte das Duo als Zugabe die Rockhymne »Like the way I do« von Melissa Etheridge. Ein Abend, der gern wiederholt werden darf. (GEA)