WANNWEIL. Alles über Pflegeversicherungsleistungen ist in einem Bundesgesetz geregelt. Zu den sogenannten Entlastungsleistungen hat nun das Land »eine deutliche Vereinfachung herbeigeführt«, sagt Karin Bernhard beim Gespräch mit unserer Zeitung. Nun kann jeder Mensch mit einem Pflegegrad zwischen 1 und 5 genau 131 Euro pro Monat aus der Pflegekasse erhalten, um Einzelhelfende aus dem eigenen Umfeld, aus der Nachbarschaft oder dem Bekanntenkreis für kleinere Dienstleistungen zu bezahlen. »Das ist wirklich völlig unbürokratisch und einfach«, betont Bernhard. »Endlich mal was Einfaches.«
Welche Leistungen werden erstattet?
Es gehe um Dienstleistungen wie Putzen, Rasen mähen, Haare schneiden, Formular ausfüllen, einkaufen gehen, Medikamente in der Apotheke holen, »auch mal mit der Pflegeperson spazieren gehen oder Kaffeetrinken«. Selbst ins Theater oder zu einem Konzert zu begleiten, sei möglich und sogar mit Auslagen abrechenbar – wenn die Person mit Pflegegrad das allein nicht bewerkstelligen könne. Die Sozialpädagogin Karin Bernhard ist begeistert von den neuen Möglichkeiten.
Allein das Alter sei vorgeschrieben, sagt Bernhard. Der oder die Einzelhelfende muss mindestens 16 Jahre alt sein. Die Leistungen müssen auf einem Formular angeführt werden, der Helfer muss unterschreiben und – angeben, dass er oder sie nicht mehr als zwei solcher regelmäßigen Tätigkeiten für jemanden übernimmt. Der Lohn kann direkt auf das Konto des Helfenden überwiesen werden oder auf das der Pflegeperson, die das Geld dann weitergibt. Aber: »Jeder Helfer darf maximal 3.000 Euro pro Jahr mit den Leistungen erwirtschaften, damit sie steuerfrei bleiben.«
Wer darf diese Leistungen erbringen?
Je nachdem, wie viel Geld für eine Stunde solcher Dienstleistungen vereinbart werden, reicht das Geld für 6,5 bis 11 Stunden im Monat. Bei 12 Euro Lohn sind es 10,9 Stunden, bei 20 Euro maximal 6,5 Stunden. Ob solche Tätigkeiten ansonsten nicht unter den Begriff der Nachbarschaftshilfe fallen? »Das ist manches Mal schwierig, etwa wenn man im betreuten Wohnen hier in Wannweil lebt oder neu in eine Gemeinde gezogen ist und niemanden kennt«, sagt Karin Bernhard.
Karin Bernhard wird am Mittwoch, 5. Februar, ab 18 Uhr, im Sitzungssaal des Wannweiler Rathauses eine Informationsveranstaltung anbieten. Dort können alle weiteren Fragen geklärt werden. Die Veranstaltung ist sowohl für Personen mit Pflegegrad, für Angehörige wie auch interessierte Einzelhelfende gedacht.
Wie weit reichen 131 Euro?
Die neue Verordnung wurde erst im Dezember erlassen, »niemand hat im Vorfeld irgendwas davon gewusst, und es ist erstaunlich, wie gut durchdacht das Ganze ist«, betont Karin Bernhard. »Die Landesregierung hat das quasi aus dem Hut gezaubert.« Die Entlastungsleistungen seien eine »super Möglichkeit«, um Personen mit Pflegegrad das Verbleiben in den eigenen vier Wänden ein Stück weit zu erleichtern. »Nur so kann Zukunft funktionieren«, sagt die Sozialpädagogin.
Wer in Wannweil am Hang wohne, generell schon Schwierigkeiten habe, überhaupt ins Tal zu kommen oder auch in den Bürgerbus einzusteigen – mit den Entlastungsleistungen können Nachbarn oder Bekannte gefragt werden, ob sie nicht die eine oder andere Tätigkeit übernehmen wollen. Und sie müssen das dann nicht umsonst machen. »Wenn ein Stundenlohn vereinbart wird, wird das Ganze verbindlicher«, so Bernhard.
Wo erfahre ich mehr über diese Möglichkeiten?
Geplant sei zudem von der Gemeinde, eine virtuelle Pinnwand einzurichten, mit Suche- und Biete-Funktion. »Und wir werden im Laufe des Jahres immer mal wieder eine Schulung anbieten, über Demenz zum Beispiel«, betont Karin Bernhard. (GEA)