METZINGEN. Mancher wischte sich möglichst unauffällig ein paar Tränen aus den Augen beim Lied »nehmt Abschied Brüder«, das sowohl mit deutschem als auch portugiesischem Text gemeinsam gesunden wurde beim brasilianischen Abend am Samstag in der alten Aula des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums.
Nach dreieinhalb Wochen Aufenthalt der brasilianischen Jugendlichen in Metzingen und Berlin mit einem facettenreichen historisch-politischen Bildungsprogramm fällt die Trennung schwer. Ein Wiedersehen gibt es erst in eineinhalb Jahren, wenn die derzeitige Brasilien-AG des Gymnasiums einen Gegenbesuch in dem mit mehr 200 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Land Südamerikas macht.
Dann werden die deutschen Gymnasiasten ausreichende portugiesische Sprachkenntnisse haben, um sich verständigen zu können. Ohne diese kann auch niemand das Freiwillige Soziale Jahr dort im Rahmen des Gonzalinho-Projekts der AG absolvieren. Aus beiden Ländern waren frühere Austauschschüler beim jetzigen Besuch der brasilianischen Jugendlichen als Helfer dabei, was die Beständigkeit des Projekts verdeutlicht.
Der Abschiedsabend war der Geselligkeit mit gemeinsamem Essen und kleinem musikalischem Rahmenprogramm gewidmet. Zur Information und Diskussionen gab es bereits einen Abend, während zum Abschluss am Samstag Unterhaltung das Wichtigste war. Dazu gehörte auch eine Capoeira-Vorführung, um auf den brasilianischen Kampftanz hinzuweisen, der an den Widerstand afrikanischer Sklaven gegen die damaligen Kolonialherren erinnert. Damit solle auch bewusst werden, »dass kritisches Nachdenken aufrecht erhalten werden muss«, wie Lehrerin und Projektinitiatorin Katja Polnik betonte.
Brasilianische Politik thematisiert
Laura Nascimento, die ihren Mann Jean als Austauschschülerin kennenlernte, wies darauf hin, dass während des dreieinhalbwöchigen Aufenthalts »brasilianische Politik sehr thematisiert wurde«, nicht nur bei einem Diskussionsabend in der Uni Tübingen. »Die soziale und politische Arbeit ist sehr wichtig«, nannte sie einen der Gründe, sich für das Gonzalinho-Projekt, einen selbstorganisierten Schülerhort für Kinder der ärmeren Stadtviertel in Cáceres, auch nach der eigenen Schulzeit einzusetzen. Dazu wurde ein Förderverein gegründet, der auch das kleine Fest organisierte. Heute, am Montag, wird es herzliche Abschiedsszenen am Flughafen geben. (mar)