WANNWEIL. Die Gemeinde Wannweil hat sich in den vergangenen Monaten mit der durch das Land Baden-Württemberg geförderten kommunalen Wärmeplanung beschäftigt. Dabei hat sie sich von dem Ingenieurbüro Drees & Sommer (Stuttgart) beraten lassen. Mitarbeiterin Anika Zwiener hat die Ergebnisse jetzt im Gemeinderat vorgestellt. Was nach einem unkomplizierten formalen Beschluss ausgesehen hatte, zeigte sich im Laufe der Diskussion als echter Zankapfel - als eine Diskussion um die Energiewende an sich. Auslöser war die Bemerkung von CDU-Mann Martin Rein, dass man mit dem Beschluss einer kommunalen Wärmeplanung durch das neue Gebäudeenergiegesetz, das seit dem 1. Januar 2024 gilt, dazu verpflichtet werde, bei einem Heizungstausch ein Gerät einzubauen, das mindestens zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist wird.
Was nicht im Interesse des Gemeinderats liegen könne, so Rein. »Und wenn wir die kommunale Wärmeplanung nicht jetzt beschließen«, fragte Christian Herrmann, »würde das bedeuten, dass wir diesen automatischen Zwang nicht hätten und dafür nur keine Förderung vom Regierungspräsidium bekommen würden?« Darum war es nämlich ursprünglich gegangen: die kommunale Wärmeplanung zu beschließen, um ihn beim Regierungspräsidium einzureichen, um an die Fördergelder - 17.000 von insgesamt 35.000 Euro - zu kommen.
Grünen-Rat Joachim Hespeler forderte, »an der kommunalen Wärmeplanung dranzubleiben« und - an Martin Rein und Christian Herrmann gewandt - »nicht jetzt schon nach Auswegen zu suchen«. Bei einem Nicht-Beschluss der von Drees & Sommer gelieferten Ergebnisse würden lediglich die 17.000-Euro-Förderung des Landes verloren gehen, so Wannweils Bürgermeister Dr. Christian Majer, »die Ergebnisse haben wir aber«.
Er habe nur auf die Folgen hinweisen wollen, was der Beschluss einer kommunalen Wärmeplanung für Wannweil bedeute, verteidigte Martin Rein seine Bemerkung, »wenn wir's jetzt nicht gleich beschließen, können es die Bürger stufenweise umsetzen, was vielen Geldbeuteln sicher guttut«. Ein Argument, dem auch Martina Lietz (FWV) folgte: Die neue Vorgabe sei nicht zum Wohle der Bürger. CDU-Chef Erich Herrmann wies darauf hin, dass im Zuge der schwarz-roten Regierungsbildung noch über Änderungen im Gebäudeenergiegesetz diskutiert werde. Deshalb solle man erst mal eine Verlängerung beantragen, »ohne zu sagen, wir möchten das jetzt nicht«.
Eine Denke, die der GAL-Fraktion gar nicht gefiel. »Wir haben eine akute Klimakrise und müssen langsam ins Handeln kommen«, betonte Valentin Paal, »es ist wichtig, dass wir unsere Bürger davor bewahren, in veraltete Technik zu investieren. Eine Wärmepumpe ist jetzt schon die wirtschaftlichste Energiequelle.« Wer jetzt noch auf fossile Energien baue, sitze spätestens in 15 Jahren in der Kostenfalle. Die kommunale Wärmeplanung jetzt erst mal auf Eis zu legen, um Rechtssicherheit zu bekommen, sah Joachim Hespeler als den »Versuch, rückwärtszugehen«. Ein Satz, gegen den sich CDU-Mann Christian Hermann ausdrücklich »verwahrte«.
Dass Martin Reins Bemerkung im Rat für Unruhe gesorgt hat, merkte der Bürgermeister schnell. »Man kann uns zum Vorwurf machen, dass es nicht schriftlich im Bericht drinsteht«, so Majer, »auch wenn es mündlich schon kommuniziert war«. Schlussendlich entschuldigte er sich dafür, dass in seiner Drucksache nicht deutlicher darauf hingewiesen worden ist. Sein Angebot deshalb: anstatt wie von der Verwaltung vorgeschlagen, der kommunalen Wärmeplanung nicht zuzustimmen, sondern sie erst mal nur zur Kenntnis zu nehmen.
Der Wannweiler Verwaltungs-Chef hat sich umgehend schlau gemacht und informierte am Tag danach den Gemeinderat und die Medien: Mit der Zustimmung zur kommunalen Wärmeplanung trete die 65-Prozent-Regelung nicht automatisch in Kraft. Sie würde erst in Kraft treten, wenn der Gemeinderat in einem weiteren Beschluss ein konkretes Wärmenetzgebiet ausweisen würde, so Majer, was derzeit nicht geplant ist, »und dann auch nur in dementsprechend ausgewiesenen Gebiet«.
Fakt ist, dass in Neubauten innerhalb von Neubaugebieten jetzt schon nur noch Heizsysteme eingebaut werden dürfen, die mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Für Neubauten außerhalb von Neubaugebieten und Bestandsgebäuden gelten Übergangsfristen, die an die kommunale Wärmeplanung gekoppelt sind. In Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern greift die Regel spätestens ab dem 30. Juni 2026, in kleineren Kommunen ab dem 30. Juni 2028. In Bestandsgebäuden dürfen bestehende Heizungen weiterhin betrieben und repariert werden. Wenn die Heizung kaputt und keine Reparatur möglich ist, gibt es Übergangslösungen: Man darf vorübergehend - in Wannweil wäre dies bis Mitte 2028 - Gas- oder Öl-Brennwertkessel einbauen.
Nachdem jetzt klar ist, dass mit der Zustimmung zur kommunalen Wärmeplanung in Wannweil nicht automatisch die 65-Regelung eintritt, wird er den Beschlussvorschlag der Verwaltung in der nächsten Sitzung am Donnerstag, 15. Mai, erneut aufrufen. Wenn dann der Gemeinderat zustimmt, kann die Gemeinde die 50-Prozent-Förderung des Landes bekommen. (GEA)
Kommunale Wärmeplanung
Die kommunale Wärmeplanung ist ein Instrument, mit dem Städte und Gemeinden planen, wie sie ihre Wärmeversorgung klimafreundlich und zukunftssicher gestalten können – zum Beispiel durch den Ausbau von Fern- oder Nahwärme, Wärmepumpen, Solarthermie oder der Nutzung von Abwärme. Ziel ist, weg von fossilen Energien wie Öl und Gas und hin zu erneuerbaren Energien und effizienten Lösungen zu kommen. Ziel ist eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis zum Jahr 2045.
In Wannweil - so hat das Ingenieurbüro Drees & Sommer ermittelt - gibt's vor allem im alten Ortskern Potenziale. Möglich wäre die Nutzung von Abwasserwärme aus dem Kanal und dem Wasser aus der Echaz. Im Winter will die Gemeinde hier erstmal messen. Das größte Potenzial sieht Anika Zwiener in der Energie, die erst gar nicht verbraucht wird - bei der energetischen Sanierung von Gebäuden also.
Ein weiterer Punkt, der wohl eine große Rolle spielen wird, sind stromgespeiste Luft-Wärmepumpen. Sie haben einerseits ein großes Potenzial, andererseits »würden Wärmepumpen an jedem Haus den Ortskern sowohl optisch als auch akustisch verändern«, so Zwiener. (GEA)