ENINGEN. »Es geht um eine richtungsweisende Entscheidung, die unsere Landschaft verändert und nachhaltige Energie fördert. Wir sind an einem Wendepunkt und müssen Verantwortung tragen«, sagte Eningens Bürgermeister Eric Sindek. Am Mittwochabend fand auf Einladung der Kommune mit rund 200 Gästen in der HAP-Grieshaber-Halle die Infoveranstaltung »Windenergie in unserer Gemeinde« statt.
Eningen reagierte damit auf Forderungen der Landesregierung: 1,8 Prozent der Fläche des Regionalverbands sollen künftig für Windenergie genutzt werden. »Wenn wir das nicht selbst steuern, steuern uns andere und schreiben uns vor, wo Windkraftanlagen stehen sollen«, so Sindek. »Aber wir wollen die Kontrolle behalten.« Durch die übliche Vorlaufzeit könnten sich ab 2029 eventuell die Räder drehen.
In Eningen seien zwei Vorranggebiete ausgewiesen. Das eine, bezeichnet mit RT-19, umfasse 77 Hektar und liege sowohl auf Eninger als auch auf Metzinger Gemarkung mit vielen Grundstückseigentümern. Daher favorisiere man RT-18 mit 68 Hektar auf der Eninger Weide als einen der bestbewerteten Standorte für Windräder. Als regionaler Projektierer wurde »Sowitec« (Sonnenbühl) ausgewählt, das Unternehmen habe hervorragende Vorarbeit geleistet, könne aber aufgrund von betriebsinternen Aufgaben am Infoabend nicht teilnehmen. »Sollte die Zusammenarbeit nicht funktionieren, suchen wir einen neuen Partner.« Da man als Kommune bei der komplexen Thematik des Klimaschutzes auf unterstützende Begleitung angewiesen sei, stehe »endura kommunal« (Freiburg) zur Seite, deren Mitarbeiterinnen für Fragen zur Verfügung standen.
»Wir alle möchten Strom konsumieren und müssen bereit sein, hier weiterzudenken«
Gemeinderat und Verwaltung sei wichtig, betonte Sindek, Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Dabei verstehe man, dass Fragen und Sorgen im Raum stünden, die gehört werden sollten. »Doch wir alle möchten Strom konsumieren und müssen bereit sein, hier weiterzudenken.« Windenergie könne nicht nur die Spitzen abfedern und rund 30.000 Einwohner versorgen. »Windenergie kann durch Pachtgelder, Gewerbesteuer und die Kommunalabgabe auch einen hohen sechsstelligen Betrag in die Kassen spülen.« Wegen immer neuen Aufgaben sei die Kommune dringend darauf angewiesen. »Heute ist ein wichtiger Tag für Eningen.«
Dr. Peter Seiffert vom Regionalverband Neckar-Alb erläuterte das Planverfahren. Bei der Erstellung der Suchraumkarte seien prinzipiell zehn Prozent der Eninger Gemeindefläche infrage gekommen. »Stellungnahmen wurden gehört und eingearbeitet.« In der Auswertung sei man weit fortgeschritten, der Beschluss des zweiten Entwurfs werde vor den Sommerferien erwartet. Der Satzungsbeschluss solle dann voraussichtlich Ende September 2025 erfolgen. Beim Standort RT-18 mit dem angrenzenden Fluggelände Roßberg und Übersberg sei die Luftsicherheit noch nicht ausreichend berücksichtigt, man müsse das Gutachten abwarten. Wie Kurt Sautter für beide Flugorganisationen im Zweiergespräch ausführte, würden die vier angedachten Windräder, die zwischen den Schutzzonen zu stehen kämen, mit ihrer Höhe von 261 Metern den Anflug und die Ausbildung behindern.
Umweltwissenschaftlerin Anna Kaufmann (endura) sprach von vier Vestas V 172-Anlagen mit einer Nabenhöhe von 175 Metern und einer Rotorblattlänge von 86 Metern. Zu rechnen sei mit einer Leistung von rund 63.000 MWh pro Jahr, die rund 19.000 Haushalte mit grünem Strom versorgen könnten. Auch für die Bürgerschaft gebe es diverse Möglichkeiten zur Gewinnerzielung.
»Habe noch bei keiner Kommune so viel Disziplin und Respekt erlebt«
»Klimaschutz ist Artenschutz«, sagte Julius Schmidt (Dialogforum Energiewende und Naturschutz). Daher befürworte man den Windpark, doch er müsse auf Naturverträglichkeit geprüft werden. Abgefragt würden mögliche Kollisionen mit Greifvögeln und Fledermäusen sowie die Vergrämung und Einschränkung von Lebensräumen gefährdeter Arten. Mindestabstände und Begrenzung der Einschaltzeiten könnten Lösungen sein.
Etwa eine Stunde lang konnten die Bürger ihre Fragen an den aufgebauten Stationen mit Infomaterial stellen. Bei der anschließenden Zusammenfassung meinte Seiffert, er »Habe noch bei keiner Kommune so viel Disziplin und Respekt erlebt«. Die Fragen betrafen technische Details, Erträge, Windhöffigkeit, Flächenbedarf, die tatsächliche Möglichkeit der Netzeinspeisung oder die mögliche Schaffung einer Bürgergenossenschaft. Eine Vertreterin des Haupt- und Landgestüts sorgte sich um die Anwohner des geplanten Bereichs.
In ihrem abschließenden Plädoyer betonten die Gemeinderatsmitglieder Lena Hönes (FWV), Florian Weller (CDU), Katharina Eckert (GAL) und Rebecca Hummel (SPD) ihre Zustimmung zur Windkraft, für die der passende Standort gefunden werden müsse und von der Eningen profitieren könne. (GEA)