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Wannweil ist immer noch schuldenfrei - Gemeinderäte trotzdem skeptisch

In diesem Jahr geht's in Wannweil an die Rücklagen. Trotzdem ist die Echaz-Gemeinde immer noch schuldenfrei.
In diesem Jahr geht's in Wannweil an die Rücklagen. Trotzdem ist die Echaz-Gemeinde immer noch schuldenfrei. Foto: Manfred Grohe
In diesem Jahr geht's in Wannweil an die Rücklagen. Trotzdem ist die Echaz-Gemeinde immer noch schuldenfrei.
Foto: Manfred Grohe

WANNWEIL. Die Rahmenbedingungen werden nicht einfacher - im Gegenteil. Wannweil hat wie alle Kommunen immer mehr Pflichtaufgaben, die Einnahmen wachsen aber nicht entsprechend mit. Trotzdem hat der Gemeinderat jetzt erneut einen Haushalt ohne Schulden auf den Weg gebracht. Die Bürgervertreter und -vertreterinnen blicken trotzdem mit Skepsis in die Zukunft.

»Gerade weil hier in der Gemeinde Wannweil über die vergangenen Jahre und Jahrzehnte so akribisch darauf geachtet wurde, das Mögliche vom Wünschenswerten zu trennen, befinden wir uns heute noch immer in der glücklichen Lage, finanzielle Rücklagen zu besitzen und schuldenfrei zu sein«, sagt Bürgermeister Dr. Christian Majer. Ein gefährdetest Idyll: Die Finanzplanung der kommenden Jahre zeige, »dass unsere Rücklagen nicht für die Ewigkeit gemacht sind«, betont der Verwaltungs-Chef, »sondern bedarfsorientiert kontinuierlich und deutlich abschmelzen werden«. In ihren Haushaltsreden weisen die Bürgervertreter und -vertreterinnen auf das Risiko hin, dass Wannweil eines Tages wie die meisten anderen Kommunen nicht mehr schuldenfrei sein könnte.

Noch ist es Wannweil aber. »Das ist zurzeit schon etwas Besonderes«, sagt Dr. Christoph Treutler für die Grün-Alternative Liste (GAL). Bis jetzt ist immer noch alles gut gegangen: Auch im 2023er-Etat war man von einem Fehlbetrag in Höhe einer Dreiviertelmillion ausgegangen. Wie Wannweils Kämmerer Christian Betz unlängst im Gemeinderat mitgeteilt hat, wird Wannweil wohl doch mit einem positiven Ergebnis abschließen. Bei allem Lob für die solide Haushaltsführung übt Treutler an mehreren Stellen Kritik an der Verwaltung und einem Teil des Gemeinderats. Die GAL könne nicht nachvollziehen, dass wegen Beträgen von 10.000 oder 25.000 Euro - so hoch lagen mehrere abgeschmetterte Grünen-Anträge - von einer »angespannten Haushaltslage« oder einer »schwierigen finanziellen Lage« geredet werde.

»Eigentlich kann es so nicht weitergehen - aber das sage ich schon seit ein paar Jahren«

Dann die Personalkosten. Immer wieder werde im Rat kritisiert, sie seien zu hoch. Christoph Treutler ist überzeugt, dass die Verwaltung mit rund einem Drittel Personalkostenanteil an den Gesamtaufwendungen nicht über vergleichbaren Unternehmen in der Wirtschaft liege. Dem Rat insgesamt wünscht der GAL-Chef mehr Mut. Dass der Grünen-Antrag, dem Klimaschutzpakt Baden-Württemberg im Dezember mit sieben Gegenstimmen und zwei Enthaltungen abgelehnt wurde, wurmt ihn immer noch. Treutler: »Selbst das verpflichtende Ziel, bis spätestens 2040 eine klimaneutrale Verwaltung zu erreichen, schien wohl viel zu risikoreich.«

»Die Eröffnungsbilanz beim Übergang zu einem Haushalt nach den Regeln des Neuen Kommunalen Haushaltsrechts (NKHR), der Doppik, fehlt immer noch«, kritisiert Christoph Treutler, »der Übergang war 2020, es wird also Zeit.« Wannweils Kämmerer Christian Betz bittet der GAL-Wortführer, jeweils zur Jahresmitte einen Kurzbericht über die laufende finanzielle Entwicklung zu geben.

