LICHTENSTEIN. Jetzt fehlt nur noch ein Handball, doch die Schränke in der Lichtensteiner Ernst-Braun-Halle sind verschlossen. Helmut Gekeler greift zum Telefon: »Hast du einen Ball zu Hause? Kannst du den schnell in die Halle bringen?« Zwei Minuten später ist das Bild im Kasten. Der 74-Jährige sitzt auf dem weißen Hocker, mit dem Handball in den Händen, dort, wo alles begann, im Handballtor. Geht’s um den schnellen Sport im oberen Echaztal, kommt man um den agilen Macher nicht herum. Erst Spieler, dann Trainer, eine treibende Kraft bei der Gründung der SG Oberhausen/Unterhausen und jetzt schon seit mehr als zwanzig Jahren derjenige, der dafür sorgt, dass den Handballern das Geld nicht ausgeht.
Dass er mal Handballer wird, war nicht abzusehen. Obwohl er immer wollte, seine Eltern aber nicht. Wenngleich schon damals Handball der Sport im Echaztal war, allerdings auf dem Feld und nicht in der Halle. Seine Eltern jedenfalls waren nicht begeistert, der Junge sollte sich lieber um die Schule kümmern. »Ich war ein Spätstarter«, sagt Helmut Gekeler. Mit 17 Jahren hat er dann in der A-Jugend des TSV Oberhausen angefangen, als Feldhandballtorwart. »Der Teamsport hat mich immer interessiert«, sagt er. Allein seine Runden drehen, das war nie seine Sache. Gemeinsam Siege feiern und Niederlagen verdauen, das war besser und am liebsten in der Heimat. Ein Jahr stand er im Fußballtor der Sportfreunde Reutlingen. Gepasst hat das nicht für Gekeler: »Da war ich ein Fremder.«
Wechsel zum TV Unterhausen sorgt für Aufsehen
Gepasst hat es auch den Oberhausenern nicht, als er 1971 zum TV Unterhausen (TVU) gewechselt ist und dort wenig später Mannschaftskapitän wurde. Die Rivalität zwischen den Ortsteilen war so groß, dass ihn einige auf Jahre hin nicht gegrüßt haben und als er für den Gemeinderat kandidierte, bekam er nur ganz wenige Stimmen aus Oberhausen. Die Reaktion haben ihm damals wehgetan, räumt er unumwunden ein. Dass sein Vater Ehrenmitglied im TSV Oberhausen war, entspannte die Lage eher nicht.
Das Tor verlassen hat er erstmals bei der Bundeswehr, als er in der Bataillonsmannschaft spielte, fortan war seine Position im Rückraum links. »Abwehr war meine Spezialität«, erzählt Gekeler und dass er schon das eine oder andere Mal kräftig hingelangt hat. Schon mit 21 machte er den Trainerschein, coachte die A-Jugend des TVU. »Ich wollte mehr machen, als selber spielen.« Besuchte mit den Jungen internationale Turniere und feierte mit ihnen bis zum Exzess, wie er sagt, um sie tags darauf beim Training wieder hart ranzunehmen. »Das geht.« Im Mai hatte er seine A-Jugend zu einem Fest eingeladen und fast alle waren gekommen – auch von weit her und das nach Jahrzehnten, »das zeigt doch, dass etwas stimmte«.
Großes Engagement neben dem Platz
Zum letzten Mal als Spieler stand er bei der Übergabe der fertiggestellten Ernst-Braun-Halle auf dem Feld. Es folgen weitere Trainerstationen, Gekeler übernahm die erste Mannschaft des TVU, trainiert in den Folgejahren den TV Großengstingen und das Team von Lustnau/Hageloch. Sein Engagement neben dem Platz wurde mit den Jahren größer. Er ist immer noch Vorstand im Förderverein Handball Lichtenstein, war sechs Jahre Staffelleiter des Handballbezirks Achalm/Nagold und vor allem gemeinsam mit Arnold Mühl und Siegfried Wörner treibende Kraft als Oberhausen und Unterhausen ihre Kräfte bündelten und eine Spielgemeinschaft (SGOU) gründeten. »Ich hätte nie gedacht, dass die DDR und die BRD früher zusammenkommen als Oberhausen und Unterhausen«, sagt Gekeler heute zu dem damals längst fälligen Schritt.
Locker vom Hocker
Platz nehmen und losplaudern – das dürfen die Gesprächspartner, die wir in der Serie »Locker vom Hocker« auf unseren weißen Plüschsitz bitten. Zu Wort kommen Menschen, die etwas zu erzählen haben – über besondere Berufe, Hobbys, Aufgaben oder über ein bewegtes Leben.
Man muss nur einen Blick in die Ernst-Braun-Halle werfen, um zu sehen, was Gekeler heute macht. Die Wände hängen voller Werbung und die ist notwendig für den Anspruch, die SGOU als drittstärkste Handballkraft in der Region zu halten. »Das haben wir auch einige Jahre geschafft.« Jetzt spielen die Männer »endlich« wieder Verbandsliga und Gekeler ist fast bei jedem Auswärtsspiel dabei und in der Ernst-Braun-Halle sowieso. Aber er ist auch immer nah an den Unterstützern und Sponsoren der Handballer. Das Handwerkzeug dazu hat er bei der AOK bekommen, sagt Gekeler, der bei der Krankenkasse sein ganzes Leben lang gearbeitet hat. Dort habe er viel gelernt, vor allem den Umgang mit Menschen und Firmen, sagt er. Wer mit Gekeler verhandelt, weiß, sein Wort gilt. Der Dialog mit ihm verläuft auf Augenhöhe und vor allem ehrlich.
Der Handball hat Priorität
Gekeler ist mit Herzblut bei der Sache. Deshalb fällt es ihm schwer, loszulassen. »Ich brauche einen guten Nachfolger«, sagt er. Er freut sich auf die Saison. Und er fürchtet sich ein bisschen vor der Zeit, wenn er mal nur noch in der Ernst-Braun-Halle herumsitzt und nichts mehr zu tun hat. Denn Mudl, wie ihn die Allermeisten im Verein rufen, hat eines verinnerlicht: »Die Sache Handball in Lichtenstein hat immer Priorität.« (GEA)