ENINGEN. »Schon zwei von diesen hässlichen und verbotenen Schottergärten«, stellt ein Nutzer in der Eninger Facebook-Gruppe fest und postet ein Bild, auf dem ein mit Steinen bedecktes Blumenbeet zu sehen ist. Er ist nicht der einzige, der sich über die vermeintlichen »Insektenkiller« aufregt: »Viele Leute haben sich über die Osterfeiertage bei uns im Rathaus gemeldet und sich beschwert. Dabei sind das gar keine Schottergärten«, sagt Bürgermeister Eric Sindek. Was es mit den Steinen auf den Blumenbeeten auf sich hat, verraten er und Bauhofleiter Jens Herold.
Schottergärten sind in Baden-Württemberg seit Mitte 2020 gesetzlich verboten. Einer der Gründe ist, dass sich unter der Steinschicht meist ein Vlies befindet, dass unter anderem Regenwasser am Absickern hindert und somit zu Überschwemmungen beitragen kann. »Eben dieses Vlies gibt es bei uns nicht«, erklärt Herold. »Unter den Steinen liegt direkt Erde und ein Granulat, das sogar Wasser speichern kann.« Er kann verstehen, dass »rein optisch gesehen« beim Anblick der neuen Beete schnell an die verbotenen Schottergärten gedacht wird. »Wir als Gemeinde würden aber niemals etwas Verbotenes machen«, versichert Sindek.
Biodivers, ressourcenschonend und nachhaltig
Aber woher kam dann die Idee, Steine für die neuen Blumenbeete zu verwenden? "Wir arbeiten schon lange daran, unsere Bepflanzung ressourcenschonender zu gestalten", erklärt Herold. "Im vergangenen Jahr kam dann im GEA ein Artikel mit einem Experten, der darüber gesprochen hat, wie man Gärten klimagerecht anbauen kann." Inspiriert davon haben der Bauhof und die Baumschule Rall dann gemeinsam nach einer Möglichkeit gesucht, auch die Eninger Blumenbeete und Grünanlagen biodivers, ressourcenschonend und nachhaltig zu machen. Und diese beinhaltete unter anderem den Einsatz von Steinen.
Aber der Reihe nach: »Wir haben uns dann erstmal um die Begrünung gekümmert und dafür entschieden, ab sofort mehrjährige Stauden zu pflanzen«, erklärt Herold. Noch sehen diese zwar sehr klein und etwas verloren zwischen den Steinen aus, sie sollen aber »langsam wachsen, damit daraus starke Pflanzen werden können«. Der Vorteil von Stauden: Sie sind laut Herold bienenfreundlicher, als die bisherigen einjährigen Blumen. Außerdem spart die Gemeinde einiges an Geld, weil sie nicht jedes Jahr neue Pflanzen kaufen muss.
»Obendrein brauchen die Stauden weniger Hilfe vom Menschen, um zu überleben«, sagt Sindek. »Wir müssen uns damit auseinandersetzen, wie sich das Klima in unserer Region verändert und darauf reagieren. Nicht jede Begrünung, die wir vor ein paar Jahren gepflanzt haben, kann im heutigen Klima eigenständig überleben.« Vor dem Eninger Rathaus stünden daher beispielsweise Amberbäume, die ihren Ursprung in Amerika haben und klimaresistenter seien, als einige heimische Bäume.
Rund 110.000 Liter Wasser im vergangenen Jahr verbraucht
Ein weiterer Punkt, der dem Bauhofleiter »in Zeiten von Trockenheit und Hitze« wichtig war: Wasser sparen. »Das ist so ein kostbares Gut, mit dem wir nicht verschwenderisch umgehen sollten«, sagt Herold. Im vergangenen Jahr hat die Gemeinde rund 110.000 Liter Wasser zum Gießen gebraucht. »Das sind fast 800 Badewannen und eindeutig zu viel.« Gekostet hat das laut Herold obendrein rund 30.000 Euro, inklusive der Transport- und Personalkosten. Die Lösung: Neben der Erde ist unter den Beeten auch eine Schicht Granulat, das sogar Regenwasser speichern kann.
»Die Steine obendrauf haben zwei Gründe«, erklärt Herold. Zum einen schützen sie die Erde vor dem Austrocknen. »Im Sommer scheint die Sonne meist so erbarmungslos, dass kurze Zeit nach dem Gießen das Wasser wieder verdampft ist. Deswegen haben wir uns auch für weiße Steine entschieden und nicht für dunkle.« Zum anderen schützen sie die jungen Stauden vor Unkraut mit »stärkerem Wuchs«. »Und das wichtigste, die Blumenbeete sind ohne ein Vlies angelegt«, fügt Sindek hinzu. Außerdem: Irgendwann in naher Zukunft werden laut Herold die Stauden so groß sein, dass sie die Steine gänzlich überdecken.
Begrünung in Eningen soll nachhaltiger werden
Eigentlich ist es schade, dass wir erst jetzt auf die Idee gekommen sind, unsere Begrünung klimafreundlicher und ressourcenschonender zu gestalten", sagt Herold. "Andererseits gehören wir beispielsweise neben Reutlingen und Pfullingen zu den ersten Kommunen, die überhaupt an die Umsetzung solcher Bepflanzung gegangen sind", fügt Sindek hinzu. "Unser Ziel ist es, nach und nach die gesamte Begrünung der Gemeinde nachhaltiger zu gestalten", sagt Herold. "Dazu gehören beispielsweise auch die Bäume. Wir werden öfter hinterfragen, welche Pflanzen, an welchen Standort sinnvoll sind und danach handeln." (GEA)