ENINGEN. Seit 50 Jahren ist das Wanderheim Eninger Weide der Albvereins-Ortsgruppe Eningen eine Anlaufstelle für alle, die die Natur auf der Schwäbischen Alb genießen möchten. Mitten im Grünen kann man entspannt ein Radler trinken, es sich bei Kaffee und Kuchen gemütlich machen, die Kinder können auf dem Spielplatz toben. Und ganz in der Nähe können Wildschweine und Rotwild im Wildtiergehege beobachtet oder das obere Becken des Glemser Stausees begutachtet werden. Für Aktive gibt es einen Discgolf-Parcous. »Ein Verein muss mit der Zeit gehen«, sagt Pressewart Hermann Walz. Das gilt nicht nur für Trend-Sportarten wie Discolf-Gruppe, es gibt E-Bike-Ladestationen und auf dem Dach eine PV-Anlage. Der Zugang zum Gastraum ist barrierefrei.
Die Eninger Weide hat eine lange Geschichte, erzählt Walz: "Im Dritten Reich gab es verschiedene Nutzungen, unter anderem war auf dem Gelände ein HJ-Ausbildungslager und eine SA-Geländesportschule. Nach Kriegsende waren dort ehemalige polnische Zwangsarbeiter und anschließend Heimatvertriebene untergebracht. Das Lager existierte bis Mitte der 1960er-Jahre. 1971 wurde die Gegend offiziell zum Naherholungsgebiet. Die Urzelle des Wanderheims war eine Baracke des Lagers. "Es gab weder fließend Wasser noch eine Toilette, wir haben Kanister rübergetragen", sagt der Ehrenvorsitzende Hans-Peter Hofmann, der 1968 im Alter von 28 Jahren in den Albverein eingetreten ist.
Enorm viel Arbeit
Doch die Albvereins-Ortsgruppe wollte mehr für ihr Zuhause im Wald. Der Traum: ein Ort zum Verweilen und Genießen, auch mit Übernachtungsmöglichkeiten. Hauptinitiator des Projekts war der Vorsitzende Hans Schenk, nachdem das Wanderheim später benannt wurde. Der Eninger Architekt Alfred Ripple entwarf das Gebäude. »Wir hatten im Vergleich zu anderen Wanderheimen immer den Vorteil, dass man hier direkt mit dem Auto herfahren kann. Also hatten wir immer Zustrom«, sagt Hofmann. Im Wanderheim steckt enorm viel ehrenamtliche Arbeitszeit. Etwa 19.000 Arbeitsstunden fielen an, bis es einsatzbereit war. Von 1972 bis 1975 sollte es dauern, bis das Heim bezugsfähig war. Auch etliche Unternehmen und Privatpersonen steuerten Geld- und Materialspenden bei. Einen symbolischen Baustein konnte man damals für 2 D-Mark erwerben.
Schon der Aushub war keine leichte Angelegenheit. Vier Wochen dauerte es, bis der Kalkfels herausgesprengt werden konnte. Da an dieser Stelle vor Jahrhunderten die Kelten unterwegs gewesen waren, wurde auch geschmolzenes Bohnenerz, sogenannte Kokillen, gefunden. Einige sind - zusammen mit Versteinerungen - in einer Vitrine im Wanderheim ausgestellt. Für die Abwasser- und Wasserleitungen mussten Gräben bis zum großen Parkplatz ausgehoben werden. Am 29. Mai 1976 wurde das Wanderheim eingeweiht. »Für viele Männer im Verein war das die schönste Zeit ihres Lebens. Ob ihre Frauen das auch so gesehen haben ...«, scherzt Walz. Sie hatten im Vorhinein auch ordentlich Arbeitskraft in das Projekt gesteckt und für verschiedene Basare fleißig genäht und gehäkelt, um Spenden zu sammeln. Das Vorhaben habe die Kameradschaft definitiv sehr gestärkt.
Das Vereinsleben spielte sich an den Wochenenden im Wanderheim ab, häufig bis in die Nachtstunden. Die Albvereins-Mitglieder kümmerten sich um die Übernachtungsgäste und sorgten für die Bewirtung mit Getränken sowie kaltem und warmem Vesper. Maultaschen standen auch damals schon häufig auf der Speisekarte. Im Heim gibt es 37 Betten. Der Hüttendienst war beliebt. »Das war ein eingeschworener Kreis«, sagt Hofmann. Auch ihm wurde schließlich die Ehre zuteil, mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen Dienste übernehmen zu können. Denn jeweils zwei Familien mit Anhang waren zuständig. »Die Kinder bekamen ein Taschengeld, halfen aber überall mit, ob beim Abspülen oder im Verkauf. Am liebsten haben sie aber Eis verkauft«, sagt Hofmann.
