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Pfullingen plant einen Handwerker-Kindergarten

Wer will fleißige Handwerker sehen? Der kann bald in einen Pfullinger Kindergarten gehen.

Drill Baby, drill: In Pfullingen sollen schon die Jüngsten fürs Handwerk begeistert werden.
Drill Baby, drill: In Pfullingen sollen schon die Jüngsten fürs Handwerk begeistert werden. Foto: Anatoliy Gleb/adobestock
Drill Baby, drill: In Pfullingen sollen schon die Jüngsten fürs Handwerk begeistert werden.
Foto: Anatoliy Gleb/adobestock

PFULLINGEN. Das war sicher ein Rekord. So oft wie in der jüngsten Sitzung des Pfullinger Gemeinderats ist das Wort »Toll« wohl dort noch nie gefallen. Ausgelöst hat die Euphorie im Gremium Therese Albrecht von der Stadtverwaltung, die gemeinsam mit Vertreterinnen der Reutlinger Handwerkskammer das Projekt »Handwerker-Kindergarten« vorstellte. In rund drei Jahren soll, »wer fleißige Handwerker sehen will«, zu den Kindern in der Heerstraße 80 gehen können. Dort baut der städtische Eigenbetrieb Wohnbau Pfullingen 40 bezahlbare Wohnungen und im Erdgeschoss einen dreigruppigen Kindergarten.

Pfullingen hat einen Sport-, einen Natur-, einen Waldkindergarten und bald auch einen Handwerker-Kindergarten, wenn es nach dem Willen des Gemeinderats geht. Und das vielleicht noch eher als die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zur Förderung der Ausbildung greifen. Denn auch auf Bundesebene haben CDU und SPD erkannt, dass in vielen Berufen der Nachwuchs fehlt. Und besonders sucht das Handwerk. 337.800 junge Menschen wollen in Deutschland derzeit Schreiner, Bäcker, Augenoptiker, Fahrradmonteur, Kraftfahrzeugmechatroniker und und und werden. Mehr als 130 Berufe stehen im Handwerk zur Auswahl. Doch der Andrang hält sich in Grenzen.

Grundlage des Wohlstands

»Das Handwerk ist die Grundlage unseres Wohlstands«, sagt Therese Albrecht und es weckt »die natürliche Faszination und Neugier bei Kindern«. Folgerichtig ist Albrecht mit ihrem Team, als sie sich überlegten, mit welchem Konzept der neue Kindergarten an den Start gehen soll, auf den Schwerpunkt Handwerk gekommen.

Und damit hat sie bei der Handwerkskammer offene Türen eingerannt. »Viele Jugendliche können sich nicht mehr vorstellen, was sich hinter den Berufsnamen versteckt«, sagt Michaela Lundt. Die Ausbildungsbotschafterin der Handwerkskammer kommt selbst aus einer Handwerkerfamilie und spricht vom Glücksgefühl, wenn man was mit den Händen schaffen kann, aber auch von Eltern, die ihren Kindern eine Ausbildung im Handwerk ausreden wollen. Sie sieht in dem Handwerker-Kindergarten ein Projekt, mit dem man Kinder begeistern kann - auch für die Teamarbeit. »Die Handwerkskammer brennt für das Konzept.« Bürgermeister Stefan Wörner hat in Gesprächen mit Handwerken keinen gefunden, der nicht begeistert war.

Umfrage (beendet)

Sollte es mehr spezielle Kindergärten geben?

So hat beispielsweise Pfullingen einen Sport-, einen Natur-, einen Waldkindergarten und bald auch einen Handwerker-Kindergarten.

36%
41%
23%

Therese Albrecht hat auch schon eine Vorstellung, wie der Kindergarten aussehen kann. Die Gruppenräume sollen themenbezogen sein, zum Beispiel Maler oder Zimmermann. Die Inneneinrichtung insgesamt soll ein Bezug zum Handwerk haben, ein Werk- und Kreativraum gehört dazu. Oder ein Kran als Spielgerät im Außenbereich. Richtiges Werkzeug und Maschinen sollen ebenfalls zur Ausstattung gehören. »Wir wollen Berührungsängste abbauen. Die Kinder sollen auch mal eine Bohrmaschine oder Säge in die Hand nehmen.«

Völlig neue Konzeption

Ute Jestädt (UWV) war begeistert, wie viele andere auch, deshalb hofft sie auch, dass das ganze Vorhaben nicht noch an der Bürokratie scheitert. In eine ähnliche Richtung ging die Anfrage von Traude Koch (GAL): »Müssen auch die Erzieherinnen einen Maschinenschein machen?« Sie ist sich sicher, dass es bis zur Eröffnung noch einiges zu tun gibt. Für Martin Fink (UWV) ist es eine erfrischende Überlegung. Er findet es eine tolle Idee, schon bei den Jüngsten anzusetzen und diese vom Handwerk zu begeistern. Christine Zössmayr (FWV) wollte wissen, ob das Konzept neu ist. Es gebe Kindergärten, die Werkräume eingerichtet hätten, erklärte Susanne Hammann, die den Geschäftsbereich Berufsausbildung bei der Handwerkskammer leitet. Dass sich ein ganzer Kindergarten aber konzeptionell so ausrichtet, sei neu.

Für Marcel Renz (CDU), selber Handwerker, ist das eine »Supersache«. Und Walter Fromm (SPD) freut sich, dass das Thema in die Öffentlichkeit kommt: »Im Fernsehen sieht man nie einen Handwerker«, hatte er schon zu Beginn des Tagesordnungspunkts beklagt. (GEA)