Die Lichtensteinerin Claudia Flohr hat ihre Entscheidung trotz eines Schicksalsschlags nicht bereut
LICHTENSTEIN. Eigentlich wollte Katzenbesitzerin Claudia Flohr aus Lichtenstein keinen Hund. Doch das sollte sich noch ändern. Dazu beigetragen hat ihr Bruder. Der holte sich vor vier Jahren einen Zweithund von der Tierschutzorganisation »Pets Crew« aus Schwäbisch Gmünd. Die Institution vermittelt Hunde aus Rumänien. »Leider haben sich die zwei Hunde nicht gut verstanden. Es musste schnell eine Lösung her«, sagt Flohr. Der Plan war, dass ihr Ehemann und sie den Ungarischen Hütehund vorübergehend aufnehmen, bis sich ein neuer Besitzer findet. Der Vierbeiner war zu diesem Zeitpunkt bereits neun Jahre alt und wuchs ihnen schnell ins Herz. »Er war sehr lieb und dankbar, dass er bei uns sein konnte.«
Die Freude hielt aber nicht lange an. Es stellte sich heraus, dass der Vierbeiner schwer krank war. »Er hatte einen Lungentumor. Wir wollten nicht, dass er im Tierheim stirbt, daher adoptierten wir ihn«, sagt Flohr. Eine Vermittlungsgebühr musste sie für den kranken Hund nicht zahlen. Bei Fragen stand ihr eine Betreuerin unterstützend zur Seite. Das Tier wurde nicht mehr gesund. »Wir haben ihn leider schon nach drei Monaten einschläfern müssen.« Danach wollte der Ehemann von Flohr keinen Hund mehr. Knapp ein Jahr später wurde ihr klar: »Ich kann nicht mehr ohne Hund.«
Liebe auf den ersten Blick
So nahm sie erneut Kontakt zu der Betreuerin der Tierschutzorganisation auf. »Sie fand sofort eine passende Hündin für uns. Sie hat das wirklich gut gemacht. Wir kannten uns ja bereits, sie wusste, wie wir wohnen und was wir uns für einen Hund wünschen.« Es sollte kein Welpe sein. Denn: »Ein junger Hund bekommt immer ein Plätzchen, aber ein älterer nicht, dabei verdient er genauso ein schönes Zuhause.« Außerdem sollte der Hund nicht so groß wie der erste sein. Diese Voraussetzungen erfüllte eine Straßenhündin aus Rumänien. Flohr erhielt Bilder, Videos und Beurteilungen von den Pflegern aus der rumänischen Auffangstation. »Ich habe mich gleich in Frieda verliebt«, sagt sie und meint damit ihre jetzige Hündin. Welche Rassen in ihr stecken, weiß sie nicht. »Es sind auf jeden Fall mehrere.«
Das damals zweijährige Tier wurde »als zurückhaltend und schüchtern, aber sehr liebevoll mit Menschen und verträglich mit anderen Hunden«, beschrieben. »Das war dann auch so.« Die Hündin holte Flohr aus Plüderhausen ab. Das Tier wurde mit einem Transporter dort hingebracht. Der Zustand des Tieres sei gut gewesen. »Frieda kam in einem sauberen Zustand an und war nicht unterernährt.« Das bestätigte auch der Tierarzt. Der stellte fest, dass sogar die Zähne des Hundes gesund seien.
Mit vielen Ängsten zu kämpfen
Zwar war Flohrs Schützling diesmal körperlich gesund, doch die Hündin hatte mit vielen Ängsten zu kämpfen. »Sie hatte Angst durch Türen zu laufen, andere Wohnungen zu betreten und auf Fliesenböden zu laufen.« Die ersten Tage habe sie nur im Körbchen verbracht. »Wir mussten sie raus- und reintragen«, erinnert sich Flohr. Außerdem fürchtete sich Frieda vor Kerzen, Besen, Staubsaugern, Schlüsseln, Schachtdeckeln, Feuerwerken, Lastwagen und Brückengeländern.
Mittlerweile habe Frieda ihre Ängste überwunden, fühle sich wohl und geborgen. »Es war viel Arbeit, doch es hat sich gelohnt. Wir können sie jetzt auch in die Stadt mitnehmen. Das war am Anfang zu viel für sie. Zwar ist sie noch vorsichtig, aber sie folgt uns.« Auch das Laufen über Brücken klappe jetzt hervorragend. »Das macht sie inzwischen so gut, als ob sie nie vorher etwas anderes gemacht hätte«, freut sich Flohr. »Sie ist sehr sozial, freundlich und Menschen zugewandt«, schwärmt sie. »Wir lieben sie.«
Tanja Wendel aus Reutlingen wollte einem Hund aus Südosteuropa etwas Gutes tun. Doch dann kam alles anders.
