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Aktuell Bürgermeister

Über die Kirchturmspitze hinaus

LICHTENSTEIN. Natürlich ist ihm Simon Elias gerade das Wichtigste. Alles andere wäre bei einem frischgebackenen Vater ja auch komisch. Seit knapp zwei Wochen ist Lichtensteins Bürgermeister Peter Nußbaum Vater eines gesunden Sohnes und freut sich mit seiner gesamten Familie natürlich mächtig über den Nachwuchs. Selbst Töchterchen Sophie sei ganz begeistert, erzählt der stolze Papa, der heute vor hundert Tagen im Chefsessel des Lichtensteiner Rathauses Platz genommen hat.

Hat nach hundert Tagen als Bürgermeister gut lachen: Peter Nußbaum. GEA-FOTO: SAUTTER
Hat nach hundert Tagen als Bürgermeister gut lachen: Peter Nußbaum. Foto: Uwe Sautter
Hat nach hundert Tagen als Bürgermeister gut lachen: Peter Nußbaum.
Foto: Uwe Sautter
Gerade auch für die Familie sind die vergangenen Wochen nicht immer ganz einfach gewesen. Denn das neue Amt fordert den Vater, räumt der unumwunden ein. »Es war und ist schon ganz schön viel los«, sagt der 41-Jährige. Er will sich damit aber alles andere als beklagen. Ganz im Gegenteil. »Ich stehe jeden Morgen mit einem guten Gefühl auf und gehe jeden Abend mit einem guten Gefühl ins Bett«, sagt Nußbaum. Und dazu haben auch die Lichtensteiner viel beigetragen: »Sehr herzlich und aufgeschlossen« haben diese die Nußbaums aufgenommen: »Sie haben es uns wirklich nicht schwer gemacht.«

Aktenberge erklommen

Für ihn ist das mit die beste Erfahrung, die er gemacht hat, während er einen Aktenberg nach dem anderen erklommen hat. »Der Nebel lichtet sich«, sagt er und schiebt gleich nach: »Ich bin noch immer in der Einarbeitungsphase.« Aber auch jetzt schon sind Entscheidungen unumgänglich. Etwa die Einrichtung einer Haushalts- und Strukturkommission, die den Lichtensteiner Haushalt in den kommenden Jahren auf sichere Beine stellen soll.

»Ich wusste, dass 2011 schwierig wird«, erklärt er. Gleichwohl ist der Bürgermeister ernüchtert, wenn er sieht, wie wenig Manövriermasse im Haushalt übrig bleibt. Noch im Wahlkampf hatte Nußbaum die Erhöhung der Gewerbesteuer »als falsches Signal« gesehen. Jetzt könnte eben dies die Kommission empfehlen. Dann, so Nußbaum, müsse man sich mit den Gewerbetreibenden zusammensetzen und den Grad der Erhöhung besprechen. Wichtig sei, dass man um Verständnis wirbt und nicht einfach eine Erhöhung beschließe, ohne die Gewerbetreibenden anzuhören.

Vorbild sein

Bürgerbeteiligung - ein Schlagwort in Nußbaums erfolgreichem Wahlkampf, das ihm weiter am Herzen liegt. Gemerkt hat er inzwischen, »dass man auf die Bürger mit ganz konkreten Fragen, ganz konkreten Projekten zugehen muss, um voranzukommen«. Seine Bürgernähe sieht er da als Pfund.

Zweimal im Monat bietet er eine Bürgerfragestunde an, und hat dies auch schon Mal in Holzelfingen gemacht, wollte sich auch dort mal sehen lassen, »einmal auch von unten nach oben kommen«. Wohl wissend um die Spannung zwischen dem Hauptort und der Teilgemeinde auf der Alb.

Apropos Spannungen. In der Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat gibt es die nicht. Hier, und das betont er ausdrücklich, sei eine sehr gute konstruktive Zusammenarbeit möglich, lobt die gute Sitzungskultur. Auch wenn die Gemeinderäte kritisch nachgefragt haben, als es um den Kauf eines E-Bikes für den Gemeinde-Fuhrpark ging. »Es ist schon richtig, wenn die wissen wollen, wer damit fährt«, findet Nußbaum.

Inzwischen konnte die Rathausmannschaft schon mal Probefahren und sei begeistert gewesen. Sechs wollen auf jeden Fall das E-Bike nutzen, wenn es demnächst gekauft wird. Für Nußbaum hat der »sanfte Einstieg der Gemeinde in die Elektromobilität« auch eine Vorbildfunktion.

Betreuungskonzept entwickelt

Behutsam, findet er, müsse man die Projekte in der Gemeinde vorantreiben. Noch ist die Zeit zu kurz, seit er im Amt ist, noch ist die Bestandsanalyse nicht abgeschlossen, ohne die ein Weg in die Zukunft nicht möglich ist. Man könne ja nicht einfach alles infrage stellen. Natürlich will er die kinderfreundliche Gemeinde nicht nur im Auge behalten, sondern auch schaffen. Im Moment erarbeite die Verwaltung ein durchgängiges Betreuungskonzept, das auch die Bedürfnisse der berufstätigen Eltern berücksichtigen soll.

Mit den Albvereinen ist er im Gespräch, die die Wanderwege auf Lichtensteiner Gemarkung im Ort wirksam darstellen wollen. Er redet mit den Verantwortlichen auf dem Schloss, um dort mehr Trauungen möglich zu machen. »Und zur Stärkung des Radtourismus« fällt ihm auch noch was ein, erinnert er an ein weiteres Thema aus dem Wahlkampf.

Schnelle Trassenfindung

Natürlich spielt der Albaufstieg der B 312 eine gewichtige Rolle in diesem Jahr. Hierbei gelte es, die Politiker davon zu überzeugen, wie wichtig sein Neubau für die gesamte Region ist, sagt der Bürgermeister - der Albaufstieg eben nicht nur her muss, weil die Lichtensteiner den Verkehr satthaben

Er ist sich sicher, dass die Lichtensteiner schnell eine Trassenwahl treffen können. Lägen erst mal die Ergebnisse der Untersuchung des Regierungspräsidiums Tübingen - wahrscheinlich im Spätsommer - vor, dann gehe es Schlag auf Schlag. Bis dahin gelte es, die Bürger zu informieren und auf dem Laufenden zu halten. Natürlich werde es dabei kontrovers zugehen, weiß der 41-Jährige, denn unter den Trassenvarianten finde sich kein Königsweg.

Bürgermeister sein, sagt er angesichts der großen Themenpalette und Herausforderungen, ist »anders«, als er es sich vor hundert Tagen vorgestellt hat - »aber es macht Spaß«. (GEA)