WANNWEIL. Innerhalb der CDU Wannweil werden unterschiedliche Auffassungen zum geplanten Bauvorhaben im Unteren Haldenweg immer deutlicher. Ein Dissens zwischen der CDU-Fraktion im Gemeinderat und dem neuen Vorsitzenden des CDU-Ortsverbandes, Dr. Niels Joeres, dringt jetzt an die Öffentlichkeit.
Der Fraktionschef, Erich Herrmann, hat eine Presseerklärung veröffentlicht, in dem er sich im Namen der Fraktion und des Vorstandes von einer Veranstaltung distanziert, zu dem der Ortsverbandsvorsitzende Joeres eingeladen hatte. Dabei handelt es sich um den sogenannten Frühjahrs-Stammtisch der CDU in der Sportgaststätte. Der war gestern Abend. Das zentrale Thema dabei: »Großer Wohnkomplex versus dezentrales Konzept«. Es ging also erneut um den umstrittenen Neubau mit 18 bezahlbaren Wohnungen.
Die von Erich Hermann verschickte Presseerklärung kritisiert diesen Stammtisch umfassend. Es sei keine CDU-Veranstaltung, sondern eine Privatveranstaltung von Niels Joeres. Das Thema sei ohne Rücksprache mit den Mitgliedern des Ortsverbandes und gegen den Willen der Fraktion festgelegt worden. Weiter heißt es wörtlich: »Die Fraktion war der Auffassung, die Argumente sind ausgetauscht und wir warten jetzt den Bürgerentscheid ab.« Die Vorstandschaft des CDU-Ortsverbandes nehme deshalb nicht an der Veranstaltung teil.
»Wir warten jetzt den Bürgerentscheid ab«
Niels Joeres bedauerte dies auf Anfrage des GEA und wies darauf hin, dass die Einladung zum Stammtisch bereits vor etwa zwei Wochen veröffentlicht worden sei. Er sehe die CDU im Ort nicht als gespalten an. Was die Partei aber dringend brauche, sei eine Diskussionskultur. Diese sei in der Vergangenheit und insbesondere mit Blick auf das Bauprojekt ausgeblieben. Wörtlich kritisierte er: »Meinungsvielfalt in der CDU hat inzwischen Tradition. Wir leben schließlich nicht mehr in der Adenauer-Zeit, in der ein enger Kreis bestimmt, wo es langgeht und alle anderen folgen.« Joeres, der erst im März zum neuen Ortsverbandschef der CDU gewählt wurde, aber kein Gemeinderatsmitglied ist, kritisierte seinen Parteikollegen und Fraktionschef Erich Herrmann. Dieser sei zwar »supererfahren« und der führende Kopf der Partei, lasse aber kaum Raum für Diskussionen. Die Position der CDU in Sachen Bauvorhaben sei viel zu schnell durchgewunken worden.
Erich Herrmann hatte in der entscheidenden Gemeinderatssitzung kurz vor der Abstimmung betont, die Fraktion habe sich die Entscheidung zugunsten des Wohnbauprojekts nicht leicht gemacht und könne nur mit Bauchgrimmen zustimmen. Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum stehe aber dabei im Mittelpunkt.
Niels Joeres ist neben seiner Tätigkeit als CDU-Ortsvorstand auch der offizielle Sprecher der »Nachbarschaftsinitiative Bolzplatz«, die gegen den geplanten Wohnkomplex kämpft.
Joeres kritisierte die Rathausspitze. Sie habe kein ausreichendes Gemeindeentwicklungskonzept, in dem der soziale Wohnungsbau eine Rolle spiele: »Es gibt bislang nur merkwürdige, mündliche Aussagen von Bürgermeisterin Rösch, aber kein Konzept und auch keine nachprüfbare Bedarfserörterung«, so Joeres.
Der 47-Jährige betonte, er werde weiter mit der Initiative dafür arbeiten, dass in Wannweil Sozialwohnungen entstünden, die dezentral geplant werden müssten: »Das geplante Bauvorhaben darf nicht Fehler des Sozialwohnungsbaus der 1970er-Jahre wiederholen. Ein eventueller sozialer Brennpunkt und entsprechende Milieubildung muss vermieden werden.«
»Wir leben schließlich nicht mehr in der Adenauer-Zeit«
Wannweils Bürgermeisterin Anette Rösch hatte immer wieder betont, dass es auch in Wannweil große Wohnungsnot gebe und deshalb dringend bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden müsse.
Die Nachbarschaftsinitiative hatte am 17. April etwa 700 Unterschriften bei der Gemeinde eingereicht und damit den Weg zu einem Bürgerentscheid bereitet. Am Sonntag, 17. Juni, können alle wahlberechtigten Wannweiler abstimmen, ob sie für die Errichtung der Gebäude sind, oder dagegen (der GEA berichtete). (GEA)