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Wie es um den Wald in Wannweil steht

Gemeinderat informiert sich über den Zustand des Forstes in Wannweil. Holzverkauf spielt keine wichtige Rolle

Der Blick geht nach oben, die Aussichten sind gut im Wannweiler Wald.  FOTO: RUOF
Der Blick geht nach oben, die Aussichten sind gut im Wannweiler Wald. FOTO: RUOF
Der Blick geht nach oben, die Aussichten sind gut im Wannweiler Wald. FOTO: RUOF

WANNWEIL. Das Fazit stellte Bürgermeister Christian Majer gleich an den Anfang, noch ehe die Gemeinderäte sich am Waldparkplatz an der Kusterdinger Straße in Bewegung setzten: »Hier wird gute Arbeit geleistet«, meinte er mit Blick auf Revierleiter Georg Baumwuchs und sein Team.

»Wir reden über 95 Hektar Wald«, sagte Michael Herb, der die Leitung des Forstbezirks Nord im Kreis Reutlingen innehat. Damit gehört Wannweil mit Riederich und Grafenberg zu den Gemeinden im Landkreis mit dem kleinsten Anteil an Waldfläche, der sich zum Großteil Richtung Kusterdingen erstreckt. Und dennoch ist der Wald wichtig in Wannweil. Nicht unbedingt als Wirtschaftsfaktor, wie in anderen Gemeinden, wo der Holzverkauf eine wichtige Rolle spielt wie etwa in Münsingen: »Der Wald ist in Wannweil Erholungsraum, dient dem Bodenschutz, ist Lebensraum für Pflanzen- und Tiere und fungiert als Luftfilter«, erzählt Michael Herb den Gemeinderäten.

Absterben beginnt von oben

Eine Besonderheit weist Wannweils Wald auf: »Er ist der eichenreichste weit und breit«, betont Herb. Das Laubholz nimmt in Wannweil 83 Prozent der Waldfläche ein, der Rest sind Nadelhölzer mit sieben Prozent Fichte, dazu kommen Rothölzer, Kiefer, Douglasie und Lärche. Bei den Laubhölzern steht die Eiche vorne, es folgen Buchen, Ahorn, und die Problembaumart, die Esche, weiß Georg Baumwuchs, bei der ersten Station, dem sogenannten Jägerwald.

Mitten im Unterholz stehen die Räte und sehen, welche Auswirkungen das sogenannte Eschentriebsterben auslöst. Baumbusch spricht von einer »Komplexkrankheit«. Das Absterben beginnt von oben, am Ende ist die Wurzel dran, »irgendwann fällt der Baum von alleine um«. Ursache ist ein Pilz. Was die Bekämpfung schwierig mache sei, dass der Prozess über Jahre und sehr uneinheitlich verlaufe, manche Eschen würden beispielsweise gar nicht befallen.

Noch vor 20 Jahren sei, so Baumwuchs, jeder fünfte Baum im Wannweiler Wald eine Esche gewesen, »in zehn Jahren ist die Esche vielleicht ganz weg«. Er bedauere das sehr, weil die Esche tolles Holz liefere, »aber sie hat keine Zukunft mehr bei uns«. In Wannweil setzt man auf den Bergahorn, der in unseren Breiten als Zukunftsbaum gilt. »Es ist wichtig, einen gemischten Wald heranzuziehen«, er-gänzt Michael Herb.

Das zweite Waldbild, das gemeinsam aufgesucht wird, zeigt die Auswirkungen des Mini-Tornados von 2023, der auf einer kleinen Fläche mittendrin Schäden verursachte. Drumherum steht Wannweils wertvollste Baumart: die Eiche. Wichtig ist nach Aussage von Georg Baumwuchs dafür zu sorgen, dass sie einen beschatteten Stamm und eine freie Krone hat. »Die Krone ist der Motor der Eiche.« Deswegen sei es notwendig, die Bestände immer wieder zu durchforsten. Geduld ist gefragt bei der Eiche, bis ihr wertvolles Holz in die Sägerei kommt. Bei einem durchschnittlichen Wachstum von 0,8 Zentimetern im Jahr vergehen schnell noch 20 bis 30 Jahre, ehe ein Baum mit jetzt 62 Zentimeter Umfang gesägt werden kann.

Die Eiche ist als Pfahlwurzler sehr widerstandsfähig, rund drei Meter tief ragen die Wurzeln in die Erde, holen sich Wasser und Nährstoffe heraus. Die Eiche ist laut Baumwuchs außerdem sehr anspruchslos, was die Böden anbelangt und sorgt mit ihren Millionen Samen für eine natürliche Verjüngung.

Borkenkäfer bereitet Sorgen

Was ein Borkenkäferbefall im Wald anrichten kann, demonstrierten die beiden Forstleute an der nächsten Station, wo teilweise die dürren, kahlen Stämme in den Himmel ragen. »Hier können sich Käfer und Spechte satt essen«, sagt Herb. Nicht richtig erklärbar ist für die Experten, weshalb der Borkenkäfer oft konzentriert und lokal auftritt und dann wieder verschwindet.

»Die Natur ist dynamisch und so entwickelt sich aus einer kleinen Katastrophe was Neues, wie hier eine natürliche Verjüngung durch die nordamerikanische Küstentanne (Abies grandis)«, sagt Herb.

Er vergisst nicht hervorzuheben, warum eine bunte Mischung von Laub- und Nadelhölzern im Wald wichtig ist: »Wenn viele Politiker bei uns dies jetzt propagieren, kann ich nur sagen, das machen wir in Baden-Württemberg schon seit Jahrzehnten.« Das vierte Waldbild war eine Jungeichenanpflanzung von 0,3 Hektar mit Traubeneichen vor zehn Jahren, die zunächst mit einem Zaun geschützt war: »Rehe mögen die jungen Eichentriebe am liebsten«, so Baumwuchs. Dicht an dicht stehen die Jungeichen beieinander, was die Frage der Ratsmitglieder provozierte, ob dies nicht schädlich für das Wachstum sei: »Eichen müssen sich qualifizieren, wenn sie zu weit voneinander gepflanzt werden, fallen sie auseinander wie ein Apfelbaum.«

Prachtexemplar einer Weißtanne

Eichen sind eine langfristige, aber gute Investition, erzählt Michael Herb. "Die Preise für den Festmeter steigen fast kontinuierlich, liegen teilweise bei 1.000 Euro." Ein echtes Prachtexemplar von einer Weißtanne wurde als Nächstes begutachtet. Die hat einen Umfang von 95 Zentimetern und eine Höhe von 41 Metern. Wie mit einem sogenannten Försterdreieck die Höhe eines Baumes ohne große technische Hilfsmittel bestimmt werden kann, demonstrierte Baumwuchs vor der Tanne mit einem Holzstock und dem ausgestreckten Unterarm.

Schon an der Grenze zum Kusterdinger Wald endete der diesjährige Umgang. Das Hagelunwetter von 2021 in Verbindung mit einem Pilz machte den dortigen Kiefern den Garaus, aber auch hier wird sich, so der Förster, wieder eine bunte Mischung entwickeln. »Je bunter die Mischung, umso besser sind wir für die Zukunft abgesichert«, lautete das Schlusswort von Michael Herb. (GEA)