Im Gegensatz zu seinem Vorredner kritisiert CDU-Fraktions-Chef Erich Herrmann die Personalkosten, die auf 5,1 Millionen Euro »explodiert« sind, deutlich. »Eigentlich kann es so nicht weitergehen - aber das sage ich schon seit ein paar Jahren.« Im Vergleich zu anderen Gemeinden kann Wannweil sich nach wie vor sehen lassen, sagt Herrmann in Bezug auf die Grundsätze Nachhaltigkeit bei Investitionen und Beiträge zum Klimaschutz. Er hebt zudem den »nachhaltigen, sparsamen Umgang mit Grund und Boden« hervor, wo Wannweil ohnehin Spitze sei, weil die Gemeinde den Naturgürtel mit Streuobstwiesen und Äckern erhalten habe.

»Sparen, sparen, sparen - wenn wir nicht aufpassen, sind neue Schulden nicht mehr weit«

Wie schon Christoph Treutler (GAL), kritisiert der FL-Fraktionsvorsitzende Helmut Bader die fehlende Eröffnungsbilanz. Dass Wannweil eine von 451 der insgesamt 1.101 baden-württembergischen Kommunen ist, gefällt ihm gar nicht. Dabei biete das Land sogar Hilfe an. »Trotzdem ist die Freie Liste mit der Verwaltung zufrieden«, sagt Bader. Sein Appell bleibt: »Sparen, sparen, sparen - wenn wir nicht aufpassen, sind neue Schulden nicht mehr weit.«

Sigrun Franz-Nadelstumpf hält für die SPD-Fraktion eine traditionell kurze Haushaltsrede. Angesichts großer Projekte wie der Eisenbahnstraße Nord, der Feuerwehr, der Fertigstellung des Schulhauses und des Kindergartens in der Jahnstraße - immer auch im Blick das, was an der Kläranlage noch kommen könnte - schaue man »mit leichten Sorgen« auf den Haushalt 2024. Auch sie ist aber froh, dass Wannweil immer noch schuldenfrei ist.

»Die Zusammenarbeit im Gemeinderat: gut, wenn auch manchmal hitzig, aber immer effektiv«

Martina Lietz (FWV) beginnt ihre Haushaltsrede humorig und bringt noch mal die Diskussion um die 5.000 Euro für eine neue Polsterung der Stühle im Ratssaal ins Gespräch. "Manchmal als aberwitzig erkannte Gelder, genauso heiß diskutiert und doch unumgänglich zu bezahlen wie die fast 185.000 Euro für die Raue Rampe", die Wannweil gegen seinen Willen bezahlen muss, "damit nicht die bereits erhaltenen Fördergelder nicht auch noch den Bach runtergehen". Die Zusammenarbeit im Gemeinderat beschreibt sie als "gut, wenn auch manchmal hitzig, aber immer effektiv". Im zweiten Teil ihrer Rede geht es nicht um den 2024er-Haushalt, sondern um ein gesamtgesellschaftliches Phänomen: die "Beschwerdeführer", die gegen alle und alles, gegen "die da oben" schimpfen, maulen und motzen". Ihr Appell: nicht beschweren, sondern machen. Also wählen gehen oder - besser noch - sich für die Wahl am 9. Juni aufstellen lassen.

Barbara Kasper (BiWa) steht in ihrer letzten Haushaltsrede zum Wannweiler Personalschlüssel, der »finanzielle Wertschätzung« verdiene. Im Rückblick hebt sie ihre Idee des Bürgerempfangs hervor. Manches läge ihr noch am Herzen, sagt die Vertreterin der Bürgerbeteiligung in Wannweil, kurz: BiWa: bessere Radwege zum Beispiel oder gut lesbare Hinweise auf Straßenschildern. (GEA)