Logo
Aktuell Hobby

Übersberger Frauen-Freundschafts-Fliegen: Warum es so wenig Segelfliegerinnen gibt

Auf dem Pfullinger Übersberg treffen sich eine Woche lang 18 Frauen, um ganz entspannt ins Segelflugzeug zu steigen und sich auszutauschen.

Aus ganz Deutschland und aus Alaska sind die Teilnehmerinnen des Übersberger Frauen-Freundschafts-Fliegen angereist. Zwei haben
Aus ganz Deutschland und aus Alaska sind die Teilnehmerinnen des Übersberger Frauen-Freundschafts-Fliegen angereist. Zwei haben auch ihren Mann mitgebracht. Foto: Sautter
Aus ganz Deutschland und aus Alaska sind die Teilnehmerinnen des Übersberger Frauen-Freundschafts-Fliegen angereist. Zwei haben auch ihren Mann mitgebracht.
Foto: Sautter

PFULLINGEN. Was gleich auffällt, ist die entspannte Atmosphäre. Die Segelfliegerinnen stehen locker auf dem Übersberg zusammen, ein großer schwarzer Hund wedelt freundlich mit dem Schwanz, als der GEA-Reporter am Hangar vorbeiläuft. Ein Segelflugzeug steht davor. Kulisse für das Gruppenfoto beim 1. Übersberger Frauen-Freundschafts-Fliegen. Organisiert und betreut wird das Treffen unter anderem von Manuela Steck und Barbara Kaiser. Sie machen's, weil Frauen im Segelflugsport deutlich unterrepräsentiert sind.

Da macht der Übersberg keine Ausnahme, rund hundert Männer aus vier Vereinen setzen sich dort ins Cockpit, aber nur etwa zehn Frauen, sagen die Organisatorinnen. Und dass es Frauen bei den Segelfliegern nicht leicht haben. Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist Segelfliegen ein zeitintensives Hobby. Ausbildung, Beruf und Familie lassen sich nicht so einfach unter einen Hut bringen mit einem Tag auf dem Fluggelände, erzählen die beiden. Dazu kommt eine größere Risikobereitschaft der Männer, während Frauen eher den Hintergedanken im Kopf haben, dass sie von ihrer Familie gebraucht werden. Ist Segelfliegen denn ein riskantes Vergnügen? »Man muss schon konzentriert bei der Sache sein«, sagt Barbara Kaiser, aber Risiken gebe es auch in vielen anderen Lebenslagen. Und Manuela Steck hat keine Sekunde Angst, wenn ihre 13-jährige Tochter Emma im Cockpit sitzt.

Frauen sind vorsichtiger

Außerdem hätten es Frauen in der Männerdomäne nicht leicht, sich durchzusetzen. Reicht’s mal nicht zurück auf den Übersberg und macht eine Frau eine Außenlandung, liege es in den Augen der Männer oft daran, dass eben ein weibliches Wesen das Flugzeug gesteuert habe. »Mann sein« sei dagegen nie ein Grund für eine Außenlandung. Jedenfalls sind sich die beiden mit Mitorganisatorin Ulrike Franz, die an diesem Morgen nicht auf dem Fluggelände sein kann, einig, dass es deutlich zu wenig Frauen beim Segelfliegen gibt.

Das wollen sie ändern. Aber nicht alle haben das Glück, wie Steck und Kaiser, »Flugplatzkinder« zu sein, und dank ihrer Eltern von Kindesbeinen an das Segelfliegen erlebt zu haben. Und dann haben sie noch Männer, die voll hinter ihrem Hobby stehen. Apropos Männer: Die dürfen beim Frauen-Freundschaft-Fliegen durchaus mit dabei sein. Zwei der 18 Teilnehmerinnen haben ihren Anhang mitgebracht. »Da sind wir nicht so.«

Manuela Steck (links) und Barbara Kaiser organisieren das erste Übersberger Frauen-Freundschafts-Fliegen.
Manuela Steck (links) und Barbara Kaiser organisieren das erste Übersberger Frauen-Freundschafts-Fliegen. Foto: Sautter
Manuela Steck (links) und Barbara Kaiser organisieren das erste Übersberger Frauen-Freundschafts-Fliegen.
Foto: Sautter

Wichtig ist den beiden vor allem die entspannte Atmosphäre. Flieger-Treffen gibt es viele, aber die seien von Männern und damit vom Wettbewerbsgedanken dominiert. Dazu soll das Freundschaft-Fliegen auf dem Übersberg einen Gegenpol setzen. Die Freude am Fliegen, nicht das Strecke machen, steht im Vordergrund. Auch der Austausch untereinander ist besonders wichtig. »Irre viel Spaß macht das hier«, sagt etwa die 61-jährige Kölnerin, die nur Silvia genannt werden will. Sie ist schon vor einem Jahr beim internationalen Frauen-Segelfluglager der amerikanischen Women’s Soaring Pilot Association (WSPA) auf dem Übersberg dabei gewesen. Für sie war es keine Frage, jetzt wiederzukommen. »Alle haben hier die gleiche Wellenlänge und passen gut zusammen.« Langweilig werde es hier nie. Sind mal keine Starts möglich, wie am regnerischen Mittwoch, genießen die Frauen das Ausflugsprogramm in der Region und reden miteinander.

Hervorragend gewartete Flugzeuge

Schon das Treffen vor einem Jahr sei hervorragend organisiert gewesen, deshalb ist Ute Kaden dieses Jahr wieder aus Fairbanks angereist. Die gebürtige Sächsin, die vor 14 Jahren nach Alaska ausgewandert ist, lobt auch die vier Vereine, die unter einem Dach auf dem Übersberg ihren Sport treiben. »Die Fluglehrer sind gut und die Flugzeuge hervorragend gewartet.« Das sei keine Selbstverständlichkeit, fügt sie noch an. »Hier kann man wirklich was mitnehmen.«

Ein Lob, das Manuela Steck und Barbara Kaiser guttut. Sie sind ein eingespieltes Team, wenn es um die Betreuung von Gästen auf dem Übersberg geht. Teamwork ist gefragt beim Segelfliegen, denn ohne die Hilfe von anderen kommt der Segler weder in die Luft noch nach der Landung zurück in die Halle. Und weil alle gemeinsam anpacken, sei Segelfliegen letztlich auch nicht teurer als eine andere Sportart, sagen die beiden. Für den Einsatz gibt’s viel. »Das ist ein ganz tolles Gefühl von Freiheit«, sagt Steck über das Erlebnis, nahezu lautlos durch die Luft zu gleiten. »Da lässt man alles hinter sich«, ergänzt Barbara Kaiser. Auch die Frage der Familie, was es denn heute Abend zu essen gibt. (GEA)