Einer der Höhepunkte des Vereinslebens war das große Sommerfest, bei dem die Männersinggruppe, das vereinseigene Akkordeonorchester und die Volkstanzgruppe für Unterhaltung sorgten. »Mir hat das Silvesterfest immer sehr gefallen«, erzählt Hofmann. Ab 23 Uhr machte sich die gesamte Gruppe auf in Richtung Hanner Fels mit Blick auf Eningen, um das Feuerwerk zu genießen. Auch heute wandert der 85-Jährige noch gern, am liebsten auf den Gutenberg. »Mir ist das Wandern in die Wiege gelegt worden. Meine Eltern waren in den 1920er-Jahren in der Wandervogel-Bewegung«, sagt der Eninger. Aber nicht nur Wanderer aus der Umgebung, auch Gäste von weiter her haben sich auf den Weg zur Eninger Weide gemacht.
Das Festprogramm
Freitag, 4. Juli, ab 20 Uhr Auftakt mit einer Hüttendisco im Zelt mit der Degerschlachter Party-Blasmusik.
Samstag, 5. Juli, 11 bis 15 Uhr: Familienprogramm mit Erlebnisparcours und Basteln, 14 bis 16 Uhr Führungen durch das Haus,18.30 Uhr Festabend mit Reden und musikalischer Begleitung sowie einem Bilderstreifzug durch die Vergangenheit.
Sonntag, 6. Juli, 9 Uhr: Gemeinsame Wanderung zum Wanderheim ab Parkplatz Friedhof – Rückkehr individuell. 9.15 Uhr Discgolf-Spaßturnier auf der Eninger Weide. 10.30 Uhr Weißwurstfrühstück. 13 Uhr Einführung in das Discgolfspiel für Anfänger. 14 bis 16 Uhr Führungen durch das Haus.15 bis 17 Uhr Offenes Volksliedersingen im Zelt mit Herbert Stöhr am Akkordeon und Gitarrenbegleitung. (GEA)
Mit dem Eggegebirgsverein Bad Drieburg gab es ab den 1970er-Jahren eine Patenschaft. Etwa 25 Mal stattete der Verein Eningen einen Besuch ab. Der Kontakt besteht bis heute. So schickt die Vereinsvorsitzende jedes Jahr einen von ihrem Mann selbst gebackenen Christstollen ins Schwabenländle. Dass man so sehr aneinander hängt, mag an einem Ereignis liegen: Als der bundesweite Wandertag in den 1970er-Jahren in Reutlingen Station machte, war das Wanderheim schnell ausgebucht. »Sie mussten in ein Zelt ausweichen. Dann hat es aber angefangen zu schütten. Also suchte man im Haus nach Plätzen zum Schlafen, ob Bank oder Boden«, erinnert sich Hofmann.
Irgendwann war der Hüttendienst aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Vereinsmitglieder nicht mehr zu wuppen. 2006 wurde ein externer Pächter gesucht. Mittlerweile ist die Familie Engelhardt/Odenius zuständig. Um das Gebäude kümmert sich weiterhin der Verein. Der ehemalige Vereinsvorsitzende Hofmann kümmerte sich 1982 federführend um den Bau eines Geräteschuppens. Ab 2011 wurde das Haus unter der Regie von Vorstand Ingo Ruf modernisiert. Es wurden etwa neue Toiletten und eine neue Küche eingebaut. Jeder Schlafraum bekam eine eigene Dusche.
Auch heute noch spielt das Wanderheim eine wichtige Rolle im Vereinsleben. Bei der Herbstfeier gibt es ein Festprogramm und es werden langjährige Mitglieder geehrt. Ab und finden dort Konzerte statt. »Ich mag besonders das offene Volksliedersingen. Da singen alle aus voller Kehle mit. Dazu wird Akkordeon oder Mundharmonika gespielt«, sagt Hofmann. Gesungen wird sicher auch bei der Jubiläumsfeier vom 4. bis 6. Juli. (GEA)