LICHTENSTEIN. Lichtenstein blickt mit Sorge auf die mittelfristige Finanzplanung, so Bürgermeister Peter Nußbaum in der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend. Das hört sich fürs Erste gar nicht so dramatisch an. Ein Blick ins Zahlenwerk macht aber den Handlungsbedarf deutlich: Wenn die Gemeinde nichts unternimmt, kann sie im Jahr 2028 ihre Schulden nicht mehr tilgen. Deshalb saßen Gemeinderäte und Verwaltung Anfang Mai zwei Tage zusammen, um darüber zu beraten, wie sie den Haushalt langfristig auf eine sichere Grundlage stellen können. Nicht alles, was jetzt angedacht und geprüft werden soll - sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite -, wird die Bürger freuen.
Hauptamtsleiterin Beatrice Herrmann hatte die Ergebnisse für die Sitzung zusammengefasst. Kurzfristig steht die Überprüfung der Friedhofsgebühren an. Schon 2020 hatte der Gemeinderat beschlossen, dass diese zu 70 Prozent die Kosten decken sollten und die Allgemeinheit 30 Prozent übernimmt. Im Moment ist es aber genau umgekehrt. Warum das so ist, soll jetzt ohne externe Unterstützung - denn auch in diesem Bereich soll gespart werden - die Verwaltung klären. Für das Jahr 2026 sollen die Gebühren neu kalkuliert werden.
Auf den Prüfstand kommen auch alle Pachtverträge - etwa mit dem Schotterwerk Leibfritz. Der Vertrag läuft Ende des Jahres aus. Die Landpachtverträge laufen bis Ende 2026. Auch hier steht eine Anpassung auf ein aktuelles Niveau zur Diskussion. Wer Miete an die Gemeinde bezahlt, muss mit Mehrkosten rechnen. Da es seit vergangenem Jahr einen Mietenspiegel gibt, sollen die Mieten sukzessive an die ortsüblichen Höhen angepasst werden. Die Entscheidung wird aber auch in diesem Fall letztlich der Gemeinderat fällen.
Mehr als 100 Baulücken
Die Gewerbesteuer hat die Verwaltung ebenfalls im Blick. Allerdings, das betonte Bürgermeister Nußbaum ausdrücklich, sei keine Erhöhung geplant. Geprüft wird, ob Unternehmen, die über mehrere Kommunen verteilt sind, den richtigen Anteil an die Gemeinde überweisen. Wohl mit einer Erhöhung der Steuer müssen Hundebesitzer rechnen. Was sie für ihre Vierbeiner zahlen, soll ebenso wie die Vergnügungssteuer mit den Sätzen der umliegenden Gemeinden abgeglichen und angepasst werden. In den Blick nimmt das Rathausteam auch die Grundsteuer C. Damit können Kommunen unbebaute, aber baureife Grundstücke mit einem gesonderten Hebesatz besteuern. Mehr als 100 solche Baulücken soll es in der Gemeinde geben. Bisher sind die gemeindeeigenen Park- und Stellplätze gebührenfrei. Doch das könnte sich im laufenden Jahr ändern, zumindest bereitet die Verwaltung einen Beschluss zu diesem Thema vor.
Die Gemeinde will weniger Geld ausgeben. Neu eröffnet wird damit die Diskussion um die drei Bäder in Lichtenstein. Nach einer vorläufigen Schätzung decken die Gebühren im Schnitt der drei vergangenen Jahre im Hallenbad rund 3 Prozent, im Lehrschwimmbecken in Holzelfingen 2,4 Prozent und im Freibad 11,4 Prozent der Kosten. Es gebe keine Empfehlungen für die Kostendeckung, aber Orientierungswerte, die lägen für Freibäder bei 10 bis 30 Prozent und bei Hallenbädern bei 30 bis 50 Prozent Kostendeckungsgrad. Vor diesem Hintergrund müsse über die zukünftige Entwicklung der Bäderstandorte diskutiert werden.
Großverbraucher stärker im Blick
Wo es geht, will die Verwaltung externe Gutachten und Fachleistungen reduzieren. Dass das nicht immer möglich ist, machte die Hauptamtsleiterin deutlich. Angesichts immer komplexeren Auf- und Vorgaben stießen gerade die Verwaltungen kleinerer Kommunen an ihrer Grenzen, da sie keine Fachabteilungen hätten. Dann sei die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern notwendig und sinnvoll. Um sinnvoll Energie und damit Kosten zu sparen, nimmt die Verwaltung die Großverbraucher besonders in den Blick. Das heißt, den Komplex des Sportzentrums und der Schulen, die gemeinsam 58 Prozent der Wärmeenergie der gemeindeeigenen Immobilien verbrauchen.
Ein Vorschlag in der Klausurtagung war es, die Vereine an den Betriebskosten der zur Verfügung gestellten Räume zu beteiligen. Darüber soll im Zuge der Beratung über die Vereinsförderung, die momentan komplett überarbeitet wird, entschieden werden. Gestärkt werden soll die interkommunale Zusammenarbeit auch mit Blick darauf, etwa Spezialgeräte gemeinsam anzuschaffen. Nachgedacht wird über ein neues Grünflächenkonzept, um Ausgaben zu sparen. So könnten Anlieger Patenschaften für kleine Flächen übernehmen und diese pflegen. Auch über die Überlassung oder den Verkauf dieser Flächen soll geredet werden. Das Gebäudemanagement soll verbessert, Grundstücke im Gemeindebesitz veräußert werden. Im Gespräch ist dabei auch das Gelände der Brögerschule. Und last but not least soll das Werben um Spenden und Sponsoring verstärkt und natürlich ein genauer Blick auf mögliche Förderprogramm geworfen werden.
Jetzt komme es auf dir Umsetzung an.
Das Gremium lobte einhellig den guten Verlauf der Klausurtagung. Vor allem aber auch die Verwaltung, die innerhalb von sechs Wochen die Gespräche in eine Verwaltungsvorlage gepackt habe, anhand derer sich die einzelnen Punkte prüfen und abhaken ließen. »Jetzt kommt es darauf an, dass wir das auch umsetzen«, erklärte Susanne Kromer (OGL). Über manche der Punkte werde schon seit 20 Jahren geredet. Marco Gass (CDU) merkte noch an: »Wir haben den Stein ins Rollen gebracht.« Allerdings würden die aufgezeigten Maßnahmen zwar punktuell helfen, langfristig würden sie aber an die Finanzschwäche der Gemeinde nicht beseitigen. Er hofft, ebenso wie Bürgermeister Nußbaum, dass ein gehöriger Batzen des 500-Milliarden-Pakets der Bundesregierung bei den Kommunen landet. (GEA)