REUTLINGEN. Wenn Tanja Wendel aus Reutlingen wüsste, was auf sie zukommen würde, nachdem sie einen Hund aus Griechenland adoptiert hatte, würde sie es nicht wieder tun, sagt sie heute. »Am Anfang lief alles gut«, erinnert sich Wendel an die Zeit, als mit Hund Jamie die Welt noch in Ordnung war. Von dem damals sechsmonatigen herrenlosen Vierbeiner erfuhr sie im Jahr 2022 über eine Bekannte. Die erzählte der Reutlingerin von einer Tierschutzorganisation, die griechische Hunde vermittelt. Daraufhin meldete sich Wendel bei der Institution und erhielt Fotos und eine Beschreibung. Es handelte sich um einen großen, aktiven Hund: Auf den ersten Blick entsprach er genau den Vorstellungen der sportbegeisterten Frau.
Um den Vierbeiner persönlich kennenzulernen, machte Wendel einen Termin mit zwei Frauen aus, die ihn vorübergehend in Filderstadt aufgenommen hatten. Die zwei besuchten sie gemeinsam mit dem Hund. Beim Kennenlernen verhielt sich der Hund nicht aggressiv. Im Vorfeld sei ihr auch nichts kommuniziert worden, dass der Hund schwierig sein könnte. Deswegen machte sich Wendel auch keine Sorgen, ob es mit ihm funktionieren würde. Schließlich fehlte es ihr nicht an Hunde-Erfahrung. »Ich hatte davor schon zwei Hunde.«
Die ganze Familie zerbissen
Die erste böse Überraschung ließ nicht lange auf sich warten. Als sie ihren Schützling aufnahm, musste sie feststellen, dass er unter chronischem Durchfall litt. »Es dauerte lang, bis es besser wurde.« Wendel bemühte sich, damit sich Jamie in seiner neuen Umgebung wohlfühlen konnte, kochte sogar für ihn, erzählt sie. »Im Sommer saß er so gern in der Sonne, also verbrachten wir noch mehr Zeit draußen.« An Bewegung habe es dem Tier nicht gefehlt. Da die Reutlingerin sportlich sehr aktiv ist, hat sie den Vierbeiner regelmäßig ausgepowert.
Doch der Hund kam nicht zur Ruhe. »Er wurde hyperaktiv, knabberte an der Tapete herum, fing an, Gegenstände zu zerbeißen und am Holzbett zu nagen«. Daher beschloss die Reutlingerin, Hilfe zu suchen und eine Hundetrainerin zu kontaktieren. Doch die Erfahrung mit ihr sei schlecht gewesen. Der Trainerin sei der Profit wichtiger als das Wohlergehen des Tieres gewesen.»Irgendwann ist die Lage eskaliert. Der Hund hat die ganze Familie zerbissen«, erzählt Wendel und ihre Stimme wird leiser. »Ich wurde in die Hand gebissen, meine Lebensgefährtin in den Oberarm und meiner Mama, die im Rollstuhl sitzt, in beide Hände.« Anzeichen, dass der Hund bald zubeißen würde, habe es in keinem der Fälle gegeben. »Er hat weder geknurrt noch die Zähne gezeigt.« Sogar die Hundetrainerin sei Opfer einer Attacke geworden.
Von Tierheim-Mitarbeitern abgeholt
Angegriffen wurde Wendel in ihrem Büro, berichtet sie. Davor sei sie der Anweisung der Hundetrainerin gefolgt, »ihn ins Bürozimmer hineinzulassen, damit er in meiner Anwesenheit zur Ruhe kommt«. Doch dann ging es nach hinten los. Der Hund wurde aggressiv und griff sie an. »Ich stand im Raum herum und wusste mir nicht mehr zu helfen.« Nachdem sie es geschafft hatte, das Zimmer zu verlassen, traute sie sich nicht mehr zurück zum Hund. »Der hat sich nicht mehr anfassen lassen. Mir hat es wirklich leid getan, es kamen mir die Tränen, aber ich konnte nichts mehr machen. Die Tierschutzorganisation wollten den Hund nicht mehr zurücknehmen.« Sie kontaktierte das Tierheim.
Nachdem Mitarbeiter des Tierheims den Hund abgeholt hatten, unterschrieb Wendel, dass sie ihn abgibt. »Ich hätte es nicht tun sollen und trauere dem Hund nach, aber auf der anderen Seite, weiß ich nicht, was ich sonst machen könnte. Mir waren die Hände gebunden.« Sie würde sich wünschen, im Tierheim mit einem Hundeexperten trainieren zu können, um Jamie wieder nach Hause holen zu können. Doch das sei nicht möglich gewesen, bedauert sie.
Später erfuhr Wendel: Aus dem Wurf haben alle Hunde zugebissen. Unter den Hundebesitzern waren auch Familien mit Kindern, die ihr Tier auch abgeben mussten. »Ich möchte, dass Menschen von schwierigen Fällen erfahren und vorsichtiger sind, wenn sie sich einen Hund aus dem Ausland holen. Ich würde es nicht noch einmal tun.« (GEA)