Von Rolf Bidlingmaier.METZINGEN. Das älteste datierte Gebäude in Metzingen war bislang der Zwiefalter Pfleghof in der Pfleghofstraße, der im Kern aus dem Jahr 1452 stammt. Er ist damit ein halbes Jahrhundert älter als die Martinskirche. Aufgrund einer dendro-chrologischen Untersuchung konnte nun ein Gebäude ermittelt werden, das noch ein Vierteljahrhundert älter ist: Das Gebäude Küferstraße 9.
Im Rahmen einer dendrochronologischen Untersuchung wird aufgrund von Proben das Alter der im Gebäude verbauten Holzbalken datiert. Grundlage bildet eine Chronologie der Jahresringe des Holzes, denn jedes Jahr verlief auch im Mittelalter anders. War der Jahrgang wär-mer, dann fiel das Wachstum der Bäume größer aus, war er kälter, dann war auch der Jahresring kleiner. So ergibt sich eine Chronologie, anhand der einzelne Holzbalken datiert werden können.
Weinkeller unter dem Gebäude
Das Jahr des letzten Jahresringes bezeichnet in der Regel das Fälldatum des Baumes. Bei einer Besichtigung des in der Nähe des Kelternplatzes gelegenen Ge-bäudes Küferstraße 9 wurde im Dachstuhl des Hauses eine Verblattung im Fachwerk entdeckt. Diese deutet auf ein hohes Alter des Gebäudes hin.
Aufgrund einer Untersuchung der Holzbalken ergab sich für die tragende Konstruktion und einen Teil des Dachwerks das Jahr 1427. Damit wurde das Gebäude in jenem Jahr neu errichtet. Da sich unter dem Gebäude ein großer Weinkeller befindet, der durch einen Vorbau mit einem eigenen Treppenzugang versehen ist, muss dieser damals bereits gestanden haben. Der gewölbte Weinkeller ist damit in die 1420er-Jahre zu datieren und somit 600 Jahre alt.
Wohnhaus gehörte Bürgermeister
Wer das Gebäude und den Keller im 15. Jahrhundert errichtet hat, darüber haben sich bislang keine Schriftquellen ermitteln lassen. Über die Eigentümer gibt es erst ab dem Jahr 1758 zuverlässige Informationen. Damals befanden sich Haus und Keller bereits in verschiedenen Händen. Das Wohnhaus gehörte dem Chirurgen und Bürgermeister Georg Philipp Hegel, während sich der Keller im Eigentum von zwei Pfarrern, dem Münchinger Pfarrer Wilhelm Gottfried Plouquet und dem Schlaitdorfer Pfarrer Johann Gottlieb Göz befand. Beide waren miteinander verschwägert, da Pfarrer Plouquet und die Ehefrau von Pfarrer Göz Kinder des Metzinger Amtmanns Johann Wilhelm Plouquet waren.
Mehrere Besitzer
Das Wohnhaus und die mit einem gewölbten Keller versehene, zugehörige Scheuer gelangten nach dem Tod von Georg Wilhelm Hegel im Jahr 1766 an den Schwiegersohn, den Adlerwirt Veit Christoph Hallwachs. Dieser erwarb 1766 auch den Keller. Damit war das Anwesen in einer Hand – allerdings nur kurze Zeit, denn Hallwachs veräußerte das Wohnhaus und die Scheuer 1776 an den Wein-gärtner Martin Schwab, während der Keller nach seinem Ableben an seine drei Töchter fiel. Über diese gelangte der Keller 1806 in das Eigentum von Löwenwirt Johann Friedrich Schwarz und 1842 an Rotgerber und Stadtschultheiß Jakob Michael Beck.
Gebäude steht zum Verkauf
Im Jahr 1899 erwarb der Küfermeister Konstantin Huber den Keller. Das Wohnhaus hingegen wurde 1822 unter den beiden Söhnen von Martin Schwab in zwei Hälften geteilt. Es ging dann durch verschiedene Hände, ehe 1878 der Waldschütz Johann Michael Schöll die beiden Haushälften wieder vereinigen konnte. Zwischenzeitlich war 1868 die Scheuer abgebrannt und musste über dem gewölbten Keller wieder neu errichtet werden. 1896 erwarb der Bauer Konrad Stärr das Wohnhaus und die Scheuer. Seit dieser Zeit befindet sich das Anwesen im Besitz der Familie Stärr, der es im 20. Jahrhundert gelang, auch den unter dem Wohnhaus befindlichen großen Keller zu erwerben. Walter Stärr, der über mehr als ein halbes Jahrhundert bei der Freiwillige Feuerwehr Metzingen engagiert war und seine Ehefrau Hilde waren die bislang letzten Bewohner des nun zum Verkauf stehenden Hauses. (GEA)