Logo
Aktuell Geschichte

Auf der Spur der Greifensteiner

Burgenexperte Michael Kienzle berichtet über ein neues Forschungsprojekt

Der Historiker und Burgenexperte Michael Kienzle erläuterte rund 30 Gästen die Greifensteiner Burgen. FOTO: BÖHM
Der Historiker und Burgenexperte Michael Kienzle erläuterte rund 30 Gästen die Greifensteiner Burgen. FOTO: BÖHM
Der Historiker und Burgenexperte Michael Kienzle erläuterte rund 30 Gästen die Greifensteiner Burgen. FOTO: BÖHM

LICHTENSTEIN. Wer waren die Greifensteiner wirklich? Burgenexperte Michael Kienzle sucht nach einer Antwort und berichtete bei einer Führung über ein neues Forschungsprojekt.

Die Greifensteiner waren Raubritter und fanden ihr gerechtes Ende, als ihre Burgen über dem Echaztal 1311 von den Reutlingern zerstört wurden. Ob diese Schwarz-Weiß-Malerei der Wirklichkeit entspricht und welche Bedeutung das mittelalterliche Adelsgeschlecht tatsächlich hatte, soll ein neues Forschungsprojekt der Uni Tübingen klären. Der Historiker Michael Kienzle stellte es am Sonntag vor, als er rund 30 Gäste auf Einladung des Geschichts- und Heimatvereins Lichtenstein durch die beiden bekannten Greifensteiner Burgen am Albtrauf führte.

»Über die Adelsfamilie ist kaum etwas bekannt«

Kienzle, der gerade über die Burgensysteme der Region promoviert, nannte die Greifenstein-Forschung ein faszinierendes Projekt. »Obwohl die Adelsfamilie viel wichtiger war, als man gemeinhin denkt, ist kaum etwas über sie bekannt«, sagte der Referent. Viele Gerüchte seien im Umlauf. So seien die Greifensteiner angeblich verwandt mit den Pfullinger Gaugrafen. Diese, so Kienzle, habe es allerdings nie gegeben. Doch lebten in Pfullingen im 11. und 12. Jahrhundert Edelfreie, höhere Adlige, die aus den Schriftquellen verschwinden, sobald die Greifensteiner darin auftauchen. Dies bedürfe noch der Klärung.

Ende des 12. Jahrhunderts werden ein Berthold und ein Albert von Greifenstein genannt, die mit dem Hochadel der Gegend verflochten sind und sich im Echaztal eine rasch bedeutende Herrschaft errichten. Mehrere Burgen, heute teilweise abgegangene Dörfer sowie Ackerland, Wiesen und Wälder gehörten dazu. Spätestens in der Mitte des Jahrhunderts sei jedoch die Reichsstadt Reutlingen als Konkurrenz aufgetreten. Spannungen, vor allem um die wichtigen Verkehrswege, bauten sich auf, die sich zu Beginn des 14. Jahrhunderts im Reichskrieg entluden. Der streitbare Graf Eberhard von Württemberg hatte dem deutschen König Heinrich VII. die Stirn geboten, woraufhin dieser die Reichsacht über ihn verhängte und den Krieg ausrief. Kienzle vermutet, dass in diesem Zusammenhang die Reutlinger auf den Albtrauf zogen und die Burgen der Greifensteiner, Lehnsleute der Württemberger, in Schutt und Asche legten. So erging es auch den Lichtensteiner Burgen. »Man entledigte sich des störenden Adels am Albtrauf.«

Trotz der Zerstörung hielten sich die Greifensteiner noch rund 40 Jahre in der Gegend. »Vermutlich hatten sie irgendwo einen kleinen Adelssitz«, so Kienzle. 1355 tauchte ein Swigger von Greifenstein auf, der bis dahin in St. Gallen gelebt hatte und den Rest der Herrschaft an Württemberg veräußerte. Greifensteiner fanden sich in kirchlichen und weltlichen Ämtern.

Die obere Ruine Greifenstein befindet sich auf 753 Metern Höhe, die untere rund 150 Meter darunter. Dass die obere Burg nur Wachtposten gewesen sei, bezweifelt der Experte, der beide Anlagen für gleichwertig hält. Obwohl nur noch wenig Sichtbares vorhanden sei, ließe sich dennoch vieles erkennen.

Weitere Burgen der Adelsfamilie waren Hochbiedeck, die Kienzle auf dem Immenberg vermutet, und Burgstein, eventuell im Bereich des Sendemastes bei Holzelfingen.

Das Forschungsprojekt, unterstützt von Denkmalpflege, Kreisarchiv und Geschichtsverein, ist auf drei bis vier Jahre angelegt. (GEA)