METZINGEN/RÖMERSTEIN-BÖHRINGEN. Ohne Schafe sähe die Landschaft in der Region und auf der schwäbischen Alb ganz anders aus: Wiesen würden überwuchert werden, Sträucher würden überhandnehmen und die bekannten Wacholderheiden mit offenen Grasflächen würde es schlichtweg nicht geben. Kurz gesagt: Schafe erhalten die Kulturlandschaft in der Region und sind somit unverzichtbar. Einfach hat es die Schäferei in Deutschland mittlerweile aber nicht mehr. Vor allem Nebenprodukte, die nicht für den menschlichen Verzehr geeignet sind, wie Wolle, werden immer weniger gefragt und finden oftmals keinen Absatz mehr. Der GEA begab sich auf die Spuren, wie scheinbare Abfallprodukte in der Region noch genutzt werden und welche Rolle sie heute noch spielen.

Einmal im Jahr mindestens müssen Schafe aus Tierschutzgründen geschoren werden. Den meisten Schäfern geht es danach dann ähnlich wie Hobbyschäfer Alexander Bosch aus Römerstein. Man bleibt buchstäblich auf der Wolle sitzen. Der Grund: Die Entsorgung und der Verkauf der geschorenen Wolle lohnen sich nicht mehr wirklich. Zu stark ist der Konkurrenzkampf mit weniger groben und daher stärker nachgefragten Schafwollen aus Ländern wie Neuseeland oder Australien. Ein Problem, das auch die Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbands Baden-Württemberg, Anette Wohlfarth kennt. Sie hat die Zahlen schwarz auf weiß. »Die Kosten der Schafschur betragen 6,80 Euro pro Schaf. Die Einnahmen betragen bestenfalls 1,20 Euro pro Schaf für den Verkauf von Schafwolle«, teilt sie dem GEA mit. Ausgaben, mit denen am Ende nur rote Zahlen geschrieben werden.
Schafwolle optimaler Pflanzendünger
Alexander Bosch stellte sich vor einigen Jahren daher die Frage, ob die übrige Schafwolle nicht noch anders genutzt werden kann. Bei seiner Recherche stieß er auf eine Idee, die ihn überzeugte: Schafwolle zu Pflanzendünger verarbeiten. Er ging das Wagnis vor rund dreieinhalb Jahren ein und gründete das Pelletzentrum Alb in Böhringen, einem Ortsteil von Römerstein. Ganz neu sei der Gedanke aber nicht gewesen, erzählt der Geschäftsführer:»Als die Schafwolle früher noch mehr wert war, war die Schwanz- und Bauchwolle nicht wirklich für Textilien tauglich. Die Reste landeten dann auf dem Kompost«. Es stellte sich heraus: Schafwolle eignet sich hervorragend als Düngemittel. Mit einem hohen Stickstoff- und Kaliumanteil sei der Dünger aus Schafwolle ein sehr guter Universaldünger, der über lange Zeit viele Nährstoffe im Boden freisetzt. Eine Ladung Schafwolledünger reicht dann für das gesamte Jahr.
Wenn die geschorene Wolle bei ihm ankommt, wird sie noch thermisch behandelt, um mögliche Bakterien abzutöten. Danach zerkleinert eine Maschine die Schafwolle in sehr kleine Teile, und am Schluss wird alles zusammengeprest. Das Wollfett hält die Pellets zusammen. Der Kreislauf der Wertschöpfungskette schließt sich somit. Die Möglichkeit, der Schafwolle noch ein bisschen Wert zu geben, kommt auch bei den Schäfereien aus der Region gut an. Darum geht es Alexander Bosch auch: Die Schafhaltung in der Region zu unterstützen und zu erhalten.

Weiterverarbeitung übriger Felle
Auch Jürgen Kühfuß, der Geschäftsführer der Wolly Erwin Fritz KG in Metzingen will mit dem Verkauf von Fellen zum Erhalt der Wertschöpfungskette der Schäferei beitragen. Der Gerbermeister ist ursprünglich gelernter Ledertechniker und führt das Unternehmen mittlerweile in der dritten Generation weiter und das vor allem aus Überzeugung zur Schäferei. Wenn Schafe geschlachtet werden, bleiben die Felle übrig, die er und seine Kollegen dann zu dekorativen Lammfellen oder industriellen Polierfellen weiterverarbeiten. In seiner Fabrik werden die Felle zunächst gewaschen und gepickelt, also mit Salz und Säure für kurze Zeit haltbar gemacht. Nach dem Gerben sind die Felle dann dauerhaft haltbar. Im Anschluss schleifen und bügeln die Gerbermeister die Felle. Beim letzten Schritt, der Konfektion, wird dann alles zusammengenäht. Bis ein Fellprodukt dann im Laden zum Verkauf steht, kann es bis zu ein Jahr dauern. Ein langwieriger Prozess, der sich auch im Laufe der Zeit viel verändert hat.
»Früher wurde noch Chrom und Aluminium zum Gerben genutzt. Heute nutzt man hauptsächlich organische Bestandteile für die Gerbung«, sagt Jürgen Kühfuß. Im Trend sind gerade Naturfelle, die ungefärbt sind. Früher wollten Kunden noch eher gefärbte Felle. Wie aber bei der Schafwolle, wächst auch im Bereich der Fellproduktion die Konkurrenz aus Überseeländern. Aber Jürgen Kühfuß will weitermachen mit der Fellproduktion und die natürliche Ressource der Schafe und Lämmer sinnvoll nutzen. (GEA)

