WANNWEIL. Der Gemeinderat hat Ende Februar den Bebauungsplan »Alte Spinnerei - Fallenbach« verabschiedet. Einstimmig. Ein logischer Schritt. Das Gremium mit Bürgermeister Dr. Christian Majer an der Spitze ist froh, dass sich in dem ortsprägenden Areal endlich wieder etwas bewegt. Nachdem die Fiedler Gewerbeimmobilien GmbH (Reutlingen) das rund sechs Hektar große Areal von der Holy AG (Metzingen) abgekauft hatte, war wieder Bewegung in die Entwicklung gekommen.
»Endlich geht's ans Eingemachte«
Im November 2024 hatte der Gemeinderat den Aufstellungsbeschluss für das Bebauungsplanverfahren gefasst. Was Bürgermeister Dr. Christian Majer so kommentierte: »Endlich geht's ans Eingemachte.« Damals hatten die Geschäftsführer Johannes Fiedler und Jannis Rotar klargemacht, in welche Richtung es gehen soll: »Wir wollen mehrere Gewerbebetriebe dort ansiedeln.« Was ihnen ganz offensichtlich gelungen ist, wie Rotar Ende Februar im Gemeinderat sagte.

Ein Vierteljahr nach dem Aufstellungsbeschluss wurde der Bebauungsplan verabschiedet. Wie der Fiedler-Geschäftsführer bei dieser Gelegenheit sagte, sind für drei Gebäude schon Verträge unterzeichnet. Konkret: Im Batteurgebäude sind rund 800 Quadratmeter an einen Vertrieb für Medikamente und medizinische Produkte vermietet. Im Ballenmagazin hat eine Physio- und Ergotherapie-Praxis mit Fitnessstudio und Wellness rund 910 Quadratmeter gemietet. Im Verwaltungsgebäude gehen rund 1.600 Quadratmeter an ein Café mit Veranstaltungsfläche und ein Fotostudio mit Büro. Zufriedene Mienen im Wannweiler Gemeinderat. »Ich bin zuversichtlich, dass sich das sehr gute Miteinander fortsetzen wird«, strahlte Bürgermeister Dr. Christian Majer.
»Ich bin zuversichtlich, dass sich das gute Miteinander fortsetzen wird«
Was die große Halle betrifft, ist noch fast alles offen. Fiedler Gewerbeimmobilien will die Produktions- und Lagerhalle aus der Gründerzeit zunächst umfassend sanieren als Ganzes mit insgesamt rund 7.500 Quadratmeter oder Einheiten ab etwa 1.300 Quadratmeter vermieten. »Auch die Option eines Kaufes in saniertem Zustand kann auf Wunsch besprochen werden«, informiert das Gewerbeimmobilien-Unternehmen. Das gilt prinzipiell für alle Objekte, sagt Jannis Rotar auf GEA-Nachfrage, »wir sind nicht da, um Objekte zu horten, sondern um Flächen nutzbar zu machen und Gewerbetreibenden zur Verfügung zu stellen. Heißt, dass man sie auch kaufen kann.« Grundsaniert werde die große Halle voraussichtlich ab Ende 2026 bezugsfertig sein.

Derzeit erarbeitet Fiedler ein umfassendes Energiekonzept für das gesamte, rund sechs Hektar große Areal. Das Dach der großen Halle wird erneuert, darauf eine PV-Anlage montiert. Die Kombination aus Wasserkraft, wasserbasierten Wärmepumpen und Sonnenenergie soll in Kombination mit gut isolierten Gebäuden und neuen, dreifachverglasten Fenstern einen CO2-neutralen Betrieb der Gebäude ermöglichen. Am Antrag zur Nutzungsänderung der großen Halle werde gerade in den letzten Zügen gearbeitet, so Jannis Rotar, »er wird diese Woche noch im Rathaus eingehen«.
»Auch die Option eines Kaufes kann auf Wunsch besprochen werden«
Neue Wohnungen werden in der Alten Spinnerei nicht gebaut. Der Grund: Das Areal liegt zum größten Teil im eingeschränkten Gewerbegebiet. Hier dürfen deshalb aus rechtlichen Gründen keine neuen Wohnungen gebaut werden. Der öffentliche Fußgängerweg, der durch das Areal führt und das Wohngebiet »Am Fallenbach« mit dem Edeka-Supermarkt verbindet, bleibt erhalten. Am Eingang des Areals entsteht ein Parkhaus mit 130 bis 140 Plätzen.
Die Künstlerinnen und Künstlern der Ateliergemeinschaft, die sich in den 1990er-Jahren im ehemaligen Verwaltungsgebäude angesiedelt hatten, werden bis Mitte des Jahres umziehen, informiert Fiedler: »Einige von ihnen beziehen gemeinsam mit weiteren Kunstschaffenden aus der Region die Räume eines ehemaligen Firmengebäudes in Tübingen-Lustnau.«

Man möge auf den Artenschutz achten, bat Grünen-Rat Dr. Christoph Treutler im Gemeinderat. »Wir wollen und gerne einbringen und mithelfen«, sagte er als stellvertretender Vorsitzender des Nabu-Ortsverbands. Das ist inzwischen geschehen, informiert Fiedler-Geschäftsführer Jannis Rotar: »Auf dem Areal befinden sich einige Nistkästen für verschiedene Vogelarten. Damit sie vor den anstehenden Baumaßnahmen geschützt sind, wurden sie von einem Artenschutz-Gutachter gemeinsam mit dem Nabu-Ortsverband Wannweil innerhalb des Areals umgehängt.« Sollten im Inneren des Gebäudes Fledermäuse einen Unterschlupf gefunden haben, werde auch auf die geachtet, verspricht Rotar. Ebenso auf die Zauneidechsen, die landauf, landab Baumaßnahmen bestimmen. Rotar: »Ich habe bis jetzt noch keine gesehen, die Verdachtsflächen werden aber noch untersucht.« (GEA)
Alte Spinnerei
In der 1870 gegründeten und 1987 geschlossenen Spinnerei arbeiteten in den 1930er-Jahren mehr als 400 Menschen. Sie war damit der größte Arbeitgeber der Echaz-Gemeinde. Im 19. Jahrhundert brachte die Fabrik dem bis dahin armen Dorf einen gewissen Wohlstand. Während des Zweiten Weltkriegs flüchtete die Daimler-Benz AG vor den Bomben der Alliierten in die Räume der Spinnerei, um die Kriegsproduktion aufrechtzuerhalten. In den 1960er-Jahren vermischten sich hier schwäbische Traditionen mit südosteuropäischer Kultur, die die Gastarbeiter aus Italien und Jugoslawien mitbrachten.
1988 kaufte die Metzinger Holy AG das Spinnerei-Areal, das dann vom Modekonzern Hugo Boss für Logistikzwecke genutzt wurde. Im Jahr 2012 begann die Neukonzipierung des Geländes. 2014 fielen drei langgestreckte Gebäude in der Hauptstraße und ein Haus an der Fallenbachstraße - die früheren Wohnblocks der Spinnerei-Mitarbeiter. Hier entstanden neue Wohnungen und ein Edeka-Supermarkt. (GEA)